Bartgeier-Webcam in den Berchtesgadener Alpen

Erleben Sie live die ersten Wochen junger Bartgeier in einer Auswilderungsnische

In Kooperation mit dem Nationalpark und dem Tiergarten Nürnberg im Rahmen des EEP wird der LBV in den kommenden Jahren jeweils 2 bis 3 junge Bartgeier im Klausbachtal freilassen – erstmals im Sommer 2021. Am 10. Juni 2021 wurden die ersten beiden Jungvögel namens Bavaria und Wally in einer Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert. 2022 folgten Dagmar und Recka und im Mai 2023 zwei weitere Junggeier: Sisi und Nepomuk. Die alpenweite Wiederansiedlung des einst heimischen Bartgeiers gilt als einzigartiges Beispiel im internationalen Naturschutz.

Dabei kommt die bewährte „Hacking“-Methode zur Anwendung, bei der 2-3 junge Bartgeier im Alter von ca. 90 Tagen in eine gut geschützte Auswilderungsnische gebracht und dort versorgt werden. Mit einer Überlebensrate von 88 % im ersten, bzw. gar 96 % im zweiten Lebensjahr ist diese Vorgehensweise außerordentlich erfolgreich.

Mit zwei Live-Webcams kann jede*r Interessierte die beiden jungen Bartgeier in der Auswilderungsnische live mitverfolgen.

Nach dem Ausflug aus der Nische, der meist etwa vier Wochen nach der Auswilderung im Alter von ca. 120 Tagen stattfindet, halten sich die Vögel noch einen gewissen Zeitraum im Umfeld der Auswilderungsnische auf, da dort weiterhin Futter in natürlichen Strukturen (z.B. Lawinen- und Steinschlagrinnen) von uns ausgelegt wird und das selbstständige Suchen von Nahrung trainiert werden soll. In diesem Zeitraum, der von ein paar Wochen bis Mitte Oktober reichen kann, sind sie nur noch sporadisch vor der Webcam zu sehen, bevor sie dann das unmittelbare Auswilderungsgebiet endgültig verlassen.

Auf unserem Youtube-Kanal finden Sie eine Playlist mit ausgewählten Clips der beiden Bartgeierwebcams. Schaut rein! Zur Youtube-Playlist

Hintergrund & Technik zur Webcam

Im Mai 2021 wurde die Firma Terra HD der Aufgabe betraut die Auswilderung der Bartgeier per Livestream zu begleiten. Bei Besichtigung des Standortes wurde sofort klar dass es sich hierbei um ein enorm komplexes Projekt handelt.

Die Komplexität sind in 3 Dingen begründet: Unwegsamkeit, Ausrichtung Nordost, keine breitbandige Internetverbindung aus dem Tal möglich.

Unwegsam:

Auf den Bildern ist es nicht zu erkennen, aber die Umgebung an der Felsnische ist durchwegs Absturzgelände mit großer Steinschlaggefahr. Vom Nationalpark Berchtesgaden wurden hierzu Fixseile errichtet um die Sicherheit zu gewährleisten. Auch für den Materialtransport war ein wahrer Kraftakt unter widrigsten Bedingungen (Dauerregen beim Aufstieg / Dauerschneefall im oberen Bereich). Unter großartiger Zusammenarbeit zwischen dem LBV und der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden konnte der Materialtransport aber erstaunlicherweise an einem Tag durchgeführt werden. Kleines Beispiel: Eine Batterie wiegt 23 kg, für die Energieversorgung sind 2 Batterien notwendig.

Ausrichtung Nordost

Selbst im Juni befindet sich das Photovoltaik-Modul bereits ab spätestens Mittag im Schatten der dahinterliegenden und hochaufragenden Felswand des Knittelhorns. Dies streicht die "Energieausbeute" gnadenlos zusammen. Die Auswahl sämtlicher Hardware muss sich deshalb diesem Thema unterordnen.

Internetverbindung

Im Prinzip das einzige Gebäude im Tal von dem sich eine WLAN-Richtfunkverbindung herstellen lässt ist die Nationalpark-Informationsstelle Klausbachhaus. Allerdings ist die Internetanbindung am Klausbachhaus nicht brauchbar für einen permanenten Livestream.

