Ein aktueller Überblick über unsere anderen ausgewilderten Bartgeier
Weite Reisen, ein erfreuliches Zusammentreffen und aktuelle Meldungen

Auch wenn der Fokus momentan natürlich auf unseren beiden neuen Jungvögeln liegt, wollen wir die letzten Monate unserer bereits ausgeflogenen Bartgeier zusammenfassen. Es gibt einige beeindruckende Zahlen und Reiserouten, ein erfreuliches Zusammentreffen und aktuelle Bilder zu zeigen.
Westliche Orientierung dreier Vögel

Momentan halten sich drei unserer in Berchtesgaden ausgewilderten Bartgeier weiter entfernt in den Schweizer bzw. Italienischen Alpen auf. Dagmar fliegt aktuell nahe des Griespasses im oberen italienischen Formazzatal an der Grenze zur Schweiz und auch Sisi erkundet seit einigen Wochen die Schweizer Berge, nachdem sie bereits länger in den Allgäuer und Lechtaler Gebirgstöcken unterwegs war.
Seit einigen Wochen treibt Nepomuk sich in einem für Bartgeier sehr interessantem Gebiet herum: Im Grenzgebiet zwischen dem Schweizer Nationalpark und dem in Südtirol gelegenen Nationalpark Stilfserjoch.
Eine erfreuliche Meldung und ein besonderes Treffen

Sisi konnte Ende April erfreulicherweise von einer unserer ehemaligen Bundesfreiwilligendienstleistenden im Lechtal beobachtet und fotografiert werden (s. Foto). Danach flog sie Mitte Mai weiter nach Westen, zunächst Richtung Engelberg und Grindelwald und schließlich ins Gasterntal, wo sie sich einige Tage aufhielt.
Zufällig war auch Dagmar zu der Zeit in der Nähe unterwegs – und so kam es, dass sich die zwei Bartgeier-Damen am Morgen des 20. Mai im Engstligental trafen. Obwohl sich die beiden vorher noch nie begegnet waren, erkannten sie möglicherweise einige Gemeinsamkeiten, Dagmar folgte Sisi Richtung Süden - ab der Haute-Savoie flogen sie zusammen weiter, vorbei am Mont-Blanc ins Naturschutzgebiet Contamines-Montjoie.
Am nächsten Mittag trennten sie sich wieder, Sisi zog es ins italienische Aostatal und anschließend zurück in die Berner Alpen, wo sie aktuell meist zwischen Kiental und Sefinental zu finden ist. Dagmar blieb noch eine Weile in der Gegend, bevor sie entlang der Schweizer-Italienischen Grenze wieder Richtung Nordosten flog. Sowohl Dagmar als auch Sisi wurden bereits öfter in Gesellschaft anderer Bartgeier beobachtet, dass sich ausgerechnet zwei Berchtesgadenerinnen in Frankreich treffen, ist jedoch ein außergewöhnliches Ereignis. Beide Bartgeier haben sich bestens in verschiedenen Bereichen der Alpen etabliert und erkunden weiter neue und vertraute Regionen.
Vielflieger Nepomuk

Nepomuk hat ja durch seine Reiselust im Frühjahr für Aufmerksamkeit gesorgt. Dankenswerterweise erhielten wir von dort über das Bartgeiernetzwerk auch einige Meldungen und Fotos.
Auch in den darauffolgenden Monaten bekräftigte Nepomuk seinen Ruf als Vielflieger und legte schier unglaubliche Strecken zurück. Seine Routen führten ihn quasi in alle entgegengesetzten Ecken des Alpenbogens: Slowenien und Friaul im Südosten, Ybbstaler Alpen im Osten (Grenze Niederösterreich und Steiermark) oder der Süden des schweizerischen Kantons St. Gallen im Westen waren die jeweils äußersten Eckpfeiler.

Bei ihm sind vor allem die teilweise weiten Flugstrecken am Stück beeindruckend.
Er kam schon auf Distanzen von 640 km in 24 Stunden (wobei er nur bei Tageslicht geflogen ist) und in dem Zeitraum vom 05.05. bis zum 15.05. flog er über 1.500 km (da die Darstellung bei längeren Zeiträumen und bei hoher Positionsdichte stark reduziert wird, kann man hier vermutlich von einer zusätzlich um 30 bis 50-prozentig erhöhten Distanz ausgehen).
Nepomuk erkundet wichtige Bartgeiergebiete

