Schreckgespenst Vogelgrippe?

Fakten und Gerüchte

Enten schwimmen bei Roseninsel im Starnberger See | © A. Saitner © A. Saitner

Die 'Vogelgrippe' – eigentlich aviäre Influenza oder auch als Geflügelpest - sorgt aus zwei Gründen für Unruhe bei Landwirten und Gesundheitsbehörden, aber auch in der Öffentlichkeit:

  • Die Vogelgrippe ist eine für Hausgeflügel - Hühner, Puten, Enten oder Gänse - hoch ansteckende, tödliche Infektionskrankheit. Ihr Nachweis erzwingt in Zuchten oder Mastanlagen die Tötung aller Tiere des jeweiligen Bestandes - mit enormen wirtschaftliche Schäden .
  • Einer der vielen bekannten Subtypen des Vogelgrippevirus - der Subtyp H5N1 - kann in seltenen Fällen auch auf den Menschen übertragen werden.

Im nachfolgenden haben wir alle Fakten kurz und knapp für Sie zusammengefasst:

FAQ zur Vogelgrippe in Deutschland

Vogelgrippe, Geflügelpest, Aviäre Influenza....was ist was?

Drei Namen für dieselbe Krankheit. Oder besser gesagt, denselben Krankheitskomplex: ‚Die‘ Geflügelpest gibt es nicht. Geflügelpestviren sind sehr variabel und bilden durch Mutation und genetische Vermischung zahlreiche unterschiedliche Subtypen aus. Diese werden in zwei Gruppen unterteilt, in niedrig pathogene (wenig ansteckende) Aviäre (Vogel-) Influenzaviren (NPAIV) und in hoch pathogene (HPAIV). Von letzteren haben bei uns vor allem die Subtypen H5N1 wegen des Infektionsrisikos auch für den Menschen und H5N8 wegen der hohen wirtschaftlichen Schäden von sich reden gemacht.

Wie kommt die Geflügelpest zu uns?

Geflügelpestviren zirkulieren seit den 1990er Jahren in Hausgeflügel-Beständen in Südostasien und haben sich auch in Nordafrika etabliert, vor allem in Ägypten. Für die Ausbreitung nach Europa und innerhalb Europas werden zwei mögliche Wege diskutiert:

  • In Transporten von Tieren und tierischen Produkten sieht das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), nationales Referenzzentrum für die Geflügelpest, ein "mäßiges" Risiko der Einschleppung. Insbesondere gilt das für die illegale Einfuhr infizierter Vögel oder infizierten Materials - entsprechende Fälle sind belegt. Aber es gibt Indizien dafür, dass auch legale Einfuhren im weltumspannenden Netz von Geflügeltransporten zur Eintrittspforte für Geflügelpestviren werden. Außerdem können auch mit der Entsorgung von Abfallprodukten der Geflügelwirtschaft - beispielsweise bei der Ausbringung von Geflügelkot – aus infizierten Beständen Geflügelpestviren in die Umwelt gelangen. Gerade bei kühleren Temperaturen bleiben diese in Kot oder Wasser unter Umständen über Wochen aktiv und können dann Wildvögel gefährden.
  • Ziehende Wildvögel könnten das Virus transportieren, vielleicht auch auf  'Umwegen': Im Vergleich zu Hausgeflügel erkranken Wildvögel häufig weniger schwer oder ohne Symptome und können so das Virus transportieren. In den Brutgebieten nördlicher Breiten berühren sich Zugstraßen über Asien und über Europa ziehender Wildvögel. Wildvögel könnten sich in Hausgeflügelbeständen in Südostasien infizieren und dann auf dem Zug Viren in die nordischen Brutgebiete transportieren. Könnten sie dort wieder Viren an andere Vögel weitergegeben, die später über Westeuropa südwärts ziehen? Phylogenetische (entwicklungsgeschichtliche) Analysen der verschiedenen Virustypen und ihrer Entwicklung stützen diese Annahme.
Wie wird die Geflügelpest übertragen?