Aus oben genannten Gründen hat Terra HD das Konzept folgendermaßen ausgearbeitet:

Ein Hochleistungs-Photovoltaik-Modul erzeugt die Energie. Dieses Modul ist in der Lage auch bei bewölktem Himmel noch einigermaßen Energie zu liefern. Wie weiter oben erwähnt bleiben trotzdem nur wenige Stunden täglich um Energie zu erzeugen. Die Energie wird in zwei Batterien gespeichert. Als Solarladeregler wird ein MPTT-Regler verwendet, der aus der Ferne permanent über eine VPN-Verbindung erreichbar ist. Über diese Verbindung ist es möglich den Zustand der ganzen Anlage einzusehen und gezielt (oder nach Priorität) Geräte ein- oder auszuschalten.

An der Felsnische sind zwei stromsparende Kameras per Netzwerkkabel angebracht (PoE). Unter den Gegebenheiten musste sich Terra HD für ein Kameramodell ohne PTZ (Pan-Tilt-Zoom) entscheiden, da diese im Vergleich ein vielfaches an Energie benötigen die dieser Standort einfach nicht hergibt.

Eine Kamera dient als Hauptkamera mit Überblick über die gesamte Felsnische. Die zweite Kamera filmt etwas detailreicher und wird je nach Sonneneinstrahlung automatisch aktiviert oder deaktiviert.

Die Internetverbindung wird über LTE hergestellt. Zusätzlich wurde ein WLAN-Richtfunkstrecke zum Klausbachhaus eingerichtet. Dort befindet sich ein Netzwerkspeicher um den Livestream zu archivieren. Außerdem ermöglicht diese Richtfunkstrecke für Mitarbeiter den lokalen Zugriff auf die Kameras in voller Auflösung ohne "LTE-Flaschenhals" vom Klausbachhaus aus.

Da die Kamera über LTE ans Internet angebunden ist, kann der "öffentlichen Stream" leider nur in reduzierter Auflösung angeboten werden. Am Klausbachhaus befindet sich außerdem ein "Raspberry Pi". Dieser holt den Kamera-Stream lokal ab und schickt ihn in reduzierter Auflösung über die Richtfunkstrecke zurück zur Felsnische und über das LTE-Modem ins Internet zu unseren Livestream-Server. Da es sich bei LTE um ein "Shared Medium" handelt kann es gelegentlich zu Bildfehlern oder zu Aussetzern im öffentlichen Stream kommen.

Änderungen und Verbesserungen 2022

Im Klausbachhaus steht nun entgegen dem ersten Projektjahr schnelles Internet zur Verfügung. Das bedeutet in der Felsnische muss kein LTE-Modem mehr betrieben werden. Dies ist bereits eine beträchtliche Energieeinsparung. Um beim Thema Energie noch mehr Sicherheit zu haben wurde im Juni 2022 ein zweites Photovoltaik-Modul montiert und mit dem schon bestehenden in Serie geschaltet. Wir erhoffen uns dadurch dass wir die zweite Kamera (Wasserstelle) an Tagen mit Sonnenschein permanent laufen lassen können.

Trotzdem haben die Akkus eine begrenzte Kapazität und auch mit dem zweiten PV-Modul ist es nicht ausgeschlossen dass es mal "eng" werden kann. Es muss weiterhin bedacht werden dass die Sonne die Felsnische selbst zur Zeit des Sonnenhöchststandes nur bis etwa 12:00 Uhr erreicht. Die Hauptkamera (Felsnische) wurde an einem anderen Platz montiert und befindet sich nun nur zwei Meter entfernt von der zweiten Kamera (Wasserstelle) aber blickt nun die Felsnische hoch. Im ersten Jahr gab es aufgrund der Platzierung der Kamera einen ärgerlichen toten Winkel der nun nicht mehr existiert. Auch war die alte "Hauptkamera" zu weit entfernt vom eigentlichen Geschehen.

