Für eine naturverträgliche Energiewende

So lassen sich in Bayern Klimaschutz und Naturschutz miteinander verknüpfen

Der fortschreitende Klimawandel macht den zügigen Ausbau der beiden erneuerbaren Energien Windkraft und Photovoltaik zu einer der drängendsten Aufgaben in Bayern. Den Ausbau der Windkraft hat die 10-H-Abstandsregel in den vergangen Jahren praktisch zum Erliegen gebracht. Um jedoch die beiden großen Krisen unserer Zeit – die Klima– und die Artenkrise – gemeinsam zu lösen, ist die Standortauswahl beim Bau von Windkraftanlagen und Photovoltaik-Parks absolut entscheidend.

Aus diesem Grund sollten auf Landesebene zügig Vorranggebiete für die Stromgewinnung durch Wind und Sonne ausgewiesen werden. Diesen sollte die sogenannte Regionalplanung zugrunde liegen. In den Vorranggebieten, die auf die Belange des Naturschutz überprüft wurden, soll der Ausbau der Erneuerbaren konzentriert und zügig vorangebracht werden.

Der Klimawandel ist langfristig die größte Bedrohung für die Biodiversität auf diesem Planeten. Daher muss Naturschutz immer auch auf einen konsequenten Klimaschutz abzielen. Umgekehrt darf Klimaschutz nicht ohne einen natur- und artenschutzrechtlichen Rahmen umgesetzt werden.

Hinweis: Beim Ausbau der Wasserkraft gibt es in Bayern KEIN Potenzial. Hier würde ein weiterer Ausbau alleine auf Kosten der Natur gehen.

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Dr. Andreas von Lindeiner

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Was bedeuten eigentlich "Vorranggebiete"?

Windkraft | © Broders Dr. Olaf © Broders Dr. Olaf


Vorranggebiete für Wind- und Sonnenenergie sind Gebiete, die von den regionalen Planungsverbänden in den Regionalplänen als besonders geeignet für die Errichtung von Windenergieanlagen oder Solar-Freiflächenanlagen ausgewiesen werden. In diesen Gebieten haben Wind- und Sonnenenergieprojekte Vorrang vor anderen Nutzungen, die mit ihnen in Konflikt stehen könnten.

Die Festlegung von Vorranggebieten dient dazu, die Wind- und Solarenergienutzung in Deutschland zu fördern und gleichzeitig die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, der Raumordnung und der Bevölkerung zu berücksichtigen. Die Vorranggebiete werden anhand von Kriterien wie

  • Windhöffigkeit (durchschnittliches Windaufkommen an einem bestimmten Standort)
  • Sonneneinstrahlung,
  • Abstand zu Siedlungen,
  • Verkehrswegen oder
  • Schutzgebieten sowie
  • landschaftlicher Eignung bestimmt.

Die genaue Anzahl der Vorranggebiete für z.B. Windkraft in Bayern ist nicht leicht zu ermitteln, da die regionalen Planungsverbände für die Festlegung dieser Gebiete zuständig sind und diese noch nicht alle abgeschlossen haben. Dies wäre aber dringend notwendig, um den Ausbau von erneuerbaren Energien im Einklang mit dem Arten- und Naturschutz zu betreiben, statt ihn zu schwächen.

Der aktuelle Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz: Deshalb sind Vorranggebiete so wichtig

Photovoltaikanlage auf einem Dach  | © Peter Bria © Peter Bria
Für Photovoltaikanlagen gibt es genügend andere Flächen als in Hotspots der Artenvielfalt, z.B. auf Dächern

Mit den Anfang Juli 2022 beschlossenen Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes müssen die Bundesländer zukünftig ca. 2 Prozent ihrer Landesfläche für die Windenergie bereitstellen. In Bayern werden das 1,8 Prozent sein, was etwa 1.600 km² entspricht. Solange aber in Bayern keine definitiven Vorranggebiete ausgewiesen werden, dürfen theoretisch überall eine Windkraftanlage gebaut werden, auch in sensiblen Regionen für den Naturschutz.

Für Standorte von neuen Windkraftanlagen werden nämlich zunehmend Wälder ins Auge gefasst. Dabei gerät insbesondere der Staatswald ins Interesse der Planer:innen, denn hier können unter Umständen große Flächen bereitgestellt werden. Vor allem da sich Betreiber von Anlagen nur mit einem Verhandlungspartner - dem Staat - auseinandersetzen müssen, was das Prozedere oftmals beschleunigt und vereinfacht.