Infizierte Vögel scheiden Geflügelpestviren mit Nasensekret und Kot aus. Andere Tiere nehmen dieses dann zum Beispiel wiederum über verunreinigtes Futter oder Wasser auf oder atmen mit dem Geflügelpestvirus verunreinigte Staubpartikel ein. Für die Seuchenbekämpfung entscheidend ist, wie solches infizierte Material in Geflügelhaltungen gelangt bzw. auf welchen Wegen es aus diesen in die Umwelt hinausgetragen wird. Legale und illegale Transporte von infiziertem Geflügel, Eiern oder Futter sind eine Möglichkeit. Direkter Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel bietet ebenfalls Übertragungsmöglichkeiten, die im Seuchenfall mit der Stallpflicht ausgeschlossen werden sollen. Und schließlich ist denkbar, dass Virusmaterial über Trinkwasser (Oberflächenwasser), offen gelagertes Futter, Einstreu oder Menschen (an Schuhsohlen, mit Fahrzeugen etc.) in Stallungen gelangt. Umgekehrt kann natürlich auch von Menschen oder zum Beispiel mit der Ausbringung von Kot infiziertes Material in die Umwelt getragen werden, an dem sich wiederum Wildvögel infizieren.

Der genaue Infektionsweg wird sich in der Praxis häufig nicht oder allenfalls anhand von Indizien belegen lassen. Für eine effiziente Seuchenbekämpfung ist es aber sehr wichtig, dass alle Optionen vorbehaltlos geprüft werden. Es dürfen also nicht reflexartig Wildvögel als Träger der Viren angenommen werden, sondern auch die Handelsbeziehungen der Betriebe, der Zukauf von Eiern, Geflügel und Futtermitteln müssen genau geprüft werden – und ebenso, wie Abfallstoffe entsorgt wurden, wo Schlachtungen durchgeführt werden, welche Mitarbeiter zuletzt wo gewesen sind etc.

Wildvögel: „Täter“ oder Opfer?

Wildvögel können Vektoren für die Geflügelpest sein, sie können Geflügelpestviren transportieren – das lässt sich kaum leugnen. Untersuchungen in den Niederlanden oder in Nordamerika deuten aber daraufhin, dass sich hochpathogene Geflügelpestviren in Wildvogelpopulationen nicht lange halten. Es gibt also in Wildvogelbeständen wohl kein Reservoir hochpathogener Geflügelpestviren, von denen neue Seuchenzüge ihren Ausgang nehmen könnten.

Sicher ist dagegen, dass es ein Reservoir für hochpathogene Geflügelpestviren in Hausgeflügelbeständen gibt. Wenn Wildvögel also zum Überträger für Seuchenzüge werden, ist davon auszugehen, dass zunächst einmal Wildvögel durch Kontakt mit Hausgeflügel bzw. durch Austrag infizierten Materials aus Hausgeflügelbeständen infiziert wurden – also zum Opfer mangelnder Seuchenhygiene in Hausgeflügelbeständen wurden – und dann erst das Virus weitergetragen haben.

Die Geflügelpest bedeutet zudem auch für Wildvögel unter Umständen eine ernsthafte Bedrohung – nicht nur für das einzelne Individuum, sondern für eine gesamte Art. So kamen beispielsweise im Sommer 2007 auf einem Stausee in Thüringen 285 Schwarzhalstaucher durch eine H5N1-Infektion um – rund 10 % des deutschen Bestandes. Und die häufigen Erkrankungen von Reiherenten könnten auch die oft gemeinsam mit der Reiherente überwinternde Tafelente bedrohen. Diese gilt seit 2015 als weltweit gefährdet und überwintert  in großer Zahl in Deutschland.

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Können aasfressende Vögel die Vogelgrippe weiterverbreiten?

Hauptbetroffen von der Vogelgrippe und offensichtlich besonders anfällig sind zwar Wasservögel, aber auch aasfressende Vögel wurden mittlerweile mehrfach als Virusträger und Opfer der Vogelgrippe nachgewiesen – unter anderem verschiedene Greifvögel (Mäusebussarde, Seeadler, Rotmilane) aber auch Krähen. Als Vektor im Seuchengeschehen bzw. für die Ausbreitung der Vogelgrippe spielen diese Einzelfälle aber nach allen bisherigen Feststellungen keine oder allenfalls eine marginale Rolle.

Ist die Geflügelpest für Menschen gefährlich?

Lange kursierte in Deutschland der Subtyp H5N8, der weltweit auch schon bei verschiedenen früheren Ausbrüchen nachgewiesen wurde. Dabei wurden laut Robert-Koch-Institut noch nie Erkrankungen von Menschen durch H5N8 beobachtet. Sie können allerdings auch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden – deshalb gelten auch bei diesem Subtyp die grundsätzlichen hygienischen Vorsichtsmaßnahmen (gefundene tote Tiere nicht berühren etc.).

