Aus der Geschichte des LBV

Schon über 111 Jahre erfolgreich im Arten- und Biotopschutz aktiv

Gerhard Koller (2.v.l.), Ludwig Sothmann (Mitte) und Norbert Schäffer (2.v.r.)
Gerhard Koller (2.v.l.), Ludwig Sothmann (Mitte) und Norbert Schäffer (1.v.r.)

1909 wurde auf Betreiben des Königlich Bayerischen Innenministers in Bamberg die "Staatlich autorisierte Vogelschutzkommission für Bayern" mit Sitz in Garmisch gegründet. Über einige Umwege entstand daraus 1938 der "Landesbund für Vogelschutz in Bayern". In den ersten Jahren seines Bestehens war der LBV ein reiner Vogelschutzverband.

Doch ab 1968 wurden die Themen und Arbeitsbereiche des Verbandes breiter aufgefächert. Seit 1945 arbeitet der LBV sehr eng mit dem NABU zusammen. Seit 1999 besteht die heutige institutionalisierte strategische Zusammenarbeit. Seit den 1970er Jahren haben die Mitgliedszahlen stark zugenommen.

Auch dadurch konnte der LBV immer mehr Aufgaben übernehmen, dazu zählt z.B. auch der Ankauf oder die Pacht von Flächen. 1980 ist die Zentrale des Verbands von Garmisch nach Hilpoltstein umgezogen.

 

LBV-Geschichte als Buch

Cover LBV-Geschichte

Wenige Umweltverbände haben eine so bewegte Geschichte wie der Landesbund für Vogelschutz in Bayern. Gegründet 1909 als »Staatlich autorisierte Kommission« mit zivilgesellschaftlichem Anhang, zieht sich die Balance zwischen bayerischer Obrigkeit und Gesellschaft durch seine Geschichte.

Das Buch verfolgt die Entwicklung über politische Zäsuren hinweg, diskutiert die Alltagsarbeit und das wechselnde Verständnis, welche Vögel zu welchem Zweck zu schützen waren. Erst in der Nachkriegszeit vollzog sich die Abkehr von einem Vogelschutz, der vor allem auf Land- und Forstwirtschaft ausgerichtet war, und seit den 1960er Jahren entwickelte sich der Landesbund zu einem agilen zivilgesellschaftlichen Verband, der Arten- und Biotopschutz in seiner ganzen Breite betreibt. Sichtbar wird eine lokal und regional fest verwurzelte Organisation, die kooperativer arbeitet als andere Umweltverbände – aber seit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ auch über Bayern hinaus bekannt ist.

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Online-Vortrag zur LBV-Geschichte mit Prof. Dr. Frank Uekötter

Chronologie

1909 bis jetzt

Eisvogel auf einem verschneiten Ast | © Jost Michelmann © Jost Michelmann

1909 Bei einer Zusammenkunft von Behörden- und Verbandsvertretern im Staatsministerium des Innern am 29. November wird die Gründung einer Staatlich autorisierten Kommission für Vogelschutz in Bayern als Dachorganisation des bayerischen Vogelschutzes vereinbart. Das erste Treffen unter der Leitung des designierten Vorsitzenden Hermann von Gebsattel findet gleich im Anschluss statt.

1910 Die Kommission wird vom Prinzregenten Luitpold für rechtsfähig erklärt. Ihr Sitz wird auf Wunsch des Vorsitzenden Bamberg. Sie entfaltet rasch eine lebhafte Tätigkeit, die schwerpunktmäßig, aber nicht ausschließlich auf den Schutz „nützlicher" Vögel hin orientiert ist.

1911 Durch eine Satzungsänderung wird die Kommission zugleich zum Landesverband, um die Beteiligung von privaten Vogelschutzvereinigungen stärker zu betonen. Seither lautet ihr offizieller Name „Staatlich autorisierte Kommission-Landesverband für Vogelschutz in Bayern".

1914 Seit Beginn des Ersten Weltkrieges verliert die Kommissionsarbeit durch die Einziehung von Mitarbeitern zum Kriegsdienst und die wachsende Mangelwirtschaft sukzessive an Intensität.

1917 Im Rahmen einer Verwaltungsreform wird die Kommission für Vogelschutz in „Staatlich anerkannter Ausschuss für Vogelschutz in Bayern" umbenannt.

1920 Hermann von Gebsattel legt den Vorsitz des Ausschusses nieder.

1924 Nach einer kurzen Amtszeit des Forstentomologen Karl Leopold Escherich wird der Ausschuss vom Regierungsdirektor Josef Neblich geleitet. Der von Forstleuten dominierte Ausschuss betreibt nun verstärkt einen wirtschaftlich ausgerichteten Vogelschutz.

1931 Der Ausschuss zieht von Bamberg in eine neue Vogelschutzwarte im Kurpark von Garmisch. Der Umzug führt zu einer spürbaren Belebung der Vogelschutzarbeit.

