Vögel bestimmen - Aber wie?

Tipps für den leichteren Einstieg in die Vogelartenkenntnis

Ein Vogelkonzert an einem klaren, windstillen Morgen bei Sonnenaufgang ist ein überwältigendes Erlebnis. Doch die Vielfalt der Gesänge zu unterscheiden und zuzuordnen, kann ungeübte Vogelfreund*innen überfordern. Neulinge sollten ihre Vogelartenkenntnis besser schrittweise und strukturiert aufbauen, damit aus Freude kein Frust wird.

Star mit ausgebreiteten Flügeln, sitzt auf einem Ast | © Dieter Hopf © Dieter Hopf
Ein paar einfache Tipps können helfen, den Einstieg zu finden.

Was Expert*innen bei einem Vogelkonzert oftmals zu grenzenloser Begeisterung bringt, kann Anfänger*innen zwar beeindrucken, aber auch verwirren. Zusammen mit dem Klingeln des Weckers noch zu nachtschlafender Zeit bleibt dann oftmals eher der Eindruck: „Schön, aber nichts für mich.“ Und dennoch finden genau unter solchen Umständen viele der begeisternden Vogelstimmenwanderungen des LBV statt. Oftmals eine verpasste Möglichkeit, denn eigentlich kann jede*r lernen, 15 Vogelarten am Aussehen und 5 Vogelarten am Gesang zu erkennen. Ein paar einfache Empfehlungen sollen helfen, den Einstieg zu finden.

Hilfsmittel: Fernglas und Bestimmungsbuch

Ein Junge und ein Mädchen beobachten mit einem Fernglas Vögel am Himmel | © T. Tschapka © T. Tschapka
Scheuen Sie sich nicht, Ferngläser auf Spaziergänge und Wanderungen mitzunehmen

Es gibt natürlich ein paar häufige Arten wie die Amsel, die sich ohne Mühe von vielen bestimmen lassen. Wer sich jedoch etwas intensiver mit der Vogelwelt beschäftigen möchte, sollte sich ein Fernglas anschaffen und es so oft wie möglich zur Hand nehmen. Ob auf dem Balkon, der Terrasse oder am Küchenfenster – jederzeit kann eine interessante Vogelart vorbeifliegen und dann wünscht man sich stets ein Fernglas zur Hand. Scheuen Sie sich nicht, Ferngläser auf Spaziergänge und Wanderungen mitzunehmen.

Und noch ein Tipp: Nutzen Sie Ihr Fernglas nicht nur für lange Distanzen, sondern auch, um Vögel in kurzer Entfernung, vielleicht am Futterhaus, ganz genau zu beobachten. Will man Blau- und Kohlmeise, Feld- und Haussperling, Rotkehlchen, Amsel, Hausrotschwanz oder Star mit Sicherheit bestimmen lernen, hilft der Blick in ein Bestimmungsbuch. Anfangs reicht ein einfaches Vogelbestimmungsbuch, das häufige Arten darstellt, oder eine der vielen Bestimmungs-Apps.

Gute Bestimmungsbücher und Ferngläser inklusive Beratung finden Sie im LBV-Naturshop.

Eine Vogelart nach der anderen lernen

Zilpzalp | © Stephanie Rübenach © Stephanie Rübenach
Der Zilpzalp ist die ideale "Einsteigerart".

Um Vogelartenwissen und insbesondere Vogelstimmenkenntnis gezielt aufzubauen, empfiehlt es sich, eine Vogelart nach der anderen zu lernen und das vorhandene Wissen immer und immer wieder zu wiederholen.

Bei Einsteiger-Exkursionen beschränkt man sich am besten auf maximal drei Stimmen. Diese werden dann am Ende aber auch mit großer Wahrscheinlichkeit bei allen Teilnehmer*innen „sitzen“.

Sie werden sehr schnell bemerken, dass es durch das Wiedererkennen häufiger Arten leichter möglich ist, sich mit bislang unbekannten Arten zu beschäftigen. Die ideale Einsteigerart ist der Zilpzalp. Da er, ähnlich wie der Kuckuck, seinen Namen singt, ist er als sehr häufige Art ab dem Frühling wirklich leicht zu erlernen.

