Kuckuck-Kooperation mit Weißrussland

Internationale Kooperation zur Rettung des Kuckucks

In der Kuckuck-Brutsaison 2014 in Weißrussland hat die belarussische Studentin Viktoria Grudinskaja ihre Diplomarbeit über das räumliche Verhalten von Kuckucksweibchen in Abhängigkeit von ihrem Alter und der Wirtsdichte in Weißrussland verfasst. Hierzu hat Viktoria mit den gleichen Radio-Telemetrie-Sendern gearbeitet, die auch der LBV 2014 im bayerischen Brutgebiet einsetzte. 

Kuckuck mit Mini-Satellitensender.
Belarussische Studentin Viktoria Grudinskaja mit Kuckuck in der Hand | © Friederike Herzog © Friederike Herzog
Studentin Viktoria Grudinskaja

Sowohl in Bayern als auch in Belarus sollte in der Brutsaison 2014 von Ende April bis Anfang Juli jeweils 8-10 Kuckucke mit zusätzlichen Sendern ausgestattet werden, um spannende neue Erkenntnisse über die Habitatnutzung, die Wirtsvogelwahl und Nahrungspräferenz der Vögel in Erfahrung zu bringen.

Da wir in beiden Untersuchungsgebieten zeitgleich mit identischen Sendern arbeiten wollten, bestand die optimale Möglichkeit, die Ergebnisse aus Weißrussland mit den bayerischen Ergebnissen zu vergleichen. Im Rahmen des dreijährigen LBV-Kuckuck-Projektes konnte so ein noch größerer Erkenntnisgewinn über Parallelen und Unterschiede erfolgen.

Insgesamt verfügten wir am Ende des Projektes auf einen großen Pool gesammelter Daten zu Brutbiologie und Zugverhalten des Kuckucks. Anhand aller gewonnenen Daten war der LBV und seine Partner in Weißrussland und Großbritannien schließlich in der Lage sein, geeignete Schutzmaßnahmen für die beliebte aber leider auch bedrohte Vogelart zu entwickeln.

Vogel des Jahres Kampagne in Belarus 2014

Der Kuckuck war 2014 der Vogel des Jahres in Weißrussland. Hierzu wurden in Belarus viele Infomaterialien über die bedrohte Art veröffentlicht. Eine Website sollte über das Projekt informieren und eine ähnliche Karte mit den Zugrouten der Satelliten-besenderten Kuckucke aus Belarus zeigen, wie Sie sie vom LBV bereits kennen. Außerdem wurden zahlreiche Aktionen mit Schulklassen durchgeführt, bei denen die Schüler auf spielerische Weise über die Ökologie und Bedrohung des Kuckucks informiert wurden. Zur Rückkehr der bereits 2013 in Belarus besenderten Vögel fand im Frühjahr 2014 des Weiteren eine große Feier statt.

Der LBV hat die Kampagne zum Vogel des Jahres in Belarus mit der Erstellung von Infomaterial unterstützt. Zusätzlich haben einige Aktivisten des APB (unser Partner BirdLife Weißrussland) den LBV besucht, um von den bisherigen Erfahrungen der bayerischen Forscher des Kuckuck-Projekts zu lernen. Vor allem die Satellitentelemetrie von Kuckucken hat in Belarus große Aufmerksamkeit erregt. So haben uns beispielsweise Kamerateams von mehreren Sendern bei der Feldarbeit begleitet. Die entsprechenden Berichte wurden in den Hauptnachrichten beider staatlicher Sender ausgestrahlt (Sender 1, Sender 2), wodurch ein Großteil der Bevölkerung von Belarus von unseren Bemühungen zum Schutz des Kuckucks erfahren hat.

Norbert Schäffers Bericht über internationale Zusammenarbeit

Ländliches Weißrussland, man sieht nur wenige alte Häuser | © Norbert Schäffer © Norbert Schäffer
Ländliches Weißrussland

Während seiner Zeit bei RSPB in England besuchte unser aktueller Vorsitzender Dr. Norbert Schäffer das internationale Kuckuck-Projekt in Weißrussland. Hier ist sein Bericht:

Der Kuckuck gilt gemeinhin als eine unserer bekanntesten Vogelarten. Tatsächlich wissen wir über diese Vogelart aber recht wenig. Dies trifft insbesondere zu für die zehn Monate von Ende Juni bis Ende April, in denen der Kuckuck sich nicht im Brutgebiet aufhält.

Fest steht, dass die Bestände des Kuckucks in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen haben, in ganz Europa nach Angabe des European Bird Census Council (EBCC) zwischen 1980 und 2011 um insgesamt 16%. In Großbritannien ist der Kuckuck alleine zwischen 1995 und 2010 um 49% zurückgegangen.  Der entsprechende Wert für Deutschland liegt für den Zeitraum der letzten 20 Jahre bei ungefähr 30%. Der LBV beobachtet diese Entwicklung bereits seit geraumer Zeit mit Sorge und fordert die Bevölkerung bereits seit einigen Jahren auf, alljährlich Erstbeobachtungen von Kuckucken im Brutgebiet an den LBV zu melden.

