Franzi und Karlo auf Umwegen: Bayerische Brachvögel in Bella Italia

Satellitentelemetrie-Projekt des LBV dokumentiert die erste Rückreise junger Brachvögel in die Heimat

Nach fast zwei Jahren im Süden sollen fünf besenderte Brachvögel in diesem Frühjahr zum ersten Mal zurück in ihre bayerische Heimat kehren. Der LBV hat die damals nur wenige Monate alten Wiesenbrüter im Jahr 2021 besendert, um mehr über das Leben und die Lebensraumansprüche des Großen Brachvogels zu erfahren. Die Art gilt im Freistaat als vom Aussterben bedroht. Drei der fünf besenderten Jungvögel haben bereits ihre Rückreise angetreten. Anstatt den einfachen und sicheren Weg zurück aus dem Überwinterungsgebiet in Portugal zu wählen, haben die beiden Franzi und Karlo benannten Vögel Umwege eingeschlagen. Die Rückkehr der mit Satellitensendern ausgestatteten Brachvögel nach Bayern können Interessierte unter www.lbv.de/telemetrie-brachvogel live mitverfolgen.

Großer Brachvogel  | © Christoph Bosch © Christoph Bosch
Nur noch etwa 530 Brutpaare des Großen Brachvogels gibt es in Bayern.

Die fünf im Jahr 2021 vom LBV in Bayern besenderten Brachvögel haben nach ihrem damaligen Zug ins Überwinterungsgebiet auch ihr gesamtes erstes Lebensjahr wie üblich im Mittelmeerraum verbracht. Nun da sie geschlechtsreif sind, kehren sie zurück in ihre bayerische Heimat, wo es nur noch rund 530 Brutpaare gibt. Während Franzi inzwischen in Bayern angekommen ist, rastet Karlo noch in Italien. Zwei der Brachvögel befinden sich sogar noch in ihren Wintergebieten und zeigen keinerlei Verhaltensänderung. „Im vergangenen Jahr ist ein junger bayerischer Brachvogel erst Mitte April nach Hause aufgebrochen. Zu dieser Zeit beginnen die Brachvögel im Freistaat normalerweise schon mit der Brut“, so Projektleiterin Verena Rupprecht.

Brachvogel im Flug  | © Tunka Zdenek © Tunka Zdenek
Aus ihren Überwinterungsgebieten ziehen die Brachvögel im Frühjahr zurück nach Bayern.

Wie der LBV dank seines Satellitentelemetrie-Projekts weiß, zieht ein Großteil der bayerischen Brachvögel aus seinen Überwinterungsgebieten in Portugal, Spanien, Marokko und Frankreich nördlich der Alpen nach Osten zurück in die Wiesenbrütergebiete im Freistaat. Auf diesem sicheren Weg ist momentan lediglich der junge Brachvogel Calima unterwegs. Franzi, die sich dieses Jahr als erstes auf den Heimweg gemacht hat, bog von Südportugal kommend auf Höhe der französischen Alpen nach Osten ab. Der Wiesenbrüter flog nördlich von Mailand auf die Schweizer Alpen zu. Auf Höhe des Schweizerischen Nationalparks drehte Franzi um. „Kein Wunder, dass der Vogel scheinbar zum Umkehren gezwungen war: Obwohl der Sensor des Senders direkt am warmen Körper der Vogel sitzt, zeichnete er hier eine Höhe von über 3.000 Metern und Temperaturen um den Gefrierpunkt auf“, erläutert Verena Rupprecht.

Einige Tage verbrachte der Brachvogel dann auf den Wiesen und Feldern nördlich von Bologna. Inzwischen ist Franzi scheinbar gut in Bayern angekommen – sie wurde kürzlich im Königsauer Moor gesichtet. Leider scheint dort der Netzempfang aktuell schlecht zu sein, sodass die neusten Daten noch nicht übertragen werden konnten.

Auch Brachvogel Karlo verschlug es auf Umwegen nach Italien. Er hält sich momentan auf Feldern entlang des Flusses Po auf. Spannend bleibt für die LBV-Biologen, ob er von dort wie Franzi einen erneuten Versuch über die Alpen startet. In Italien brüten für gewöhnlich keine Brachvögel. 

Wichtige Daten für den Wiesenbrüterschutz

Brachvögel können 20 bis 25 Jahre alt werden und haben angestammte Brutplätze, zu denen sie jedes Jahr zurückkehren – häufig auch dann, wenn sich der Lebensraum deutlich verschlechtert. Weil die jungen Brachvögel das erste Mal in ihre bayerischen Brutgebiete zurückkehren, liefern sie bedeutende Daten für den Wiesenbrüterschutz.  „Wir werden genau hinschauen, wo sich unsere besenderten Brachvögel nun niederlassen. Wenn wir lernen, welche Faktoren für die Wiesenbrüter bei der Revierwahl ausschlaggebend sind, können wir ihren bedrohten Lebensraum gezielt fördern“, erklärt Verena Rupprecht.

Hintergrundinformationen

Der Große Brachvogel benötigt zur erfolgreichen Aufzucht seiner Küken weiträumige, extensive Wiesen mit vielen Insekten und Würmern sowie möglichst wenig Störungen. Mehrere Faktoren, wie die Intensivierung der Landwirtschaft, Druck durch Fressfeinde und die steigende Freizeitnutzung in der Natur, führen jedoch zu starken Bestandseinbrüchen bei dem Wiesenbrüter mit dem markanten, langen Schnabel. Um die Lebensraumbedürfnisse der seltenen Vögel genauer zu analysieren, gibt es seit 2017 ein Satellitentelemetrie-Projekt des LBV in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt. Mittlerweile liegen Daten zu 40 besenderten Vögeln vor. Das Projekt ist durch den Bayerischen Naturschutzfonds gefördert.

Zurück

© Ralph Sturm

Unterstützen Sie uns beim Kiebitz-Schutz! Wir schützen Gelege, beraten Landwirte und kaufen Brutgebiete an.

Alle Nachrichten zum Naturschutz in Bayern

Newsletter

Der LBV - Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V.  ist mit Freistellungsbescheid des Zentral-Finanzamtes Nürnberg, Steuer-Nr. 241/109/70060, als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt und gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftssteuer freigestellt. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Mehr zur Transparenz