Vielfalt statt Schotter am Ort der letzten Ruhe
Wir plädieren für naturnahe Gestaltung und mehr Artenvielfalt auf Friedhöfen
Friedhöfe sind Refugien für bedrängte Stadtnatur. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und bieten uns Menschen gleichzeitig einen Ort der Andacht und Erholung. Wie artenreich Friedhöfe sein können, zeigen gerade historische Anlagen. In diesen jahrhundertelang gewachsenen Biotopen finden zahlreiche Vogel- und Insektenarten, Igel, Eichhörnchen, Bilche, Fledermäuse und Eidechsen einen sicheren Rückzugsort. Leider zeigt sich aber gerade in neueren Anlagen, ähnlich wie bei Gärten und Vorgärten, immer mehr ein Trend zu naturferner Gestaltung mit Schotter.
Vielen Menschen fehlt heute die Zeit für eine aufwändige Grabpflege, oder die Angehörigen wohnen schlichtweg nicht mehr im gleichen Ort und können sich nicht regelmäßig um die Gräber ihrer Lieben kümmern. Da klingt das Versprechen eines pflegeleichten, aber immer ordentlichen Grabes, das zudem nicht gegossen werden muss, natürlich verlockend. Allerdings bleibt dabei die Natur leider auf der Strecke.
Mehr Natur und weniger Mühe mit naturnaher Grabgestaltung
Gräber mit Schotterflächen sind aus Sicht des Naturschutzes fragwürdig. Anders als in echten Steingärten, die, wenn sie fachgerecht angelegt werden, vielen Insekten Nahrung bieten, finden sich auf den mit Schotter gestalteten Gräbern kaum noch Pflanzen. Diese Flächen bieten daher keine Lebensräume und Nahrung für Insekten oder Vögel. Und wenn es überhaupt Pflanzen gibt, dann sind das meist keine heimischen Arten. Diese Pflanzen bieten weder Pollen, Nektar noch Samen, die Vögel oder Insekten als Nahrung nutzen könnten. Die Böden sind zudem meist versiegelt, hier finden Amseln und andere Drosseln keinen einzigen Regenwurm.
Auch für Menschen ist der viele Schotter auf dem Friedhof nicht gut. Die Steine heizen sich stark auf und fördern so die Erwärmung der Stadt. Allergene, Pollen und Schadstoffe aus der Luft werden nicht, wie bei begrünten Gräbern, durch das Laub gefiltert. Auch pflegeleichter sind geschotterten Gräber nicht wirklich, da die Steine mit den Jahren Moos und Algen ansetzen. Zwischen den Steinchen sammeln sich Laub und Staub. Der Schotter muss dann aufwendig gereinigt oder sogar ausgetauscht werden. Die grünen Oasen der Friedhöfe mit ihrer einzigartigen, ruhigen und besinnlichen Atmosphäre drohen zu Steinwüsten zu werden.
Friedhofsämter und Privatpersonen können grüne Ruheorte fördern
Mancherorts haben die Friedhofsämter schon Gegenmaßnahmen ergriffen und den Schotter von ihren Flächen verbannt. Immer häufiger fördern die Ämter die Artenvielfalt auf ihrem Friedhof sogar aktiv, indem zum Beispiel seltener gemäht wird, Blühwiesen statt Rasen angelegt werden, Laub- und Totholzhaufen geduldet, mehr Natur in wilden Ecken zugelassen und Gehölzschnitte nur außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden. Ferner bieten viele Friedhöfe inzwischen Nistmöglichkeiten für Vögel und Insekten an.
Mit diesen Maßnahmen ist der Artenvielfalt schon viel geholfen. Aber auch jede und jeder von uns kann bei der Grabgestaltung durch eine naturnahe Bepflanzung selbst noch etwas für die Tier- und Pflanzenwelt tun. Verwenden Sie heimische Pflanzen und achten Sie auf ungefüllte Blüten, um Insekten Futter zu bieten. Mit der richtigen Gestaltung machen naturnah angelegte Gräber kaum Arbeit.
Für trockene, sonnige Standorte eignen sich beispielsweise Polsterdost, Storchschnabel oder blaues Silbergras. Im Schatten gedeihen Haselwurz und Waldmeister als Bodendecker mit einem Fingerhut als Hingucker. Auch die Akelei fühlt sich im Schatten wohl. Mit dem Willen zu mehr Natur auf dem Friedhof haben zahlreiche selten gewordenen Arten wieder echte Perspektiven im Siedlungsraum.