Wally & Bavaria erobern die Lüfte

Flugübungen der ersten deutschen Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden – Kontakt mit den lokalen Steinadlern

Nach ihren erstmaligen Flügen am 08. und 12. Juli werden die beiden Bartgeier Wally und Bavaria zunehmend sicherer in ihrem neuen Element. Waren die ersten Tage nach Verlassen der Felsnische von nur wenige Sekunden dauernden Gleitflügen geprägt, lassen sich beide Geier nun vereinzelt bereits in Aufwinden hinauf in die Gipfelregionen ziehen.

Wally, oben, und Bavaria im Flug | © Richard Straub © Richard Straub
Wally (oben) und Bavaria im Flug

Starkregenfällte und Begegnungen mit Steinadlern sind die Herausforderungen der ersten Tage in Freiheit

Die starken Regenfälle der letzten Wochen haben die beiden gut überstanden, auch wenn gerade Bavaria dem Bartgeierteam den Puls höher schlagen ließ. „Sie saß oft für längere Zeit in einer steinschlaggefährdeten Felsspalte, das hat uns gerade bei dem Starkregen ziemliche Sorgen gemacht“, erklärt Bartgeierexperte und LBV-Projektleiter Toni Wegscheider.

Die Nässe an sich macht den beiden Giganten der Lüfte jedoch kaum etwas aus. „Während sich manche Greifvögel nur schlecht mit nassem Gefieder fortbewegen können, ist es wirklich erstaunlich, wie gut ein nasser Bartgeier fliegen kann.

Auch Konflikte mit benachbarten Steinadlern finden nun alle paar Tage statt, die aber völlig normal sind und keinen Anlass zur Sorge geben.

Zwei soziale Einzelgänger

Wally im Flug | © Michael Wittmann © Michael Wittmann
Wally im Flug

„Die Bindung der beiden jungen Bartgeier zueinander ist dabei bemerkenswert“, freut sich Projektberater und einer der erfahrensten Bartgeierexperten Europas Michael Knollseisen. Der Experte aus Österreich hat schon Dutzende von Bartgeiern bei Auswilderungen begleitet.

Nur sehr selten entwickeln die einzelgängerischen Vögel dabei ein solch gutes Verhältnis wie Wally und Bavaria, die auch seit dem Ausflug meist die Nähe der anderen suchen, gemeinsam fliegen, fressen und nebeneinander schlafen.

Auf der Webcam in der Auswilderungsnische sind beide Bartgeier dabei weiterhin regelmäßig aus nächster Nähe und auf ihren Flügen zu beobachten.

Noch wird regelmäßig Futter ausgelegt

Toni auf dem Weg zur Geierfütterung | © Richard Straub © Richard Straub
Toni auf dem Weg zur Geierfütterung

Da Bartgeier in der Natur in diesem Entwicklungsstadium noch von den Eltern mit Futter versorgt werden, ist das Betreuungsteam von Nationalpark Berchtesgaden und LBV weiterhin auch mit dem Nahrungstransport beschäftigt.

„Wir legen gezielt Futter in Felsrinnen und auf Schuttfelder aus, wo auch unter natürlichen Bedingungen Kadaver in der Regel zu finden sind“, erklärt der Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Die Knochen werden bis in den Herbst hinein regelmäßig im Umfeld der Auswilderungsnische platziert, auch wenn beide Geier das Gebiet schon verlassen haben sollten. „Damit ist sichergestellt, dass sie auch bei ausbleibendem Glück bei der Nahrungssuche noch längere Zeit auf einen Happen zu uns zurückkehren können“, so Brendel.

Flugübungen und Luftkämpfe mit Steinadlern

Bavaria im Flug | © Michael Wittmann © Michael Wittmann
Bavaria im Flug

Die Beobachter von LBV und Nationalpark sind derzeit weiterhin täglich von früh bis spät und bei jedem Wetter vor Ort, um die Flugübungen der beiden Geier verfolgen und dokumentieren zu können. Mittlerweile kommt es dabei auch gelegentlich zu Begegnungen, die für Mensch und Tier gleichermaßen aufregend sein dürften. „Unfriedliche Kontakte mit den lokalen Steinadlern ereignen sich jetzt alle paar Tage“ erklärt LBV-Projektleiter Toni Wegscheider.

„Vor allem die draufgängerische Wally lässt sich immer wieder auf Luftkämpfe mit den Adlern ein, die sie bisher bei einem einzelnen Gegner jedes Mal ‚gewonnen‘ hat. Einem Gegenangriff des örtlichen Adlerpaares konnte sie sich dann aber nur durch Flucht hinter den nächsten Berg entziehen“, so Wegscheider.

Auseinandersetzungen zwischen Steinadler und Bartgeier sind im Alpenraum völlig normal und enden bis auf sehr seltene Ausnahmen stets glimpflich. Die beiden nach der Ausrottung des Bartgeiers nun seit über 100 Jahren entfremdeten Arten müssen sich in nächster Zeit neu „zusammenraufen“, was durch die Jahrtausende alte Koexistenz aber von der Natur so eingerichtet ist.

Bartgeier-Führungen bis Ende August buchbar

Noch bis mindestens Ende August haben Interessierte die Möglichkeit, Wally und Bavaria bei ihren Übungsflügen im Klausbachtal zu beobachten. Solange zumindest ein Bartgeier regelmäßig vor Ort ist, bietet der LBV jeden Dienstag um 9 Uhr an der Nationalpark Infostelle Hintersee kostenlose Führungen zu den Geiern an. Um Anmeldung unter wird gebeten.

Auch auf den jeden Donnerstag um 10 Uhr von gleicher Stelle aus stattfindenden Adler- und Geierführungen des Nationalparks hat man gute Chancen, einen der großen Greife am Himmel zu entdecken.

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© Ralph Sturm

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