Bayerns Beitrag für Montreal

Eine bessere Umsetzung des Volksbegehrens für mehr Artenvielfalt zahlt direkt auf das internationale Abkommen ein

Von München nach Montreal: Die Grundstimmung, die heute vor vier Jahren das Volksbegehren Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ in Bayern transportierte, findet sich ganz aktuell im internationalen Biodiversitätsabkommen von Montreal wieder. Knapp 200 Staats- und Regierungschefs haben darin konkrete Ziele beschlossen, die das Artensterben aufhalten sollen und somit auch über 1,7 Millionen Menschen in Bayern den Rückhalt für das gemeinsame Ziel gegeben, ein sechstes Massenaussterben zu verhindern. Die wichtigsten Bausteine des bayerischen Volksbegehrens, um auf das Konto des internationalen Abkommens einzuzahlen, sind dabei die Umsetzung eines Biotopverbunds, der Ausbau des Ökolandbaus und die Reduktion des Pestizideinsatzes.

Von links nach rechts: Claus Obermeier, Agnes Becker, Ludwig Hartmann, Dr. Norbert Schäffer| © Lena Motzer © Lena Motzer
Von links nach rechts: Claus Obermeier (Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung), Agnes Becker (Beauftragte des Volksbegehren, ÖDP), Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Norbert Schäffer (Vorsitzender des LBV)

Zielmarke der Erweiterung des Öko-Landbaus nicht erreicht

Das Volksbegehren-Ziel, den Öko-Landbau auf 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu erweitern, ist eines der wichtigsten Ziele, um eine reale Veränderung für die Artenvielfalt zu bewirken. 2022 wurden immer noch unter 20 Prozent der staatlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet, womit die Zielmarke von 30 Prozent nach wie vor nicht einmal vom Staat selbst erreicht wird.

Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und ÖDP-Landesvorsitzende fordert: „Es ist ziemlich einfach: Frau Ministerin Kaniber macht beim Ökolandbau schlicht ihre Arbeit nicht. Stattdessen läuft sie durch die Gegend und erzählt herum, wie großartig Bayern ist. Fakt ist, Bayern dümpelt im Ländervergleich beim Anteil der Biolandwirtschaft irgendwo im Mittelfeld. Fakt ist, dass noch nicht einmal auf staatlichen Flächen die vorgeschriebene Bioquote erreicht wird. Und Fakt ist auch, dass sich der Anteil von Biolebensmitteln beim Einkauf der öffentlichen Hand immer noch im kaum messbaren Bereich bewegt. Auch auf so wichtigen Veranstaltungen wie der Grünen Woche zeigt die Ministerin keine Wertschätzung für bayerische Bioprodukte. Als Fazit bleibt nur: Die Ministerin muss dringend an ihren gesetzlichen Auftrag erinnert werden, den ihr 2019 so viele Menschen gegeben haben.“

Verringerung des Pestizideinsatzes bedarf einer soliden Datengrundlage und einem konkreten Reduktionsziel

Bayern ist Vorreiter mit einem festgelegten Pestizidreduktionsziel. Sowohl auf EU-Ebene als auch in Montreal wurde beschlossen, dass die negativen Auswirkungen von Pestiziden bis zum Jahr 2030 halbiert werden sollen. Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV dazu: „Eine bessere Umsetzung der Gesetze aus dem Volksbegehren ist nach den Beschlüssen von Montreal wichtiger denn je. Durch das internationale Abkommen fühlen wir uns als Trägerkreis umso mehr bestärkt, konsequenter ein kritisches Auge auf die Entwicklungen in Bayern zu werfen und Defizite der Staatsregierung klar anzusprechen. Diesen Auftrag haben uns über 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger vor vier Jahren klar erteilt. Um negative Einflüsse auf Lebensräume und Tier- und Pflanzenarten zu reduzieren, muss insbesondere der Pestizideinsatz verringert werden. Wir brauchen dafür eine solide Datengrundlage für den Einsatz von Pestiziden und ein konkretes Reduktionsziel in Abhängigkeit der Schädlichkeit der Wirkstoffe sowie eine Reduktion der mit Pestiziden bewirtschafteten Fläche.“

Zweiter Statusbericht mit nachvollziehbaren Auswahlkriterien veröffentlicht

Im Dezember 2022 wurde der zweite Statusbericht zum Biotopverbund der Staatsregierung veröffentlicht. Er ist deutlich ausführlicher und schlüssiger mit nachvollziehbaren Kriterien für die Auswahl von Flächen für den Biotopverbund. Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag kommentiert: „Mit einem echten Biotopverbund können wir das Artensterben in Bayern aufhalten. Da wollen, da müssen wir hin – und mit uns rund 18 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung in Bayern! Anstatt Biotop-Einöden braucht es ein weit verzweigtes Geflecht über das ganze Land. Um dahin zukommen, muss die Staatsregierung endlich Kartenmaterial erstellen, von dem deutlich abzulesen ist, wo Kern- und Verbindungsflächen des Verbundes bestehen und wo Lücken klaffen. Besser heute als morgen gilt es, diese Lücken gezielt zu schließen und die Qualität der Kernflächen zu verbessern. Erst dann wird ein bayerischer Biotopverbund Wirkung zeigen. Die Staatsregierung ist aber vier Jahre nach dem erfolgreichen Volksbegehren weiter viel zu träge. Anstatt auf freiwillige Mithilfe zu warten, muss sie aktiv und ressortübergreifend auf mögliche Kooperationspartner zugehen!“

Ausweisung von 83.000 Hektar nutzungsfreier Naturwald in Bayern als wichtiger Schritt für die Umsetzung des Montreal-Abkommens

Die Natur braucht Rückzugsorte, an denen der Mensch nicht eingreift und stört. Dafür brauchen wir unsere Schutzgebiete. Sowohl in der Biodiversitätsstrategie der EU als auch im Montreal-Abkommen wurde festgelegt, dass 30 Prozent der Erdoberfläche als Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen. Unsere bayerischen Naturwälder sind wichtiger Bestandteil für die Ausweisung eines grenzüberschreitenden Schutzgebietsnetzes.

Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung: „Die Bayerische Staatsregierung hat mit der Ausweisung nutzungsfreier Naturwälder auf insgesamt 83.000 Hektar, zuletzt in den Illerauen und im Nürnberger Reichswald, entschlossene Schritte zur Umsetzung des Volksbegehrens unternommen. Große Sorgen bereiten uns aber aktuelle Anträge aus dem Landtag, nach denen sich Bayern von den nationalen und internationalen Bemühungen zur Ausweisung von Schutzgebieten distanzieren und entgegen der gesetzlichen Festlegung durch das Volksbegehren dem Schutz der biologischen Vielfalt im Staatswald keine Priorität einräumen soll“.

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© Markus Bosch

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