Auch bei der Sonnenenergie werden oftmals ohne Rücksicht auf Feldlerche, Kiebitz und Brachvogel großflächige Anlagen in Lebensräume von Feld- und Wiesenvögeln oder sogar ausgewiesene Schutzgebiete geplant.

ABER: Für den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik stehen in Bayern genügend Flächen abseits von artenreichen Lebensräumen zur Verfügung! Daher können und müssen ökologisch besonders hochwertige und sensible Gebiete von Windkraft- oder PV-Anlagen freigehalten werden. Im Fall der Windkraft sind das zum Beispiel artenreiche, unzerschnittene Wälder und im Falle der Sonnenenergie sind es Kerngebiete wertvoller Moore, die Hotspots der Artenvielfalt darstellen.

Zu unvollständig ausgewiesenen Vorranggebieten in Bayern kommen die gravierenden Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes von Juli 2022 und eine Notverordnung von Anfang 2023 hinzu, die wir im Folgenden erklären.

Hat der Artenschutz noch eine Überlebenschance?

Die Auswirkungen der Gesetzesänderungen zur Beschleunigung der Energiewende

Rotmilan im Flug vor einem Windrad | © H. Knüwer © H. Knüwer

Zum Jahreswechsel 2023 wurde auf Initiative der Bundesregierung eine EU-Notverordnung wirksam. Diese Verordnung besagt, dass die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie im übergeordneten öffentlichen Interesse liegen. Dadurch haben erneuerbare Energien regelmäßig Vorrang, insbesondere über den Schutzbestimmungen für Fauna-Flora-Habitat (FFH) und Vogelschutz-Richtlinien.

Für Anlagen in speziell ausgewiesenen Vorranggebieten für erneuerbare Energien ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Zwar muss bei der Festlegung solcher Gebiete eine strategische Umweltprüfung durchgeführt werden, jedoch ist derzeit keine verbindliche Prüfung des Artenschutzes vorgeschrieben.

Daher werden Anlagenbetreibende in den meisten Fällen künftig wohl nur einen finanziellen Ausgleich leisten müssen, der Artenschutzprogrammen zugutekommt. Ein großes Problem ist, dass in Bayern das Steuerungsinstrument der Regionalplanung geschwächt wird. Kommunen sollen nämlich auch dann Flächen für Windenergie ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet keine Windkraftflächen vorsehen.

Das öffnet einem planerischen Wildwuchs Tür und Tor. Zudem zeichnet sich ab, dass der eigentlich wünschenswerte regionale Planungsansatz mit klaren, allgemein verbindlichen Leitplanken, so nicht umgesetzt werden kann. Die regionalen Planungsverbände wollen vielmehr die Festlegung der Vorranggebiete so schnell wie möglich ab schließen. Hier kommt Schnelligkeit vor Qualität und Sorgfalt. Die von der Bundesregierung vorgegebenen Fristen würden durchaus eine Mehrstufigkeit der Flächenauswahl auf Basis belastbarer Daten zu Vögeln und Fledermäusen zulassen. Doch das neue Gesetz begnügt sich mit bereits vorhandenen, oft lückenhaften Daten zur Beurteilung der Standorteignung, was der Verantwortung für die betroffenen Arten nicht gerecht wird.

Ausgewiesene Vorranggebiete bringen Klima- und Artenschutz in Einklang

Die Standortauswahl ist absolut entscheidend!

Um beim Ausbau der Erneuerbaren endlich zügiger voranzukommen, sollten landesweit koordiniert Vorranggebiete für Wind- und Sonnenenergie in ganz Bayern ausgewiesen werden. Dafür ist die 10-H-Abstandsregel als der Hemmschuh für den Ausbau der Windenergie in Bayern sofort abzuschaffen. Es ist wichtig, die besten Orte für umweltfreundliche erneuerbare Energie sorgfältig auszuwählen. Neue Windkraftanlagen sollten moderne Sicherheitseinrichtungen haben, um Zusammenstöße mit Vögeln zu verhindern.

Die Gebiete, die für den Bau von Windkraftanlagen in Fragen kommen, sollten zügig auf windkraftsensible Arten überprüft werden, sofern die Basis der Daten veraltet ist. So kann in diesen Gebieten auch ohne die Prüfung von Einzelfällen gebaut werden, was den Prozess des Ausbaus massiv beschleunigen würde. Der Rest der Landesfläche kann dann frei von Anlagen bleiben.

So gelingen Klima- und Artenschutz Hand in Hand – nur das ist eine nach haltige Zukunftsperspektive für Bayern!

Rotmilan im Flug | © Marcus Bosch © Marcus Bosch

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