Im Jahr 2013 intensivierte der LBV seine Arbeit am Kuckuck und initiierte ein internationales Projekt mit dem Ziel, die Zugwege bayerischer und weiter östlich in Europa lebender Kuckucke zu erforschen. Finanziell gefördert wird das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und zahlreichen privaten Spendern. Kuckucke wurden im Frühjahr 2013 im Donautal unterhalb von Regensburg sowie im Süden von Belarus (Weißrussland) mit Satellitensendern ausgestattet und ihr Zug in die Überwinterungsquartiere und zurück ins Brutgebiet verfolgt.

Der LBV hat intensiv darüber berichtet. Gleichzeitig wurden vom British Trust for Ornithology (BTO) Kuckucke in Großbritannien besendert. Die durch den Vergleich der Situation in den verschiedenen Ländern gewonnenen Erkenntnisse sollen dabei helfen, die Ursachen für den Rückgang des Kuckucks zu ergründen und Schutzmaßnahmen zu entwickeln.

Neues aus der Kuckuck-Forschung

Künstlich gebastelter Kuckuck-Lockvogel | © Carola Bria © Carola Bria
Vor dem Besendern werden die Kuckucke mit solch einer Attrappe angelockt

Kuckucke fängt man am besten früh am Morgen oder spät am Abend, wenn in der Regel der Wind nachlässt und die Netze weniger auffällig sind. Ein paar Netze, ein Tonband, eine Vogelattrappe und schon kann es losgehen. Wir waren bereits im Morgengrauen unterwegs, wenn noch immer Sprosser das Vogelkonzert bestimmen. Zwischen den Fangaktionen am Morgen und am Abend hatten wir ausgiebig Gelegenheit, die bisherigen Ergebnisse zu diskutieren und neue Ideen auszubrüten. Ich finde es ausgesprochen aufregend mitzuerleben, wie sich unser Bild von der Biologie und Ökologie des Kuckucks entwickelt.

Anders als noch vor wenigen Jahren wissen wir heute, wo Kuckucke aus Großbritannien, Süddeutschland und dem Süden von Belarus überwintern, auf welchen Wegen und wie schnell sie dorthin ziehen, wir erkennen die Wichtigkeit von Schutzgebieten für die Vögel gerade auf dem Zug, aber auch im Winterquartier. Wir fangen an zu verstehen, dass der Rückzug aus dem Winterquartier wohl durch Regenfälle in Westafrika ausgelöst wird, dass die Verlustraten auf dem Herbstzug bedenklich sind und dass die Sterblichkeit der Altvögel im Brutgebiet als Erklärung für den Bestandsrückgang wohl nicht in Frage kommt.

All diese Ergebnisse sollen bei einem internationalen Workshop im September 2014 in Belarus mit Experten aus zahlreichen Ländern diskutiert werden. Sich einige Tage „voll und ganz auf ein Thema einzulassen“, Feldarbeit, aber auch intensive Diskussionen von Daten und Ideen, sich bewusst zu sein, dass wir heute über Fachwissen für den Schutz des Kuckucks verfügen, welches wir vor ein paar Jahren noch nicht hatten, und Fragen für die Zukunft zu formulieren, all das ist schon etwas sehr Besonderes. Das Ganze in einer Umgebung, die von Leben gerade im Mai nur so strotzt, wo Wendehals, Wachtelkönig, Weißstorch und Wolfsspuren genauso selbstverständlich sind wie Baumfalke, Birkhuhn und Blindschleiche – das erinnert auch daran, was wir an anderer Stelle bereits verloren haben. Dazu gehören dann auch Maikäfer, die sich zu Dutzenden am Abend in den Netzen verfangen.

Durch die Satellitentelemetrie ergibt sich nach und nach ein Bild, aus dem wir Rückgangsursachen analysieren und Schutzmaßnahmen ableiten können. Ich finde es ausgesprochen spannend, „live“ mitzuverfolgen, wie sich unser als Grundlage für den Schutz des Kuckucks entscheidendes Wissen entwickelt. Diesbezüglich haben wir in den vergangenen beiden Jahren einen großen Sprung gemacht – und dennoch können wir noch immer nicht sicher sagen, ob die Ursachen für den Rückgang des Kuckucks im Brutgebiet oder doch in den Durchzugs- und Überwinterungsquartieren zu finden sind.

Mit jedem Monat, den wir unsere Kuckucke verfolgen, kommen wir der Beantwortung dieser Frage einen Schritt weiter – und der LBV steht im Zentrum für die Schutzbemühungen für unsere Kuckucke, genau dort, wo er auch hingehört.

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