Annual Bearded Vulture Meeting in Die, Frankreich

Das große Bartgeiertreffen aller europäischen Partner fand heuer wieder live statt

Gruppenbild des Annual Bearded Vulture Meetings 2021 - Das LBV Blau sticht schon heraus |© Hansruedi Weyrich © Hansruedi Weyrich
Gruppenbild des Annual Bearded Vulture Meetings 2021

Ende November stand ein ganz besonderer Termin auf unserem Programm: Das jährliche Bartgeier Treffen aller europäischen Projektpartner. Und eigentlich bestand das Treffen, welches vom 25. bis zum 28. November stattfand, aus drei unterschiedlichen Teilveranstaltungen:


Einmal die Abschlussveranstaltung des GypConnect LIFE Projekts, welches den Schutz und die Reetablierung der Bartgeierpopulation Europas und hierbei insbesondere in Südostfrankreich zum Ziel hat und im nächsten Jahr durch ein Nachfolgeprojekt weitergeführt wird.

Die zweite, hauptsächliche und namensgebende Veranstaltung, war das Annual Bearded Vulture Meeting 2021, welches jährlich von der Vulture Conservation Foundation (VCF) organisiert und durchgeführt wird. Dabei bringt die VCF jedes Jahr über 100 Teilnehmer*innen zusammen, um aktuelle Neuigkeiten und Forschungsergebnisse im Bartgeierschutz auszutauschen und zu diskutieren.


Und am letzten Tag fand noch ein Arbeitstreffen der Projektpartner des International Bearded Vulture Monitoring (IBM) statt, dem wichtigen Netzwerk zum Monitoring der Bartgeier in Europa.

Nachdem das Treffen letztes Jahr aufgrund der Corona Einschränkungen nur virtuell abgehalten werden konnte, war es heuer eine besondere Freude wieder an einem Live-Event, mit all seinen positiven Nebeneffekten, teilnehmen zu können. Mit um die 150 teilnehmenden Personen ging es wohl vielen Geierschützer*innen ähnlich.

Neben zahlreichen spannenden Vorträgen und Berichten die von morgens bis abends abgehalten und bei denen lebhaft diskutiert wurde, fanden am Freitag auch drei Exkursionen zu unterschiedlichen Orten statt, wo man u.a. die zahlreichen Gänsegeier in der beeindruckenden Gebirgskulisse des Naturparks Vercors beobachten konnte.
Anhand der Fülle der Themen und Ergebnissen können wir hier leider nur einen kleinen Einblick in die vermittelten Informationen und Erkenntnisse liefern.

 

 

Abschlußveranstaltung des LIFE-Projekts GypConnect

Los ging die Veranstaltung mit dem ersten Teil, der Abschlussveranstaltung des LIFE-Projekts GypConnect.

Ziel des Projekts war die Wiederherstellung der Verbindungen zwischen Bartgeierpopulationen in den Alpen und den Pyrenäen. Bei dem Treffen, das in den ersten beiden Veranstaltungstagen stattfand, wurden die wichtigsten Ergebnisse und Pläne für die Zukunft erörtert.

Hierbei wurden natürlich insbesondere die Ergebnisse der Anstrengungen zur Wiederansiedlung mit Spannung erwartet. Ursprünglich war im Rahmen des Projekts die Freilassung von 24 jungen, in Gefangenschaft gezüchteten Bartgeiern in den wichtigsten Wiederansiedlungsgebieten Vercors, Baronnies und Zentralmassiv vorgesehen, doch das Projekt übertraf die Erwartungen und setzte zwischen 2016 und 2021 insgesamt 42 Vögel frei. Darüber hinaus zielte das Projekt darauf ab, durch diese Maßnahmen ein bis zwei Paare zu etablieren, was auch gelungen ist. Derzeit gibt es ein Paar, bestehend aus zwei Männchen im Zentralmassiv (zu dem sich hoffentlich bald ein Weibchen gesellt und ein Bruttrio bildet), ein Paar im Drome und drei Paare, die sich auch im Departement Aude niedergelassen haben, wo es keine Freilassungen gab.

 

 

Annual Bearded Vulture Meeting 2021 - Teil 1

Die kleine LBV Delegation in Die |© LBV © LBV
Die kleine LBV Delegation in Die

Auch an den beiden Bearded Vulture Meeting Days gab es unzählige interessante und spannende Vorträge, so dass es leider den Rahmen sprengen würde, hier genauer auf alles Wissenswerte einzugehen.

Auch wir konnten unser Projekt kurz vorstellen, was von Toni Wegscheider übernommen wurde. Insgesamt wurde der Verlauf, das ungeheure Medienecho und mit der Verbannung von Bleimunition aus den bayerischen Staatswäldern auch ein erster kleiner Erfolg, der zu gewissen Teilen sicher dem Wiederansiedlungsprojekt zu verdanken ist, von den versammelten Expert*innen sehr wohlwollend aufgenommen.


Herausgreifen wollen wir auf jeden Fall auch die Vorträge von Franziska Lörcher (VCF), die äußerst wichtige Informationen zur Populationsstruktur der Bartgeier in Europa zu berichten hatte:
Insgesamt ist eine Zunahme des Anteils adulter Vögel und Abnahme der Überlebensrate der Juvenilen zu verzeichnen, während das Überleben von adulten und subadulten Tieren stabil ist.

