Zu Gast in Bayern - Wintergäste aus dem Norden

Diese Vögel aus Nordeuropa besuchen uns im Winter

Unsere Brutvögel sind im Süden, während nur unsere Standvögel zurückbleiben? Falsch gedacht. Besonders im Winter tut sich bei unseren Vögeln mehr als man denkt. Der Vogelzug endet nicht immer nur im warmen Süden, sondern auch direkt bei uns. Im Winter kommen vermehrt Vögel aus kälteren Regionen Europas zu uns, um hier den Winter zu verbringen. Bergfink, Erlenzeisig und in manchen Jahren auch der seltenere Seidenschwanz ziehen aus dem hohen Norden oder aus den Wäldern in den Siedlungsraum nach Bayern. Wir zeigen Ihnen die häufigsten Wintergäste aus Nordeuropa.

Seidenschwanz frisst eine Beere | © Josef Baumgartner © Josef Baumgartner
In manchen Jahren können die exotisch anmutenden Seidenschwänze sogar invasionsartig in Bayern einfliegen

Der Seidenschwanz (Bombycilla garrulus)

Drei Seidenschwänze an Beerenstrauch | © Andreas Richter © Andreas Richter

Der Seidenschwanz ist nur Wintergast, er brütet nicht in Bayern, weswegen man sie nur im Winter bei uns sehen kann. In Finnland und Schweden werden je 5000 Brutpaare geschätzt. Wenn in der Heimat die Ebereschenbeeren knapp werden, fallen sie manchmal invasionsartig bei uns ein. Dann sitzen Trupps dieser farbenfrohen, exotisch wirkenden Vögel in Wildobst- oder Beeren und Misteln tragenden Bäumen.

Sie sind etwa Amsel große, kompakte Vögel mit kurzem Schnabel und Schwanz. Ihr Gefieder ist bräunlich-beige mit einem auffallend gelb-weißem Flügelmuster und einem gelben Schwanzende. Charakteristisch sind der rostbraune, spitze Federschopf am Kopf und die schwarze Augenmaske.

Sein Gesang ist ein hohes, feines Sirren, wie eine kleine Klingel als Kontaktruf vor dem Abfliegen des Schwarmes, manchmal auch ein gedämpftes, quäkendes Rätschen.

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Der Bergfink (Fringilla montifringilla)

Bergfink sitzt auf dornigem Hagebuttenzweig im Winter | © Zdenek Tunka © Zdenek Tunka

Bergfinken leben im Norden Europas, z. B. in Norwegen, Schweden oder Finnland. Da Deutschland reich an Buchenwäldern ist und der Bergfink sich im Winter auf Bucheckern spezialisiert hat, besucht er uns im Winter oft in Massen. Manchmal treten Bergfinken in solchen Schwärmen auf, dass unter ihrem Gewicht Äste abbrechen können!

Das attraktive Männchen hat einen glänzenden tief blauschwarzen Kopf und ist durch das Orange von Kinn, Kehle, Brust und Schultern unverwechselbar. Beim Weibchen ist der Oberkopf und der Vorderrrücken beige, das Orange jedoch leuchtender.

Im Winter schließen sich Bergfinken mit zuhause gebliebenen Buchfinken zusammen. Typisch sind Massenschlafplätze mit tausenden Finken, denen sich kein Feind unbemerkt nähern kann.

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Die Rotdrossel (Turdus iliacus)

Rotdrossel auf Ast, guckt nach rechts | © Markus Glässel © Markus Glässel

Die Rotdrossel brütet in Nord- und Osteuropa und überwintern in Südeuropa, in Nordafrika und in Mitteleuropa. Sie ist ein Charaktervogel nordeuropäischer Nadel- und Fjällbirkenwälder bis in die Weidezone und kommt auch in Kulturland und Parks vor. Auch in Deutschland verbringen die Vögel den Winter.

Sie ist kleiner als eine Amsel und von etwas kompakterer Gestalt (knapp singdrosselgroß), recht kurzschwänzig und mit ziemlich großem Kopf. Die Oberseite ist einfarbig dunkelbraun, während die Unterseite weißlich mit dunklen Streifen ist. Die rostroten Flanken sind auch beim sitzenden Vogel in der Regel sichtbar und fallen beim fliegenden Vogel auf. Charakteristisch ist auch der breite weiße Überaugenstreif.

Verwechslungsgefahr besteht mit der heimischen Wacholderdrossel, mit der sie sich im Winter gern in Trupps zusammenschließt. Wenn Sie im Winter also mal einen Schwarm Wacholderdrosseln entdecken, schauen Sie genau hin: Vielleicht finden Sie auch ein oder mehrere Rotdrosseln darunter.

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Der Raubwürger (Lanius excubitor)

Raubwürger | © Rosl Rößner © Rosl Rößner

Der Raubwürger ist ein trauriges Beispiel für eine Art, der man in Bayern gerade „beim Aussterben zuschauen“ kann. Einst ein recht häufiger Brutvogel bei uns, gibt es laut Atlas der Brutvögel in Bayern gerade noch 45-55 Brutpaare, Tendenz fallend. Auch in der Roten Liste Bayerns wird er in der höchsten Gefährdungskategorie „vom Aussterben bedroht“ geführt (in der Roten Liste Deutschland: „stark gefährdet“). 

