Falscher Frühling im Dezember: Was das für Bayerns Natur bedeutet

Fledermäuse und Igel erwachen aus dem Winterschlaf – Erste Knospen und Frühblüher zeigen sich

Frühlingsgefühle im Advent: Winterlich fühlt sich dieser Dezember in weiten Teilen Bayerns kaum an. Die Temperaturen klettern tagsüber auf bis zu 10 Grad und fallen auch nachts vielerorts nicht unter den Gefrierpunkt. Das warme Wetter gaukelt der Natur einen Frühling vor und wirkt sich erkennbar auf Tiere und Pflanzen aus: Schneeglöckchen spitzen aus dem Boden, Bäume treiben aus und Vögel zwitschern.

Buchfink | © Ralph Sturm © Ralph Sturm
Von bestimmten Vogelarten zieht nur ein Teil der Population in den Süden. So ein Teilzieher ist der Buchfink.

„Der Jahreszyklus der Tiere orientiert sich stark an der Tageslänge, aber auch drastische Temperaturschwankungen beeinflussen das Verhalten. So kann es passieren, dass mancherorts Igel, Feldhamster und Fledermäuse aus dem Winterschlaf erwachen oder Eichhörnchen ihre Winterruhe unterbrechen“, sagt die LBV-Biologin Christiane Geidel. Der LBV erklärt, welche Auswirkungen das milde Wetter derzeit auf die Natur hat.

Im November war es in großen Teilen Bayerns frostig kalt. Säugetiere wie Igel, Siebenschläfer und Feldhamster haben mit ihrem Winterschlaf begonnen, Eichhörnchen und Dachs mit der Winterruhe. „Der deutliche Temperaturanstieg kann jetzt dazu führen, dass die Tiere wieder aufwachen. Dabei verbrauchen sie viel Energie und finden kaum Nahrung. Wenn erneut Frost einsetzt, können einige sterben, weil sie geschwächt sind oder ihre Reserven bereits verbraucht haben“, berichtet die LBV-Biologin.

Milde Temperaturen stören den Winterschlaf

Igel | © Peter Bria © Peter Bria
Igel könnten bei milden Temperaturen aus dem Winterschlaf erwachen.

Selbst Tiere, die den Winter in Höhlen verbringen, bleiben von den Veränderungen nicht verschont. Bei milden Temperaturen ab etwa 5 Grad Celsius können Fledermäuse kurzzeitig aktiv werden und ausfliegen. Das schadet ihnen nicht grundsätzlich. Doch wachen sie häufiger auf, kostet das Fliegen zu viel Energie und kann im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein. „Der Winterschlaf ist eine wichtige Ruhephase für viele Tiere. Die Entwicklung der kommenden Jahre wird zeigen, wie sich solche Störungen auf Lebensdauer und Fortpflanzungserfolg der Tiere auswirken“, so Christiane Geidel. Wer eine erschöpfte Fledermaus findet, sollte sie vorsichtig mit Handschuhen oder einem Tuch anfassen, in einen gut belüfteten Karton an einen kühlen, sicheren Ort setzen und die Fledermaus-Koordinationsstelle kontaktieren.

Auch Amphibien können bei milden Temperaturen kurzfristig aktiv werden. „Kröten, Frösche und Molche nähern sich dann ihren Laichgewässern, ziehen sich aber bei erneut einsetzender Kälte in geeignete Verstecke zurück. Ihr Verhalten folgt einer inneren Uhr, die neben Temperatur auch Tageslänge und hormonelle Signale einbezieht“, erklärt die LBV-Biologin. Deshalb besteht kein Anlass zur Sorge, dass Amphibien orientierungslos umherirren oder keine Verstecke finden. Trotzdem kann es vereinzelt für die Tiere bei Straßenüberquerungen gefährlich werden, weil die Schutzzäune jetzt im Dezember noch nicht aufgestellt sind.

Auswirkungen auf die Vogelwelt

Die zunehmend milden Winter haben auch Folgen für die Vogelwelt. Immer mehr Vögel, darunter zum Beispiel Weißstorch oder Rotmilan, verzichten auf die gefährliche Reise in den Süden, weil sie hier genug Nahrung finden. Das betrifft auch Singvögel, von denen nur ein Teil der Population in wärmere Gebiete zieht und ein anderer Teil im Brutgebiet bleibt. Dazu zählen Buchfink, Star und Mönchsgrasmücke. Um mehr über solche Entwicklungen zu erfahren, sammelt der LBV Daten bei seiner jährlichen Mitmachaktion „Stunde der Wintervögel“ vom 9. bis 11. Januar sowie im Projekt „Bayerischer Wintervogelatlas“.

Doch milde Winter können auch vermeintliche Gewinner haben: Der Eisvogel zum Beispiel profitiert – entgegen seinem Namen – von warmen Temperaturen. Sind die Winter hart und Gewässer zugefroren, finden diese Vögel keine Nahrung und können sogar verhungern. Dennoch hält der Wechsel der Jahreszeiten die Natur im Gleichgewicht. „In zu warmen Wintern überleben auch die Tiere, die eigentlich zu schwach, krank oder alt sind. Strenge Winter räumen – so hart es klingt – in den Populationen auf und machen diese insgesamt widerstandsfähiger“, betont Christiane Geidel.

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© Frank Derer, LBV-Bildarchiv

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