Früh im Jahr beginnen

Buchfink in einem Geäst | © Robert Hirmer © Robert Hirmer
Zum Lernen von Vogelstimmen sollten Sie bereits im Spätwinter oder Vorfrühling mit den wenigen dann singenden Arten, wie dem Buchfink, beginnen.

Hilfreich ist es für Einsteiger auch, bereits im Winter Vögel am Gefieder zu erkennen und die ersten Vogelstimmen zu identifizieren. Da noch kein Laub die Sicht behindert, die Gesamtzahl der Arten durch die Abwesenheit von Zugvögeln geringer ist und zahlreiche Vögel in Gärten und Parks kommen, behält man leichter den Überblick.

Speziell zum Lernen von Vogelstimmen sollten Sie bereits im Spätwinter oder Vorfrühling mit den wenigen dann singenden Arten beginnen, beispielsweise Kohl- und Blaumeise, Buchfink und Amsel. Gerade der erste sogenannte Buchfinkenschlag im Vorfrühling ist immer wieder ein besonderes Erlebnis.

Tagsüber und abends statt am Morgen

Neben der Jahreszeit kann auch die richtige Wahl der Tageszeit den Einstieg erleichtern. Für das Lernen der ersten Vogelstimmen sollten Sie gerade die frühen Morgenstunden mit ihrem oftmals vielstimmigen Vogelstimmenkonzert meiden. Viele Arten singen während der Fortpflanzungszeit auch am Abend bzw. tagsüber. So bleibt die Ausgangslage zum Lernen übersichtlicher. Außerdem kann es hilfreich sein, zunächst immer wieder dieselben Flächen aufzusuchen.

Wenn Sie das Glück haben und einen Garten besitzen, ist das natürlich ideal. Aber auch ein Park in der Nähe oder die Runde beim Gassigehen mit dem Hund eignen sich gut. Sie werden dann schnell erkennen, dass die Vogelwelt über Wochen recht konstant und damit vorhersagbar ist. Das schafft ideale Lernbedingungen

Vogeluhr des NABU, welcher Vogel wann singt | © NABU © NABU

Listen führen

Sind oder waren Sie zum Lernen unterwegs, dann schreiben Sie unbedingt auf, was Sie gehört und gesehen haben. Dadurch üben Sie, genauer hinzusehen und müssen sich entscheiden, welche Vogelart es gewesen ist. Dies führt zu mehr Beobachtungsdisziplin. Eine gute und beliebte Gelegenheit zu einer solchen gezielten Erfassung bieten alljährlich im Januar und Mai auch die vom LBV veranstalteten Mitmachaktionen Stunde der Wintervögel und Stunde der Gartenvögel.

Vögel kommen fast zu jeder Zeit in nahezu jedem Lebensraum vor. Ihre Vogelbeobachtungen sollten Sie nicht auf ein paar Stunden jährlich während einer Vogelstimmenwanderung beschränken. Egal ob beim Sonntagsspaziergang, beim Frühstück oder im Biergarten, halten Sie Auge und Ohren offen und Sie werden verblüfft sein, wie häufig Sie Vögel sehen und hören – und wie viele Sie davon nach und nach erkennen. Das mit der Zeit erworbene Vogelartenwissen ist darüber hinaus sehr nützlich. Ihre Beobachtungen können Sie auf vielfältige Weise in LBV-Projekte zum Vogelschutz einbringen und dadurch wichtige Informationen für den Vogel- und Naturschutz beisteuern. So sammelt der LBV Angaben über die Ankunft bestimmter Vogelarten im Frühjahr, beispielsweise von Kuckuck, Wiedehopf oder Mauersegler. Oder Sie unterstützen die Erfassung von Kiebitz oder Großem Brachvogel. All das ist auch für Anfänger*innen möglich.