1933 Die Mitarbeiter der Vogelschutzwarte treten in einer augenscheinlich koordinierten Aktion in die NSDAP ein.

Alpendohle | © Hans Klein © Hans Klein

1934 Mit der Proklamation der „Erzeugungsschlacht" verstärkt sich die Konzentration auf den wirtschaftlichen Vogelschutz noch einmal zusätzlich.

1935 Die Verabschiedung des Reichsnaturschutzgesetzes führt zu einer Belebung der Arbeit, die unter anderem zur Einrichtung eines umfangreichen Netzwerks ehrenamtlicher Vogelschutzobermänner und zur Auslobung von Mustergemeinden für wirtschaftlichen Vogelschutz führt.

1938 Nach einem Konflikt um seine Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge bittet der Leiter der Vogelschutzwarte Karl Haenel, der fast ein Vierteljahrhundert lang Landessachverständiger für Vogelschutz gewesen war, um seine vorzeitige Pensionierung. Sein Nachfolger wird Otto Henze.

1939 Im Zuge der Gleichschaltung im Reichsbund für Vogelschutz wird der Landesverband in Landesbund für Vogelschutz in Bayern" umbenannt. Für die Alltagsarbeit des bayerischen Vogelschutzes bleibt die Gleichschaltung jedoch belanglos.

1942 Die Verstaatlichung der Vogelschutzwarte markiert erstmals eine klare Trennung von amtlichen und verbandlichen Strukturen im bayerischen Vogelschutz.

1947 Nachdem die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen die Räume der Vogelschutzwarte im Kurhaus kündigt, schließt Otto Henze die Verträge über den Bau einer neuen Vogelschutzwarte. Das überdimensionierte Projekt ruiniert die Finanzen des Landesbundes.

1952 Henze und seine Mitarbeiter beziehen den Rohbau der Vogelschutzwarte. Danach stehen die Bauarbeiten weitgehend still.

1955 Die Vogelschutzwarte wird durch den Staat übernommen. Dies führt jedoch nicht zu einer Entspannung der Situation.

1959 Der Konflikt um die Vogelschutzwarte spitzt sich in einer hitzigen Mitgliederversammlung zu. Ein Untersuchungsausschuss stützt den neuen Vorsitzenden Heribert Stauber und bezeichnet den von Henze betriebenen Bau der Vogelschutzwarte als entscheidenden Grund für die Krise des Verbandes. Henze wird als Leiter der Vogelschutzwarte abgesetzt und durch Herbert Brandt ersetzt.

1966 Einhard Bezzel wird Brandts Nachfolger und zieht kurze Zeit später auch in den Vorstand des LBV ein. Er treibt in den folgenden Jahren die Öffnung von Vogelschutzwarte und Landesbund für modernen Arten- und Biotopschutz voran.

1969 Am Ende des Jahres hat der LBV 10.519 Mitglieder.

Eine Mehlschwalbe am Boden sitzend | © Rosl Roessner © Rosl Roessner

1970 Der LBV erwirbt Streuwiesen im Donauried und Nasswiesen im Landkreis Gunzenhausen. Ankauf und Pflege schützenswerter Grundstücke werden in den folgenden Jahren zu einem Schwerpunkt der Vereinsarbeit.

1971 Der Landesbund tritt dem Deutschen Bund für Vogelschutz als korporatives Mitglied bei.

1973 LBV und Bund Naturschutz beschließen die wechselseitige Verzahnung der Vorstände. Hubert Weinzierl wird dadurch Mitglied im LBV-Vorstand.

1974 Die „Schwalbenkatastrophe“ zeigt, wie leicht ein moderner Vogelschutz mit einer naiven, aber populären Empathie für bedrohte Vögel in Konflikt geraten kann.

1975 Die Umbenennung der Vogelschutzwarte in „Institut für Vogelkunde“ bekräftigt deren Zugehörigkeit zum Landwirtschaftsressort. Erst zwei Jahrzehnte später wird sie dem Landesamt für Umweltschutz eingegliedert.

1977 In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wird der dreiköpfige Vorstand als Spitzengremium des LBV abgeschafft und durch das traditionelle Konstrukt eines Ersten Vorsitzenden ersetzt.

1978 Ludwig Sothmann wird auf der Grundlage der neuen Satzung zum Vorsitzenden gewählt.

1978 Das bisherige Mitteilungsblatt des LBV wird durch die Zeitschrift Vogelschutz ersetzt.

1979 Auf Betreiben Sothmanns wird Manfred Siering als hauptamtlicher Geschäftsführer des LBV eingestellt; ihm folgt nach zwei Jahren Gerhard Koller. Unter dessen Leitung vollzieht sich in den folgenden Jahren der rasche Aufbau eines leistungsfähigen und fachlich geschulten Mitarbeiterstabs.

1980 Der Kauf eines 31 Hektar großen Gebietes im Loisach-Kochelsee-Moor ist der bis dahin größte Biotopschutzkauf eines bayerischen Naturschutzverbandes.