Raubwürger sind fast auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet, wobei sich Lebensraum und Lebensweise zwischen Nord- und Südeuropa unterscheiden können. Im Winter kommen einige skandinavischen Exemplare zu uns nach Bayern und überwintern hier.

Beim Raubwürger handelt es sich um einen großen grauen Vogel mit schwarzer Maske, der dem Neuntöter sehr ähnlich sieht. Verwechseln kann man die beiden kaum, da sich Neuntöter im Winter im Süden aufhalten. Weiterhin kennzeichnend sind ein großes weißes Flügelfeld sowie ein langer, rautenförmiger Schwanz mit weißem Rand. Das Männchen kann durch eine kräftigere Färbung und einen vollständig dunklen Schnabel vom Weibchen unterschieden werden.

Die Kornweihe (Circus cyaneus)

Kornweihe im Flug | © Zdenek Tunka © Zdenek Tunka

In unserer Region sind Kornweihen seltene, aber regelmäßige Wintergäste. Man kann sie bei uns auf Feldern, Wiesen oder Brachland bei der Jagd nach Mäusen beobachten. Das Fünfseenland (die zum Alpenvorland gehörige oberbayerische Region zwischen Ammersee und Starnberger See) hat sich beispielsweise zu einem wichtigen Überwinterungsgebiet entwickelt. 

Die Kornweihe stammt aus der Familie der Habichtverwandten (Accipitridae). Sie zählt zu den seltensten Brutvögeln in Deutschland und wird auf der Roten Liste Deutschland in der Kategorie 1 – vom Aussterben bedroht – geführt. Im Wesentlichen brütet sie in Deutschland noch auf den friesischen Inseln.

Die Kornweihe ist ein schlanker, bussardgroßer Greifvogel. Die Geschlechter sind sehr unterschiedlich gefärbt. Das Männchen ist auf der Oberseite blaugrau, es hat einen weißen Bürzelfleck und schwarze Flügelspitzen. Das Weibchen ist bräunlich gefärbt, hat ebenfalls einen weißen Bürzelfleck, sowie eine kräftige Bänderung auf Flügel und Schwanz. Typisch ist beim Flug der hin- und her gaukelnde niedrige Gleitflug mit v-förmig gehaltenen Flügeln.

Verwechseln könnte man sie mit Wiesen- und Rohrweihe, allerdings sind beide Arten im Winter nicht bei uns.

Der Singschwan (Cygnus cygnus)

Zwei Singschwäne auf einer Wiese | © Markus Glässel © Markus Glässel

Der Singschwan ist in etwa so groß wie der bei uns sehr häufig vorkommende Höckerschwan, ähnelt aber mit dem gelb-schwarzen Schnabelmuster äußerlich deutlich mehr dem Zwergschwan. Er brütet vor allem in Skandinavien und Russland, mittlerweile jedoch auch an wenigen Orten in Deutschland. Den Winter verbringt er regelmäßig an Ost- und Nordseeküste sowie großen Binnengewässern Norddeutschlands, aber auch bei uns in Bayern. Er ist deutlich scheuer als der Höckerschwan.

Ein erwachsener Singschwan ist in etwa so groß wie der Höckerschwan und besitzt ein weißes Gefieder, wobei der Kopf und der Hals auch häufig schmutzig rostfarben sind. Sein Hals ist lang und häufig sehr gerade. Der Schnabel ist keilförmig und die Schnabelspitze ist schwarz. Außerdem ist der Singschwan ein sehr stimmfreudiger Vogel, sein Ruf ist laut und trompetend.

Wenn Sie Schwäne entdecken, schauen Sie mal genau hin: Handelt es sich ausschließlich um Höckerschwäne oder ist vielleicht auch ein Singschwan darunter?

Die Blässgans (Anser albifrons)

Blässgans auf einem Feld | © Markus Glässel © Markus Glässel

Die Blässgans aus dem hohen Norden ist nur als Rastvogel vor allem im Herbst und im Winter bei uns zu Gast. Sie ist dann auf dem Durchzug oder bleibt in milden Wintern auch bei uns in Bayern. Man sieht sie meistens in langen Ketten am Himmel ziehen oder in Gruppen auf Wiesen und Feldern fressen.

Die Blässgans ist mittelgroß, mit orangefarbenen Beinen. Am Schnabelansatz hat sie eine weiße Blässe bis zur Stirn, am Bauch eine dunkle Bänderung oder Flecken. Die Blässe entsteht im ersten Winterkleid. Der Schnabel ist mattrosa, später auch rosaorange. Am Rücken ist das Gefieder einfarbig braungrau.

Verwechslungsgefahr besteht mit der heimischen und häufig vorkommenden Graugans. Sie ist allerdings etwas kleiner und durch die weiße Blässe am Schnabelansatz sehr gut von der Graugans zu unterscheiden.

Zum Blässgansportrait

Weitere (seltenere) Wintergäste

Auf Bayerns Seenlandschaft findet man im Winter unter unseren heimischen Enten und Tauchern auch ab und nordische Wasservögel. Oft sind sie nicht gut zu erkennen, da sie in ihrem Winterkleid (auch Schlichtkleid genannt) manchmal unseren heimischen Vögeln ähneln. Es lohnt sich, die vielen Wasservögel einmal genau zu betrachten. Vielleicht ist ja doch ein Gast darunter.

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