Kraniche in und über Bayern

Rückkehr eines alten Bekannten

Inzwischen können auch Naturfreunde in Bayern immer häufiger den ruffreudigen und anmutigen Vogel auf seinem Zug im Frühling und Herbst am Himmel über dem Freistaat beobachten. Mittlerweile brütet der Glücksvogel sogar wieder bei uns. Wir gehen von etwa von >40 Brutpaaren aus (Stand April 2021).

Zwei Kraniche stehen nebeneinander auf einem Feld | © Zdenek Tunka © Zdenek Tunka
Kraniche kann man immer öfter in Bayern beobachten

Laute trompetenartige Rufe, ein V-förmiger Formationsflug und eindrucksvolle Tänze - Kraniche sind dem Menschen vertraut und gelten in vielen Kulturen als Symbolträger für Glück, ein langes Leben und Himmelsboten. Fünfzehn Kranicharten gibt es weltweit, darunter der in Europa brütende Graukranich. Rund 300.000 von ihnen wählen alljährlich im Herbst eine Zugroute, auf der sie die nördliche Hälfte Deutschlands von Nordost Richtung Südwest überqueren, um die kalte Jahreszeit in Frankreich, Spanien oder im Nordwesten Afrikas zu verbringen.

Mit einer Größe von 120 bis 130 cm ist der Graukranich deutlich größer als Weißstorch und Graureiher und bezogen auf die Körpergröße der größte Vogel Deutschlands. Seine Flügelspanne (bis zu 220 cm) reicht dagegen nur fast an die des Seeadlers (bis zu 250 cm) heran. Im Flug ist der Kranich an seinem langen, gerade vorgestreckten Hals zu erkennen und die Beine sind so lang, dass sie den Schwanz beim Fliegen deutlich überragen. Zur Zugzeit und in den Überwinterungsgebieten fliegen die Kraniche meist landwirtschaftliche Flächen an, um sich dort von Ernteresten (Getreide, Mais und Sonnenblumen) zu ernähren.

Neuer Zugweg über Bayern

Kraniche im Landeanflug | © Klaus Schulze © Klaus Schulze
Kraniche im Landeanflug

Besonders spannend für uns in Süddeutschland ist, dass seit 2008 auch nördlich der Alpen die Zahl der ziehenden Kraniche ansteigt: Sie kommen über den baltisch-ungarischen Zugweg von Ungarn über Österreich, queren Südbayern in west-südwestlicher Richtung und fliegen entlang der Alpen weiter über Baden-Württemberg und die Schweiz, um schließlich in der Camargue zu rasten. Tendenziell orientieren sich Kraniche beim Zug über Bayern an den großen Flüssen zwischen Donau und den Alpen.

Warum sich diese Zugroute so etabliert hat, ist nicht eindeutig zu erklären. Vermutlich hängt es mit vielen Faktoren zusammen; ein entscheidender ist, dass Kraniche sehr flexibel sind und keine genetisch fixierten Zugrouten vererbt werden. Von Experten wird außerdem angenommen, dass eine allgemeine Ausdehnung des Brutareals sowie der Klimawandel maßgeblich Einfluss nehmen. Konkrete Wetterereignisse, beispielsweise in den Jahren 2008 oder 2013, haben jeweils überdurchschnittlich viele Kraniche beim Weiterflug aus dem Rastgebiet in Ostungarn dazu veranlasst, nicht wie gewohnt nach Süden abzuziehen, sondern nach Südwesten bis Westen.

Es ist inzwischen bekannt, dass erfahrene Altvögel Informationen über Zugrouten weitergeben und somit andere Kraniche (nicht die eigenen Jungvögel) dazu veranlassen können, mit ihnen auf neuen Wegen zu ziehen

Spektakulärer Kranichzug über Bayern 2015

Kranich nimmt Anlauf für Abflug | © Hans Clausen © Hans Clausen

Über Bayern erreichte das Schauspiel des Kranichzuges im Oktober 2015 eine neue Dimension, als vermutlich mehrere 10.000 Kraniche durchzogen. Der Zug erfolgte von Ende Oktober bis Dezember in mehreren Wellen, zunächst über Süd- und dann im weiteren Jahresverlauf über Nordbayern hinweg.

Immer häufiger kann man Kraniche selbst noch im Januar nach Süden fliegen sehen. Offenbar hängt dieses späte Zugverhalten mit einer bis zu diesem Zeitpunkt noch ausreichenden Futterverfügbarkeit auf der Zugstrecke zusammen, wenn dank höherer Temperaturen keine hohe Schneedecke die Nahrung verdeckt.

Der Frühjahrszug im März verteilt sich gleichmäßiger über Bayern, aber die Zugrichtung geht überwiegend nach Nordosten. Die Zahlen der gemeldeten Kraniche fallen in diesem Zeitraum deutlich geringer aus als im Herbst, da die Vögel im Frühjahr seltener rufen und oft unentdeckt bleiben. Auch sind es kleinere Trupps, da die Kraniche schon auf Revierbildung und Brutgeschäft programmiert sind.

Seit 2002 wieder Brutvogel in Bayern

Kranich sitzt im Nest am Boden mit einem Küken links neben ihm | © Andreas Hartl © Andreas Hartl

Lange Zeit galt der Kranich in Bayern als ausgestorben. Die letzte bekannte Brut war 1890 in Oberbayern. Danach sollte es über 100 Jahre dauern, bis schließlich 2002 in der Oberpfalz wieder ein Revierpaar entdeckt wurde. Wann genau es dort erstmals einen Bruterfolg gab, ist nicht klar. Offiziell dokumentiert jedenfalls wurden die ersten beiden Jungvögel in der Oberpfalz im Jahr 2006. In der Tschechischen Republik war es schon einige Jahre zuvor zu einer Neuansiedlung des Kranichs gekommen, und von dort aus ist er dann nach Nordbayern eingewandert. Inzwischen hat sich der Kranich auch in Oberbayern wieder zögerlich niedergelassen: Der erste flügge Jungvogel wurde 2014 bestätigt.

Im Jahr 2016 gab es in Bayern 13 Brutpaare mit insgesamt 15 Jungvögeln. Hinzu kamen zehn revierbesetzende Paare, die nicht oder wahrscheinlich nicht gebrütet haben. Außerdem wurden noch drei Einzelvögel registriert, was auf Reviersuche oder -besetzung hindeuten könnte. Kraniche können sehr heimliche Vögel sein, vor allem, wenn sie ein Gebiet neu besiedeln. Die Dunkelziffer der Kranichpaare ist deshalb vermutlich relativ hoch. Festhalten lässt sich aber, dass der Kranich einen kleinen Brutbestand in Bayern etabliert hat und eine weitere Ausbreitung zu erwarten ist.

TIPP: Kraniche erleben

Wer Kraniche näher studieren möchte, sollte nach Nordostdeutschland fahren, wo die Art ein häufiger und wenig scheuer Brutvogel ist. Besonders beeindruckend sind aber natürlich der Herbstzug bzw. die Herbstrast, wenn sich die Vögel zu Zehntausenden an den großen Rastplätzen in Nord- und Ostdeutschland versammeln. Beispiele sind die Darß- Zingster-Boddenkette und Rügen sowie das Rhin-Havelluch.

Kranichzug

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