Für Menschen gefährlich werden kann laut WHO hingegen der Subtyp H5N1. Dieser sorgte vor allem in Asien immer wieder für – oft auch tödlich verlaufende - Erkrankungen bei Menschen. In Europa wurde H5N1 seit 2021 ebenfalls regelmäßig nachgewiesen und bestimmt seitdem bis heute das Seuchengeschehen. In Deutschland sind bisher aber noch keine Infektionen mit der Geflügelpest bekanntgeworden.  

Selbst bei den kürzlich kursierenden H5N1-Infektionen ist das Risiko einer Erkrankung von Menschen zudem begrenzt: So kam es 2024 in den USA etwa zu 70 humanen Infektionen, die jedoch auf intensive Kontakte mit infizierten Tieren zurückgingen. Der Großteil dieser Fälle war zudem von einem milden Verlauf geprägt, zu einer Weitergabe des Virus von Mensch zu Mensch kam es dabei nicht. Auch in Deutschland wären also primär in der Haltung infizierten Hausgeflügels beschäftigte Personen gefährdet, aber kaum Außenstehende.

Kann man die Weihnachtsgans noch essen?

Eine Übertragung des Erregers H5N1 über infizierte Lebensmittel ist laut dem Bundesamt für Risikobewertung „theoretisch denkbar, aber unwahrscheinlich“. Der Verzehr von Geflügel und Geflügelprodukten bedeutet zudem grundsätzlich kein Risiko für Menschen solange die allgemeingültigen Regeln für die Zubereitung von Geflügelspeisen beachtet werden: Geflügel und Geflügelprodukte sind generell häufig mit unterschiedlichen Keimen belastet.

Das Bundesamt für Risikobewertung empfiehlt deshalb ganz unabhängig von der Vogelgrippe, Geflügelspeisen immer vollständig durchzugaren, um möglicherweise vorhandene Krankheitserreger zu inaktivieren. Geflügelfleisch soll dafür im Kern des Produktes für zwei Minuten mindestens 70°C erreichen. Eiweiß und Eigelb sind durchgegart, wenn sie hart gekocht sind. Geflügelpestviren sind ausgesprochen empfindlich gegenüber hohen Temperaturen. Gut durcherhitzte Lebensmittel sind deshalb auch im Hinblick auf das Restrisiko einer Übertragung von Vogelgrippeviren unbedenklich.

Müssen wir jetzt auf die Vogelfütterung im Garten verzichten?

Nein. Die Geflügelpest ist in der Regel nur für ausgewählte Artengruppen wie z.B. Wasservögel (Schwäne, Gänsen, Enten), Möwen, Kraniche und Hühnervögel gefährlich, mitunter sind aber auch einige Greifvögel, Falken und Eulen betroffen.

Die im Umfeld des Menschen lebenden Singvögel - das Rotkehlchen in der Hecke oder der Spatz am Futterhaus - spielen als Vektor für das Virus dagegen keine Rolle. Auch wenn die Geflügelpest in Wasservogelbeständen und Geflügelhaltungen kursiert, sind deshalb keinerlei Einschränkungen für die Vogelfütterung im heimischen Garten nötig – weder im Hinblick auf den Schutz der Vögel noch im Hinblick auf den der Menschen. Trotzdem sollten natürlich die üblichen Hygieneratschläge berücksichtigt werden (regelmäßige Reinigung der Futterhäuser oder noch besser Verwendung von Futtersäulen), um die Verbreitung anderer Infektionskrankheiten über die Fütterung zu verhindern.

Ist mein Haustier gefährdet?

Infektionen von Katzen und vereinzelt auch von Hunden durch das auch für den Menschen gefährliche Vogelgrippevirus H5N1 wurden in den letzten Jahren etwas vermehrt nachgewiesen. Das Risiko, dass sich eine Katze mit der Geflügelpest ansteckt, wenn sie zum Beispiel einen infizierten Vogel frisst, besteht also grundsätzlich. Es ist aber sehr gering – schon deshalb, weil die von Katzen am häufigsten erbeuteten Singvögel im Geflügelpestgeschehen keine Rolle spielen. Übertragungen der Geflügelpest von Katzen auf Menschen oder andersherum wurden weltweit noch nie nachgewiesen.