Gleichgesinnte finde

Wer gerne Vögel beobachtet, muss dies nicht allein machen. In den LBV-Kreis- oder Ortsgruppen finden Sie viele Gleichgesinnte. Dies macht nicht nur Freude, sondern ermöglicht auch den Erfahrungs- und Wissensaustausch.

Der LBV hat sich vorgenommen, in den kommenden Jahren die Vogelartenkenntnis in Bayern auf allen Wissensebenen substanziell zu fördern. Nicht nur, weil wir mehr Menschen brauchen, die uns helfen, beispielsweise im Rahmen von Bestandserfassungen und Kartierungen den Zustand unserer Vogelwelt noch besser bewerten zu können. Wir sind auch der Überzeugung, dass Artenkenntnis – gerade Vogelartenkenntnis – dazu beiträgt, die Natur um uns herum bewusster wahrzunehmen. Dass dies zu einer Steigerung unserer Lebensqualität führt, haben wir bereits in der letzten Ausgabe unseres LBV-Mitgliedermagazins dargestellt.

Drei Fragen an Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV)

Wir finden, es ist ebenso wichtig, die häufigsten Vogelarten zu kennen wie die Namen amerikanischer Präsidenten oder römischer Kaiser. Sie auch Frau Fleischmann?

Wir Lehrerinnen und Lehrer würden den Kindern und Jugendlichen am liebsten alles beibringen, was Natur, Historie und alle weiteren Themen hergeben. Denn sie sind alle einfach neugierig auf das Leben und wollen wissen, wie alles funktioniert und warum etwas so ist, wie es ist. Wir wollen daher einen anderen Lern- und Leistungsbegriff, als dieser bisher praktiziert wird: Phänomenologisches Lernen, indem Schülerinnen und Schüler zum Beispiel an einem konkreten Thema wie dem Vogelschutz in Bayern arbeiten und im Zuge dessen mittels verschiedener Methoden sich das Wissen aneignen. Es kann nicht darum gehen, Wissen in der Bedeutung gegeneinander auszuspielen, denn natürlich ist auch die Kenntnis der heimischen Vögel wichtig. Aber die Frage ist eben immer auch, ob wir den Lehrplan im Umfang nicht eher verkleinern, um dann größere Freiheiten in der Vermittlung, wie solcher Themen, zu haben.

Welche Rolle sollten Schulen bei der Vermittlung der Artenkenntnis spielen, insbesondere der Vogelartenkenntnis?

Schulen können und sollen selbstverständlich eine Rolle spielen bei der Vermittlung der Artenkenntnis. Das Lernen mit Herz, Kopf und Hand ist wichtig, denn Ganzheitlichkeit ist für uns als BLLV der Schlüssel. Es ist doch wunderbar, wenn wir als Lehrerinnen und Lehrer mit unseren Schülerinnen und Schülern solche Themen anhand besonderer Projekte auch in der Natur miteinander erleben können. Aber natürlich braucht es hier auch das Wissen von Experten wie Ihnen vom LBV, die bei Projekten mitarbeiten und ihre Expertise einbringen könnten. Jede Schule vor Ort muss entscheiden, inwieweit ihr eigenes Profil zu den jeweiligen Themen passt und kann sich dann an die entsprechenden Stellen wenden, wenn sie Unterstützung braucht.

Erwerben Kinder und Jugendliche derzeit Vogelartenkenntnis in der Schule?

Grundsätzlich ist im Heimat- und Sachunterricht auch die Flora und Fauna ein Thema („Tiere an Land und in der Luft“ bzw. „Natur und Technik“), aber die konkrete Ausgestaltung obliegt den Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort. Wenn wir ehrlich sind: Der Prüfungsdruck an den Schulen ist enorm, um die Inhalte der Hauptfächer pro Schuljahr überhaupt bewältigen zu können. Wenn wir hier mehr Gestaltungsfreiheit als Lehrerinnen und Lehrer hätten, wäre es uns auch ein Anliegen, dieses wichtige Zukunftsthema stärker zu behandeln.

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