So wie die Population v.a. im Westen zunimmt, verringert sich das Wachstum derselben. Eine interessante Aussage war auch, dass das traditionelle Monitoring den Anteil der nicht brütenden Population unterschätzt, die insgesamt auch das am schnellsten wachsende Segment der Gesamtpopulation darstellen.
Auch aus den französischen Pyrenäen kamen interessante Daten. Dort konnte untermauert werden, dass der Erfolg von Bartgeiernachwuchs stark mit dem Vorkommen von Schalenwildarten zusammenhängt und das künstliche Futterstellen zwar die Ausbreitung fördern, aber nicht die Produktivität beeinflussen.

 

Annual Bearded Vulture Meeting 2021 - Teil 2

Zahlreiche interessante Vorträge und Ergebnisse mit ebenso spannenden Diskussionen |© David Schuhwerk, LBV © David Schuhwerk, LBV
Zahlreiche interessante Vorträge und Ergebnisse mit ebenso spannenden Diskussionen

In ihrem zweiten Vortrag berichtete Franziska über drohende Probleme, die das Bartgeierzuchtprogramm und damit auch die Wiederansiedlungsprogramme betreffen: In den letzten zwei Jahren haben der VCF und seine Partner 44 Vögel freigelassen, was ein großartiges Ergebnis darstellt, mit 10 mehr Vögeln als ursprünglich vereinbart. Die Versorgung mit Vögeln für die Wiederansiedlungs- und Aufstockungsprojekte darf jedoch niemals die Zukunft des Bartgeier-EEP gefährden, da ein Gleichgewicht erforderlich ist. Besorgniserregend sind vor allem die alternde Vogelpopulation im Zuchtprogramm, der Überschuss an Weibchen und die seltenen genetischen Abstammungslinien von Männchen, die dringend benötigt werden.

Höchst spannend für uns und alle anderen Wiederansiedlungsprojekte, war auch der Beitrag von Alex Llopis Dell & Hans Frey, den erfahrenen Leitern des Bartgeierzuchtprogramms im Rahmen des EEP. Sie stellten die Zahlen für das Jahr 2021 und die zu erwartende Entwicklung in den kommenden Jahren vor. So viel sei schon einmal verraten: Für Berchtesgaden schaut es nächstes Jahr schon einmal recht gut aus. Wir werden uns aber in einem detaillierteren Blogbeitrag demnächst mit diesen Ergebnissen befassen.

 

Annual Bearded Vulture Meeting 2021 - Teil 3

Studien zu Bleivergiftungen, die im Rahmen von VCF und IBM durchgeführt wurden |© E. Bassi © E. Bassi
Studien zu Bleivergiftungen, die im Rahmen von VCF und IBM durchgeführt wurden

Aber auch noch viele weitere Vorträge und Forschungsarbeiten nahmen unsere Aufmerksamkeit gefangen (wir können leider nicht alle hier vorstellen, aber auf der Homepage der VCF gibt es einen etwas ausführlicheren Überblick): Unter anderen z.B. eine Studie mit den zu erwartenden, dramatischen Ergebnissen von Bleivergiftungen durch Munition bei aasfressenden Greifvögeln, ein Modell zur Vorhersage von besonderen Konfliktpotential bei der Etablierung von Windkraftanlagen, oder die höchst beeindruckenden forensischen Methoden bei der Aufklärung von Todesfällen, die von den spanischen Kollegen, sowie der Wildlife Crime Academy durchgeführt werden.

 

 

Beim IBM Treffen, welches in deutlich kleinerer Runde stattfand, gab es einige interessante Informationen über die heurige Saison. Das VCF-koordinierte Internationale Bartgeier-Monitoring-Netzwerk ist eine einzigartige internationale Zusammenarbeit zwischen National- und Naturparks und Nichtregierungsorganisationen zur Überwachung der Bartgeierpopulation in Europa. In diesem Jahr verzeichnete das IBM 12 bekannte Todesfälle und einen notwendigen Fang eines verletzten Wildvogels. Darüber hinaus wurden bei den International Observation Days (IOD), einer Citizen-Science-Veranstaltung, 680 Beobachtungen in mehreren Bartgeiergebieten in Europa aufgenommen.
Über den IOD und mögliche Optimierungsmöglichkeiten des Monitorings wurde auch im weiteren Verlauf viel gesprochen.

 

 

Großartige und wichtige Zusammenarbeit für die Bartgeier in Europa

Gänsegeierensemble ganz in der Nähe des Tagungsorts in phantastischem Ambiente |© Hansruedi Weyrich © Hansruedi Weyrich
Gänsegeierensemble ganz in der Nähe des Tagungsorts in phantastischem Ambiente

Es ist auf jeden Fall sehr ermutigend zu sehen, wie viele enthusiastische und engagierte Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa hart daran arbeiten, das die wundervollen Bartgeier wieder eine aussichtsreiche Zukunft haben.

Insgesamt sind die Wiederansiedlungsprojekte essentiell für die Rückkehr des Bartgeiers in Europa.

von David Schuhwerk,

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