Eine weitere Verbesserung gibt es auch bei der Qualität des "öffentlichen Livestrems". Wurde der Livestream im letzten Jahr noch mit einer Auflösung unter 720p gezeigt, so haben wir in diesem Jahr das Ziel den Stream in Full-HD (1080p) zu zeigen. Die von uns im Herbst bereitgestellte Fotowebcam wird auch im Sommer über in Betrieb bleiben um ein paar Fotos von der Halsgrube zu bekommen. Mit etwas Glück gelingen so ein paar hochauflösende Bilder von den neuen Bartgeiern bei ihren ersten Flugaktionen. Ein großer Dank gilt den beiden Bufdi's vom LBV die bei Materialtransport und auch bei Montage eine riesige Hilfe waren!

Häufige Fragen & Antworten zu den Bartgeiern

Inhalt

  1. Wer ist wer? Wie kann man die beiden Junggeier voneinander unterscheiden? 
  2. Gibt es einen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Bartgeiern?
  3. Wieso wurden zwei Weibchen ausgesetzt?
  4. In freier Natur überlebt immer nur ein Junges. Warum werden im Wiederansiedlungsprojekt immer 2-3 Jungvögel zusammen ausgesetzt? 
  5. Kann es bei den aufkommenden Konflikten zwischen den jungen Bartgeiern für einen unterlegenen Jungvogel gefährlich werden?
  6. Was ist sonst noch typisch für die `Hacking´ Methode? 
  7. Womit werden die Jungvögel gefüttert?
  8. Wie häufig werden die Jungvögel gefüttert und könnt ihr die Fütterungszeit öffentlich angeben?
  9. Werden die Jungvögel nach dem Ausfliegen auch weiterhin gefüttert?
  10. Wann ist mit dem ersten Ausflug der Jungvögel zu rechnen? 
  11. Was bedeutet Philopatrie und welche Auswirkungen hat dieser Effekt auf das Wiederansiedlungsprojekt? 
  12. Wie viele Bartgeier werden in Berchtesgaden ausgewildert?
  13. Wie kommen die Jungvögel nach der Auswilderung zurecht, da sie ja keine Unterstützung durch ihre Eltern mehr erfahren?
  14. Die Temperaturen sind hoch und die Wasserstelle in der Felsnische ist ausgetrocknet. Besteht die Gefahr, dass die Bartgeier an Durst leiden?
  15. In der Felsnische sind einige Verbauungen und Gerätschaften installiert. Besteht die Gefahr, dass die jungen Bartgeier sich daran verletzen können?
  16. Der Livestream ist abgestürzt und es wird eine Fehlermeldung angezeigt, die auf einen möglichen Fehler des vom User benutzten Systems hinweist. Was ist zu tun?

1. Steckbrief unserer beiden Jungvögel

Sisi

  • Geburtstcode: BG 1171
  • Taufname: Sisi
  • Zuchtname: Maxi
  • Schlupf: 26.02.2023
  • Geburtsgewicht: nicht bekannt
  • Eltern: Romeo und Julia (Sisi ist die erste erfolgreiche Brut)
  • Ringfarbe: rot/rot
  • Gewicht bei Auswilderung: 5,5 kg
  • Tag der Auswilderung: 24.5.2023
Sisi | © Hansruedi Weyrich © Hansruedi Weyrich
Sisi

Nepomuk

  • Geburtscode: BG 1178
  • Taufname: Nepomuk
  • Zuchtname: Wastl
  • Schlupf: 06.03.2023
  • Geburtsgewicht: 151g
  • Eltern: BG 468 x BG 381
  • Ringfarbe: gelb/blau
  • Gewicht bei Auswilderung: 4,5 kg
  • Tag der Auswilderung: 24.5.2023
Recka  | © Hansruedi Weyrich © Hansruedi Weyrich
Recka

Detailliertere Steckbriefe zu all unseren ausgewilderten Bartgeiern finden Sie in unseren Steckbriefen.

Zu den Steckbriefen

2. Wer ist wer? Wie kann man die beiden Junggeier voneinander unterscheiden?

Bleichmuster und Ringe von Dagmar und Recka

Beide sind absolut eindeutig nur an den Ringen und den gebleichten Federn zu erkennen. Vor allem die Ringe sind bei den heurigen Vögeln relativ gut zu sehen. Die Markierungen sind meistens nur bei ausgebreiteten Schwingen zu erkennen.

Aber auch ansonsten gibt es einige eher weniger markante Merkmale, die einem bei guter Sichtbarkeit der beiden vor der Kamera und etwas Übung bei der Zuordnung helfen können.

