Enten auf dem Balkon - Was tun?
Stockenten sind sehr anpassungsfähig, was die Wahl des Brutplatzes betrifft. Normalerweise brüten sie am Boden, versteckt im hohen Schilf oder Gebüsch. Ist an einem Gewässer aber keine Vegetation vorhanden, sucht sich eine Stockente ein alternatives Quartier. Dieses kann bis zu 5 km entfernt vom Gewässer liegen.
Dabei werden aber nicht immer bodennahe Verstecke gewählt, auch Bruten in Bäumen können beobachtet werden. Hier nimmt die Stockente gerne alte Krähennester oder Greifvogelhorste. In besiedelten Gebieten kommt es auch zu Bruten an Gebäuden, auf Flachdächern oder Balkonen.
Viele Menschen können sich nicht vorstellen, dass Enten noch aus einem 4. Stockwerk herunterspringen können, ohne sich zu verletzen. Sie flattern dann mit den Flügeln, spreizen die Füße wie Fallschirme und freuen sich natürlich, wenn die Landestelle ein weiches Geläuf, etwa ein Rasen, ist. Sobald die Jungen dann geschlüpft sind, können gerade bei Gebäudebruten im Stadtzentrum Probleme auftreten.
Standhafte Standortwahl
Hat sich eine Ente für einen Nistplatz am Gebäude entschieden, kann man meist nichts mehr dagegen tun. Bevor man sich versieht, liegen die ersten Eier im Nest und es ist zu spät das Tier umzusiedeln. Nur zu Beginn der Nistplatzsuche kann man das Tier durch gezieltes Stören davon abhalten im Balkonkasten zu brüten.
Meist entdeckt man das Nest erst, wenn die Ente schon eine Weile brütet, bzw. man beobachtet, dass das Tier regelmäßig den Balkon anfliegt. Ab Mitte März bis Ende Juli brütet ein Stockentenweibchen. Ein Gelege kann 7-11 Eier umfassen, wobei das Weibchen täglich ein Ei legt.
Da die Jungen zur selben Zeit schlüpfen müssen, brütet das Weibchen aber erst, wenn das Gelege vollständig ist. Bei Stockenten brütet nur das Weibchen, während das Männchen am Anfang in der Nähe des Nestes bleibt. Verlässt das Weibchen morgens und abends das Nest, um zu fressen, bedeckt es die Eier mit Nistmaterial.
Küken müssen so schnell wie möglich an ein Gewässer
Sind die Jungenten geschlüpft und getrocknet, sollten sie so schnell wie möglich an ein größeres Gewässer gelangen. Die Küken ernähren sich in den ersten Wochen von Insekten, wobei sie von der Mutter nicht gefüttert werden. Die Jungen suchen sich selbständig ihre Nahrung, während die Mutter sie auf Gefahren aufmerksam macht und die Küken hudert.
Dazu wandert die Mutter mit den Jungen an das nächste Gewässer, wo sie ausreichend Insekten finden. Das Bereitstellen von Futter und Wasser ist also keine geeignete Maßnahme, um die Küken zu versorgen. Junge Stockenten sind Nestflüchter, sind also in der Lage zu laufen und sich selbst zu ernähren.
Sie verlassen schon innerhalb von 6-12 Stunden nach dem Schlupf das Nest. Die Mutter lockt mit leisen Rufen die Jungen aus dem Nest Richtung Wasser. Brütet die Ente in Balkonkästen oder auf Gebäuden mit Brüstungen, kann der Weg hinunter durch Hindernisse versperrt sein. Dann können die Jungen nicht hinab gelangen.
Kleine Hindernisse können die Küken mit einem schräg angebrachten Brett überwinden. Ist dies nicht möglich, sollte man die Küken einsammeln und in einem Korb abseilen. Dies ist besonders wichtig, damit die Mutter den Kontakt zu den Jungen nicht verliert.
Diese beiden Methoden sind aber nur dort sinnvoll, wo auf dem Weg zum Gewässer keine Hindernisse, wie z. B. stark befahrene Strassen, den Weg versperren.
Bei Hindernissen: Ententaxi
Sind auf dem Weg zum nächsten Gewässer Hindernisse wie Straßen, Hinterhöfe oder Baugruben zu finden, sollte man die Tiere unverzüglich zu einem geeigneten Gewässer bringen.
Dazu eignen sich große Gewässer mit naturnahem Ufer, auf dem sich im Idealfall schon weitere Enten aufhalten. Gut bewachsene Ufer mit Schilf oder Gehölzen bieten den Küken Deckung und Nahrung. Kleine Gartenweiher sind nicht geeignet, die Entenfamilie würde bald abwandern.
Wildhüter oder Vogelpflegestationen unterstützen Sie dabei. Die beste Tageszeit ist der Vormittag, damit sich die Enten noch an die neue Umgebung gewöhnen können. Idealerweise erfolgt der Transport kurz nach dem Schlupf der Jungtiere.
Als erstes gilt es die Mutter einzufangen. Umsichtige Balkonbesitzer haben schon zuvor die Ente an den Menschen gewöhnt, indem sie sich regelmäßig in der Nähe des Nestes aufgehalten haben. Auch werden die Tiere meist mit fortschreitender Brutzeit gegenüber Störungen unempfindlich. Jetzt gilt es, sich der Ente soweit möglich zu nähern und dann mit einem beherzten Griff die Ente zu packen. Auch ein Handtuch oder ein Netz, über die Ente geworfen, helfen, das Tier zu fangen.
Einen zweiten Versuch gibt es allerdings nicht! Wenn die Aktion misslingt und die Mutter nicht mehr zu den Küken zurückkehrt, müssen diese in eine Pflegestation gebracht werden. Eine Ente hält man am besten mit beiden Händen um den Körper und fixiert dabei die Flügel. Vorsicht mit dem Schnabel, auch Enten können beißen! Sie verletzen mit ihrem Schnabel zwar selten die Haut, aber es können schmerzhafte blaue Flecke entstehen.
Nach geglücktem Fang der Mutter steckt man diese in eine Kartonschachtel. Diese sollte gut verschlossen werden, damit das Tier unterwegs nicht entkommen kann. Jetzt müssen noch die Jungen eingefangen werden, was weniger Mühe bereitet. Man sollte darauf achten, dass kein Junges vergessen wird und setzt alle zusammen in eine weitere Schachtel.
Erst Küken freilassen, dann die Mutter
Am Gewässer angekommen sucht man sich eine Stelle mit flachem Ufer und lässt zuerst die Küken frei. Bitte nicht im Wasser aussetzen, sondern an Land. Das Gefieder der Küken ist noch nicht Wasser abstoßend, im tiefen Wasser besteht die Gefahr, dass die Tiere ertrinken.
Sind die Jungen am Ufer freigelassen worden, entfernt man sich ein paar Meter und wartet mit der Freilassung der Mutter, bis die Jungen anfangen zu piepsen. Durch diese Rufe erkennt die Mutterente ihre Jungen und hält Kontakt zu ihnen. Jetzt lässt man die Mutter frei. Sie kann zuerst wegfliegen, kehrt aber meist zurück, sobald man sich weiter von den Küken entfernt hat.
Am Gewässer findet die Familie schnell wieder zusammen und die Jungen erkunden die Umgebung. Sie fangen auch bald an zu fressen, zuerst Insektenlarven und später Grünpflanzen. Mit acht Wochen sind die Jungen dann voll flugfähig.