Seit einigen Wochen treibt er sich in einem für Bartgeier sehr interessantem Gebiet herum: Im Grenzgebiet zwischen dem Schweizer Nationalpark und dem in Südtirol gelegenen Nationalpark Stilfserjoch. Beide Regionen haben wichtige Beiträge zur Rückkehr der Bartgeier in den Alpen geleistet: Im Marteller Schludertal im Nationalpark Stilfserjoch wurden von 1990 bis 2000 Bartgeier ausgewildert, im Schweizer Nationalpark wurden von 1991 bis 2007 insgesamt 26 Jungvögel freigelassen. Innerhalb der Schutzgebiete aber auch im Umfeld gibt es mehrere erfolgreich brütende Bartgeierreviere. Nepomuk wird hier also mit einigen Artgenossen Bekanntschaft machen.
Recka fliegt in den Hohen Tauern

Auch Dagmars Gefährtin Recka geht es sehr gut, mittlerweile hat sie sich weiträumig rund ums Großglockner-Gebiet eingerichtet und pendelt dort zwischen Kärnten und Osttirol. Anfang Mai wurde sie in Gesellschaft eines jungen Wildvogels nahe der Glockner-Gruppe beobachtet und glücklicherweise sogar gefilmt.
Leider gab es keine weiteren Meldungen zu den beiden Bartgeiern, daher wissen wir nicht, wie lange sie mit dem vermutlich 2023 wildgeschlüpften Jungvogel zusammen unterwegs war.
Dass Recka gesellig ist, hat sie uns schon öfter gezeigt, im März und April stattete sie ihrer Artgenossin Bavaria einen Besuch ab und verbrachte vier Wochen in ihrem altbekannten Terrain im Tennen- und Hagengebirge. Dabei streifte sie das Nationalpark-Gebiet rund um den Königssee und traf auch Nepomuk wieder, der sich zu der Zeit ebenfalls in der Region aufhielt. Recka und Nepomuk waren sich im letzten Jahr bereits mehrfach begegnet - zum ersten Mal in der Halsgrube, danach fanden sie auch in den Hohen Tauern gelegentlich zusammen, bevor sie nun einige Tage gemeinsam das Blühnbachtal beflogen.
Bavaria zeigt Anzeichen beginnender Sesshaftigkeit nahe des Auswilderungsgebietes

Bavaria ist nun schon seit längerem im Salzachtal heimisch – grob gesagt zwischen den weiten Tälern und dem Hochplateau des Hagengebirges und dem Tennengebirge.
Hier kennt sie sich aus, hat zeitweise zusammen mit Recka, Nepomuk und – wie wir zu unserer Freude im Herbst-Winter 2023 beobachten konnten – auch einem unbekannten immaturen Bartgeier zusammengelebt.
Möglicherweise hat sie ihre Explorationsphase bereits abgeschlossen und sich dazu entschlossen hier zu bleiben. (Es gibt allerdings Beispiele aus anderen Projekten, in denen subadulte Bartgeier nach mehreren Jahren Standortstreue dann doch noch in eine weit entfernte Region geflogen sind und dortblieben). Die Tatsache, dass sie in unmittelbarer Nähe der Auswilderungsregion scheinbar sesshaft geworden ist, interpretieren wir aber als äußerst positives Zeichen.
Bavaria taucht ab und zu auch innerhalb der Nationalparkgrenzen auf

Sie befliegt vor allem bestimmte Bereiche im Tennengebirge und scheint mit den dortigen Steinadlern recht gut auszukommen. Jedenfalls kann man sie des Öfteren in verhältnismäßig neutraler bis friedlicher Art und Weise zusammen kreisen sehen.
Seit einigen Wochen hält sie sich häufig in den südöstlichen Teilen des Hagengebirges auf und zieht von dort aus ihre Kreise auch erfreulicherweise im Nationalparkgebiet.
Immer wieder sind wir auch unterwegs und versuchen direkte Beobachtungen zu erlangen. Dankenswerterweise erreichen uns aber auch ab und an Sichtungen von ihr. Erst gestern erhielten wir eine tolle Meldung aus dem Bereich des nördlichen Steinernen Meeres, gerade noch innerhalb der Nationalparkgrenze.
Gleichzeitig arbeiten wir in verschiedenen Richtungen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und mögliche Gefährdungen in der Region zu minimieren.
Spannung über den weiteren Werdegang unserer Bartgeier

Wir sind sehr gespannt, wie die Entwicklung aller unserer Bartgeier weitergeht und beobachten alle jeweiligen Situationen sehr aufmerksam.
Deshalb freuen wir uns natürlich auch immer sehr über Meldungen, die auch aufgrund bestehender Senderlücken, Beschreibungen von Verhaltensweisen und Veränderungen des Aussehens ungeheuer wertvoll sind.
Silke Moll und David Schuhwerk
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von David Schuhwerk,