Dagmar: Wirkt insgesamt etwas wuchtiger (1 kg mehr!), auch die Kopfform ist rundlicher. Der Übergang zum hellgrauen Hinterkopf/Nackenbereich ist schärfer.

Recka: Wirkt etwas zierlicher. Die Kopfform ist schlanker, das Gesicht mit dem Schnabel spitz zulaufender und einen Hauch dunkler gefärbt. Einige der schwärzlichen Gesichtsfedern ragen auch weiter in den hellgrauen Hinterkopfbereich hinein, was ihr ein etwas struppigeres Aussehen gibt.

3. Gibt es einen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Bartgeiern?

Im Gegensatz zu vielen anderen Greifvogelarten ist der Größenunterschied zwischen Weibchen und Männchen nur minimal. Weibchen sind tendenziell etwas größer und schwerer, dies ist aber auf der individuellen Ebene nicht mit bloßem Auge zu erkennen. Das Aussehen ist ansonsten gleich. Das Geschlecht kann leicht mit einer genetischen Untersuchung festgestellt werden.

4. Wieso wurden zwei Weibchen ausgesetzt?

Die äußerlich nicht erkennbaren Geschlechter der beiden Vögel werden erst kurz vor der Auswilderung durch eine genetische Untersuchung per Blutentnahme ermittelt. Prinzipiell geht es auch nicht darum, ein Pärchen freizulassen. Bartgeier sind erst mit rund 6 Jahren geschlechtsreif, zu einem Fortpflanzungserfolg kommt es im Schnitt erst mit 8 bis 9 Jahren. Zudem sind Bartgeier sehr wählerisch was die Partnerwahl betrifft, dies ließe sich kaum „erzwingen“.

Wichtig für das Projekt ist es, möglichst viele junge Bartgeier auszuwildern, die möglicherweise eine starke Bindung zu ihrem neuen Zuhause aufbauen (siehe Philopatrie, Punkt 12).

Entscheidender ist die Auswahl von geeigneten genetischen Linien, um die Variabilität einer möglichen Ansiedelung im Projektgebiet zu beeinflussen.

5. In freier Natur überlebt immer nur ein Junges (Stichwort „obligater Kainismus“). Warum werden im Wiederansiedlungsprojekt immer 2-3 Jungvögel zusammen ausgesetzt?

Die äußerst bewährte, sogenannte „modifizierte Hacking Methode“, nach der das Protokoll der Wiederansiedlungen seit Jahrzehnten verfährt, schreibt vor, dass immer mindestens zwei Jungvögel zusammen ausgesetzt werden müssen. Dies fungiert als Sozialfunktion und soll die plötzliche Trennung von den Eltern abpuffern.

6. Kann es bei den aufkommenden Konflikten zwischen den jungen Bartgeiern für einen unterlegenen Jungvogel gefährlich werden?

Durch die optimale Nahrungsversorgung und das (beinahe) gleiche Alter und den dadurch ähnlichen Entwicklungszustand sind die schwerwiegendsten Konkurrenzfaktoren minimiert. Trotzdem bildet sich meist ein Dominanzverhalten aus, Konflikte werden ausgetragen und sie versuchen oftmals, den anderen Jungvogel zu verdrängen. In der Regel passiert dabei aber nichts Schlimmeres, die Nische ist groß genug, um sich auch mal aus dem Weg zu gehen und es gibt reichlich Futter für alle.

Durch die ständige Beobachtung hätte man zudem die Möglichkeit einzugreifen. Dies kommt aber nur äußerst selten vor.

Die Erfahrung zeigt: Die Entwicklung von nach dieser Methode ausgesetzten Jungvögeln nimmt später einen völlig normalen Verlauf.

7. Was ist sonst noch typisch für die `Hacking´ Methode?

Ausgesetzt werden die aus Gehegehaltung stammenden und noch nicht ganz flüggen Jungvögel im Alter von ca. 90 Tagen in eine gut geschützte Felsnische an sorgfältig ausgewählten Orten in den Alpen. Insgesamt wird der Prozess des natürlichen Ausfliegens imitiert und das mit großem Erfolg. Die Hauptfunktionen der Eltern (Schutz, Nahrung) übernimmt dabei der Mensch, jedoch ohne direkten Kontakt. Die Jungvögel werden dabei rund um die Uhr bewacht und je nach Bedarf meist alle 2-3 Tage gefüttert.