1981 In einer Abstimmung entscheiden sich die Mitglieder für den Eisvogel als Wappentier des LBV.

1982 Die Delegiertenversammlung beschließt eine Intensivierung der Jugendarbeit. Zwei Jahre später wird der erste Landesjugendvorstand gewählt.

1984 In der Kreisgruppe Coburg wird das 20.000. LBV-Mitglied begrüßt. Schon vier Jahre später wird die Marke von 30.000 Mitgliedern überschritten. Zugleich wird mit der Einweihung der Landesgeschäftsstelle in der Kirchenstraße 8 der Umzug des LBV von Garmisch-Partenkirchen nach Hilpoltstein abgeschlossen.

Grundsteinlegung der Landesgeschäftsstelle in Hilpoltstein. Gerhard Koller schwang die Mörtelkelle.

1987 Im Rahmen der verstärkten Jugendarbeit wird das Magazin Nestflüchter geschaffen.

1990 Nach dem Ende des kalten Krieges intensivieren sich die Kontakte nach Ostmitteleuropa.

1992 Eine Untersuchung zu Quellen im Landkreis Fürth gibt den Anstoß zu einem bayernweiten Quellschutzprogramm. Zehn Jahre später sind 2000 Quellen kartiert.

1993 Aus Verhandlungen über die Neukonzession eines Wasserkraftwerks entsteht die „Isar-Allianz“, in der sich mehrere Naturschutz- und Sportverbände für die Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation an der Isar engagieren. Ähnliche Vereinigungen entstehen später auch an Inn und Ammer.

1996 Der Landesverband eröffnet seine heutige Landesgeschäftsstelle am Eisvogelweg in Hilpoltstein. Im selben Jahr öffnet auch der Arche-Noah-Kindergarten seine Pforten. Als erster Naturschutzverband Deutschlands wird der LBV damit Träger eines ökologisch-integrativen Kindergartens.

1997 Am oberbayerischen Ammersee wird der erste hauptamtliche Ramsar-Gebietsbetreuer angestellt.

1999 Der LBV erwirbt das Fischereirecht an einem 6,5 Kilometer langen Flussabschnitt am Schwarzen Regen, der in den folgenden Jahren zu einer Referenzstrecke für ökologische Forschungen entwickelt wird. Im selben Jahr beginnt im Oberpfälzer Wald das Rotviehprojekt.

2001 Der LBV wird zum „NABU-Partner Bayern“.

2002 Gründung der Stiftung Bayerisches Naturerbe.

2004 Der LBV unterstützt das Volksbegehren gegen die Forstreform der Staatsregierung, das jedoch knapp scheitert: Statt der geforderten zehn Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung unterschreiben „nur“ 9,3 Prozent der Bürger das Volksbegehren in ihren Rathäusern.

2009 Im Jahr seines 100-jährigen Bestehens hat der LBV zwölf Umweltstationen, 20 Geschäftsstellen, über 3.000 Aktive und 75.000 Mitglieder.

2014 Nach 36 Jahren kandidiert Ludwig Sothmann nicht mehr als Vorsitzender. Im Oktober wählt die Delegiertenversammlung Norbert Schäffer zum hauptamtlichen Vorsitzenden.

2017 Nach intensiven Konsultationen auf allen Ebenen wird die LBV-Strategie 2020 verabschiedet.

2019 Das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen!“, das maßgeblich vom LBV getragen wird, wird zum erfolgreichsten Volksbegehren der bayerischen Geschichte. Mehr als 18 Prozent der Wähler unterstützen das Volksbegehren per Unterschrift. Der Landtag beschließt im Juli mit breiter Mehrheit ein neues Naturschutzgesetz.

2019 Der LBV überschreitet die Schwelle von 100.000 Mitgliedern.

Der LBV heute

Heute umfasst der LBV 117.000 Mitglieder und Förderer. Die Aktiven in den 250 Gruppen sind als Basis des Verbands praktisch flächendeckend aktiv und lokal stark verankert. Sie werden unterstützt von über 250 Mitarbeitern in der Landesgeschäftsstelle, sowie den 30 Bezirks-, Kreisgeschäftsstellen und Umweltstationen.

Die Aufgaben sind vielfältiger denn je: politische Lobbyarbeit, angewandte Naturschutzforschung, LBV-Kindergarten, Naturschutzjugend NAJU, Quellschutz-Projekte, Artenhilfsprogramme im Auftrag des Landesamtes für Umwelt (LfU), EU LIFE-Projekte, vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderte Großvorhaben.

Die Gesamteinnahmen des LBV liegen heute bei ca. 12 Mio. Euro jährlich. 50 % davon kommen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, 15 % aus dem Verkauf von Naturschutzprodukten und Sponsoring und weitere 30 % aus Projektzuschüssen. Weit über die Hälfte der Ausgaben fließen direkt in Naturschutzprojekte, Flächenankäufe und –pflege, ein weiterer großer Teil in die Umweltbildung.

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