Feuerwerk stresst die Natur: LBV fordert ein Umdenken an Silvester
Vögel leiden unter lauter Knallerei – mit Rücksicht auf Wildtiere den Jahreswechsel feiern
Ein Feuerwerk mit zischenden Raketen, bunten Feuerrädern und krachenden Böllern gehört für viele Menschen an Silvester dazu, um den Beginn des neuen Jahres zu feiern. Doch aktuelle Umfragen zeigen, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung private Feuerwerke ablehnt oder sich Einschränkungen wünscht. Nicht ohne Grund, denn Feuerwerke führen zu hohen Feinstaubbelastungen und enormen Abfallmengen, auch noch lange Zeit später in Form von Mikroplastik. Die laute Knallerei und die Lichtreflexionen haben auch Auswirkungen auf die Natur und ihre Bewohner.
© Dr. Olaf Broders
„Bei Wildtieren löst der heftige unerwartete Lärm einen Fluchtreflex aus. Sie brauchen dann sehr lange, um wieder zur Ruhe zu kommen. Die nächtliche Unruhe kostet sie wertvolle Energie, die sie gerade in langen, kalten Winternächten zum Überleben brauchen“, erklärt LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson. Wir fordern deshalb private Silvesterfeuerwerke auf Kleinstfeuerwerke, wie Knallerbsen, Wunderkerzen, Bodenwirbel und Eisfontänen zu beschränken. Diese haben eine begrenzte Lautstärke und reduzieren so den Stress für die Natur. Silvesterfeuerwerke der Kategorie 2 und höher sollten auf zentral organisierte Veranstaltungen von Städten und Gemeinden beschränkt sein.
„Vögel reagieren heftig auf Böller und Raketen. Sie fliehen in große Höhen von mehreren hundert Metern, landen für lange Zeit nicht und kehren nur zögerlich zu ihren Rast- und Schlafplätzen zurück“, sagt Angelika Nelson. Wenn Vögel in Schwärmen in großer Panik flüchten, können sie gegen Glasscheiben oder in der Dunkelheit nicht sichtbare Hindernisse prallen. Viele Vögel aus dem Norden überwintern derzeit an bayerischen Gewässern. „Wasservögel reagieren auf Feuerwerk noch in vier bis sieben Kilometern Entfernung mit Flucht. Zu Schutzgebieten für Wildtiere sollte man grundsätzlich mit lauten Geräuschen Abstände von mindestens zwei Kilometern einhalten“, erklärt Angelika Nelson. So wie in der Nähe von Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen keine Raketen oder Böller gezündet werden dürfen, sollte es aus Sicht des LBV auch zum Schutz der Wildtiere ein Feuerwerks-Verbot in einem Abstand von mindestens zwei Kilometern zu EU-Vogelschutzgebieten, Naturschutzgebieten und FFH-Gebieten sowie mindestens vier Kilometern zu Kranich- und Gänseschlafplätzen geben.
Feuerwerke stören auch Fledermäuse, Eichhörnchen und Co.
© Andreas Harl
Auch andere Wildtiere wie Eichhörnchen, Biber oder Rehe werden durch den starken Lärm gestresst. Sie können sich genauso wenig wie Vögel an Feuerwerke nicht gewöhnen oder anpassen, da diese völlig unvorbereitet und plötzlich auftreten. Zum Vergleich: Gewitter sind auch mit lautem Donner und leuchtenden Blitzen verbunden, doch dieses natürliche Wettergeschehen entwickelt sich langsam und geht mit Wetterleuchten, fernem Donnergrollen, Windböen und einem Luftdruckabfall einher. Tiere können sich hierauf vorbereiten und Schutz suchen. Neben Lärm und Licht beeinträchtigt auch die massive Luftverschmutzung des Feuerwerks durch Feinstaub und Schwermetalle Mensch und Tier. Für Vögel ist Feinstaub schädlich, weil sich dieser im Gefieder der Tiere festsetzt, die isolierende Funktion der Federn beeinträchtigt und die Tiere beim Putzen den Staub zudem aufnehmen.
In der Nähe von Fledermausquartieren darf kein Feuerwerk gezündet werden, weil Störungen dieser Quartiere laut Bundesnaturschutzgesetz verboten sind. Wegen der Waldbrandgefahr muss auch in Waldnähe auf Feuerwerke verzichtet werden. „Selbst öffentliche Grünanlagen und Gärten sind meist keine geeigneten Orte für das Silvester-Feuerwerk, weil sich hier ebenfalls oft unbekannte Schlafplätze von Vögeln oder Überwinterungsquartiere von Fledermäusen und anderen Tieren befinden“, so die LBV-Biologin.
Auf das Silvesterfeuerwerk muss aber nicht komplett verzichtet werden. Wir schlagen vor, dass Städte und Gemeinden zentrale Feuerwerke veranstalten, so dass sich die Störungen auf einen Ort beschränken und die Tiere die Möglichkeit haben, in die nähere Umgebung auszuweichen. Für diese Rücksichtnahme bedanken sich die Vögel im neuen Jahr mit fröhlichem Gezwitscher. Dann können Vogelfreundinnen und Vogelfreunde an ihren Futterstellen wieder Rotkehlchen, Blaumeise und Grünfink in ihren schönsten Farben beobachten.