8. Womit werden die Jungvögel gefüttert?

Hauptsächlich Knochenstücke und Läufe von Schalenwildarten: Reh, Gams, Rothirsch. Es sollte mindestens 20 % Fleischanteil enthalten sein, da die Jungvögel reine Knochennahrung noch nicht so gut verdauen können und auf den Wassergehalt im Fleisch angewiesen sind. Wir haben Kooperationen mit Jägern der BaySF und des Nationalparks abgeschlossen. Diese sammeln für uns Teile, die sie ansonsten nur entsorgen würden.

9. Wie häufig werden die Jungvögel gefüttert und könnt ihr die Fütterungszeit öffentlich angeben?

Nach eingehenden Überlegungen und Beratung von anderen Wiederansiedlungsprojekten hat sich der Abstand der Futtergabe inzwischen auf etwa vier Tage eingependelt. Einerseits muss man dem Hunger der Jungvögel, dem Schwund durch andere Aasfresser (wie z.B. dem Fuchs) und in heißen Perioden dem ausreichenden Nachschub an wasserreichen, frischen fleischhaltigen Knochenstücken Rechnung tragen, andererseits wollen wir den Kontakt und eine mögliche Verknüpfung von Nahrung und Mensch zum Schutz der Tiere natürlich so reduziert als möglich handhaben.

Aus logistischen Gründen bitten wir um Verständnis, dass wir nicht jede Fütterung exakt vorher bekannt geben können, dafür sind unterschiedliche organisatorische und logistische Gründe ausschlaggebend.

10. Werden die Jungvögel nach dem Ausfliegen auch weiterhin gefüttert?

In Vorbereitung auf den ersten Ausflug haben wir bereits in direkter Umgebung der Nische Futter ausgebracht, das auch fußläufig für die beiden Geier erreichbar ist. Die Knochen werden so ausgelegt, wie die Bartgeier sie in der Natur finden würden, also nicht einfach in der Wiese, sondern zum Beispiel in Rinnen wo auch sonst das Fallwild zum Erliegen kommt.

In die Nische werden die Projektmitarbeiter nach dem baldigen Ausflug keine Knochen mehr werfen, weil auch die Elternvögel in der Natur dann keine Nahrung mehr ins Nest bringen würden. In der direkten Umgebung der Felswand werden wir auch in den kommenden Wochen immer vor Ort sein und das Verhalten der beiden Bartgeier weiterhin genauso intensiv überwachen wie bisher.

Die Projektmitarbeiter*innen werden wahrscheinlich noch bis Oktober weiterhin Futter auslegen, denn selbst wenn Geier sich weiter von ihrem Auswilderungsort entfernen, können sie immer für Futter wieder in die Region zurückkehren, sollten sie einmal nichts finden.

So bekommen die Junggeier die Zeit, die sie brauchen, um sich zu entwickeln. Das ist auch einer der Erfolgsfaktoren dieser Auswilderungsmethode: In der kritischen Zeit als Nestling und flüggem Jungvogel wird dafür gesorgt, dass es zu keinem Nahrungsengpass kommt.

Erst wenn sich unsere jungen Bartgeier länger nicht mehr zeigen, werden wir aufhören, Knochen für sie auszulegen.

11. Wann ist mit dem ersten Ausflug der Jungvögel zu rechnen?

Im Alter von 110 bis 120 Tagen wagen die jungen Bartgeier in der Regel ihren ersten Flug.

Dieser Zeitpunkt lässt sich ganz gut einschätzen, denn wie beim natürlichen Vorgang bleiben die flüggen Jungvögel nach dem Ausfliegen meist erst einmal in Horstnähe. Es entsteht eine Bindung an die Horstumgebung und dabei kommt es häufig auch zur sog. Philopatrie.

12. Was bedeutet Philopatrie und welche Auswirkungen hat dieser Effekt auf das Wiederansiedlungsprojekt?

Philopatrie bedeutet wörtlich übersetzt „Heimatliebe“. Hier im übertragenen Sinn meint man damit die Rückkehr an den Geburtsort bzw. in unserem Fall an den eingeprägten Auswilderungsort. In der Nestlings- und Ausflugszeit ist die Lernfähigkeit am höchsten. Daher bilden die Jungvögel eine Bindung an den Auswilderungsort, die auch nach den Wanderjahren noch anhält.