In den bei Ausbrüchen eingerichteten Sperrgebieten besteht allerdings unter Umständen trotzdem auch ein Freilaufverbot für Hunde und Katzen. Damit soll verhindert werden, dass sie tote Wildvögel finden und verschleppen oder dass sie lebende, aber möglicherweise infizierte Wildvögel auftreiben. Beides könnte zur Weiterverbreitung des Virus beitragen.

In den USA kam es 2024 zu einem vermehrten Auftreten von Euterinfektionen bei Milchkühen mit dem Subtyp H5N1. Betroffen war hierbei speziell das Eutergewebe, weshalb auch größere Virusmengen in der Milch nachgewiesen werden konnten. Durch die Pasteurisierung von Milch kann ein hierin enthaltenes Virus jedoch unschädlich gemacht werden. In Deutschland konnten keine Hinweise auf H5N1-Infektionen bei Milchkühen festgestellt werden.  

Infektionen von anderen Haustieren wie Wellensittichen, Kanarienvögeln oder Terrarientieren durch Geflügelpestviren sind nicht bekannt. Diese dürften allerdings auch kaum eine Gelegenheit haben, überhaupt mit Geflügelpestviren in Kontakt zu kommen.

Ich habe einen toten Vogel gefunden. Was tun?

Nicht jeder tote Vogel, den wir zurzeit finden, ist an Geflügelpest gestorben. Betroffen sind nach bisheriger Beobachtung in erster Linie Hühner- und Wasservögel (Schwäne, Gänse, Enten, Möwen etc.) sowie Kraniche. Wenn Sie Kadaver solcher Vögel finden, vermeiden Sie bitte aus Sicherheitsgründen direkten Kontakt mit den Kadavern und melden Sie Ihren Fund an das zuständige Veterinäramt Ihres Landkreises, das dann die Bergung der Kadaver und weitere Untersuchungen veranlassen wird.

Was muss ich als Geflügelhalter beachten?

Aktuelle Regelungen finden Sie in der Regel auf der Website Ihres Landratsamtes. Eine möglicherweise angeordnete Stallpflicht umfasst alle Arten von Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) und alle Haltungen – die Stallpflicht müssen also nicht nur gewerbliche Betriebe einhalten sondern auch jeder private Geflügelhalter, selbst wenn er nur einige wenige Hühner oder Laufenten hält.

Im Umfeld von Ausbrüchen sind meist Sperrbezirke eingerichtet, in denen verschärfte Sonderregelungen gelten können. Diese finden Sie gegebenenfalls ebenso auf der Website Ihres Landratsamtes. 

Ist bei Ausbrüchen die Keulung des Bestandes unumgänglich?

Sobald sich in einer Geflügelhaltung oder einem Zoo Anhaltspunkte für einen Ausbruch der Geflügelpest ergeben kann das zuständige Veterinäramt die Tötung aller Tiere des Bestandes – die so genannte Keulung anordnen. Sobald ein Nachweis hochpathogener Geflügelpestviren vorliegt – und dazu reicht schon der Schnelltest aus, über sich nur die Subtypen H5 oder H7 identifizieren lassen, aber nicht der genaue Stamm –, dann muss das Veterinäramt gemäß der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (GeflPestSchV) die Keulung des gesamten Bestandes anordnen. Alternativen lässt die GeflPestSchV den Veterinärbehörden nicht, zumindest nicht bei „normalen“ Geflügelbeständen und unabhängig von deren Größe. Kleine private oder bäuerliche Haltungen unterliegen dieser Regelung also ebenso zwingend wie alle großen Geflügelerzeuger.

Trotzdem lässt §20 (1) GeflPestSchV auch bei einem belegten Geflügelpestausbruch noch einige wenige Ausnahmen von der Pflicht zur Keulung zu, aber nur unter sehr eng definierten Voraussetzungen: So können die Veterinärbehörden zum Beispiel in Zoos oder in Haltungen von bestimmten seltenen Rassen auf eine Keulung des gesamten Bestandes verzichten – aber auch nur, wenn erstens aufgrund der vorhandenen Einrichtungen eine strikte Isolierung und Quarantäne der übrigen Tiere möglich ist und wenn zweitens diese übrigen in geschlossenen Ställen oder unter zumindest unter Dach gehalten werden können. Treffen diese strengen Kriterien nicht zu und können die entsprechenden Voraussetzungen nicht geschaffen werden, lässt die GeflPestSchV den Veterinärbehörden keinerlei Ermessensspielraum.