Nach mehreren Jahren Wanderschaft entstehen möglicherweise Ansammlungen von zurückgekehrten Bartgeiern im Umfeld des Auswilderungsplatzes. Im Idealfall gehen einige der Rückkehrer dann eine Paarbindung ein.

13. Wie viele Bartgeier werden in Berchtesgaden ausgewildert?

Aufgrund der langen Zeit, die es braucht, bis Bartgeier erfolgreich Nachwuchs hervorbringen, macht ein Wiederansiedlungsprojekt nur langfristig Sinn. Geplant ist eine Projektlaufzeit von 10 Jahren, in der pro Jahr etwa 2-3 Jungvögel ausgewildert werden.

14. Wie kommen die Jungvögel nach der Auswilderung zurecht, da sie ja keine Unterstützung durch ihre Eltern mehr erfahren?

Es ist wirklich erstaunlich, wie gut sich die jungen Bartgeier alleine auf Grund ihrer angeborenen Verhaltensweisen und ihrer großartigen Anpassungsfähigkeit an den ihnen vorher total unbekannten Orten zurechtfinden.

Sie üben das Fressen von größeren Knochenstücken, trainieren die Flugmuskulatur und werden mit der Zeit zu gewandten und geschickten Fliegern. Sogar die Technik des Knochenzerkleinerns durch Fallenlassen aus großer Höhe auf geeignete felsige Oberflächen („Knochenschmieden“) ist in groben Zügen angeboren. Freilich muss es erst langwierig trainiert und perfektioniert werden.

15. Die Temperaturen sind hoch und die Wasserstelle in der Felsnische ist ausgetrocknet. Besteht die Gefahr, dass die Bartgeier an Durst leiden?

Nein, diese Sorge ist unbegründet. Die Wasserstelle ist ein zufälliger Luxus, den diese Nische aufweist. Bartgeier und alle anderen Greifvögel, bzw. die allermeisten Vögel überhaupt, haben in der Nestlingsphase ja keinen Zugang zu Wasser außer durch die Nahrung.

Das Futter für die Geier enthält auch bei immer höherem Knochenanteil ausreichend Wasser für die körperliche Entwicklung. Erst wenn Knochen älter werden und austrocknen, brauchen die Vögel tägliche Trinkmöglichkeiten.

Alles was wir bis zum Ausflug füttern werden ist natürlich ganz frisch und damit auch wasserhaltig genug. Die Wasserstelle wird sich auch nach dem nächsten Regenguss schnell wieder füllen.

16. In der Felsnische sind einige Verbauungen und Gerätschaften installiert, z.B. ein quer gespanntes Sicherungsseil. Besteht die Gefahr, dass die jungen Bartgeier sich daran verletzen können?

Das Seil ist kein Problem, es handelt sich um ein dehnbares Kletterseil und gibt dementsprechend leicht nach. Auch in der nahen Umgebung eines natürlichen Horstes gibt es häufig Hindernisse wie Felsvorsprünge, Äste usw., die im Weg sein können. Das lernen die Geier sehr schnell, dass sie da nicht ständig dagegen stoßen.

Der Zugang und die Ränder der Nische befinden sich im Absturzgelände und das Seil dient dazu – z.B. im Falle einer Notsituation – schnell und sicher nach oben gelangen zu können.

17. Der Livestream ist abgestürzt und es wird eine Fehlermeldung angezeigt, die auf einen möglichen Fehler des vom User benutzten Systems hinweist. Was ist zu tun?

Bei einem Livestream rund um die Uhr kann es schon mal vorkommen, dass der Stream abstürzt, da die Daten über das Mobilfunknetz übertragen werden müssen.

Unser System reagiert aber automatisch und stellt den Stream in kürzester Zeit wieder bereit. Wenn so etwas vorkommt, dann bitte einfach ein paar Minuten abwarten und das Browserfenster nach ein paar Minuten schließen und neu öffnen. Anschließend sollte der Livestream wieder neu laden.



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