Vergiftet, beschossen, bedroht: Jahresbilanz im Projekt „Tatort Natur“

Mindestens 25 Fälle von Naturschutzkriminalität in Bayern – Oberpfalz am meisten betroffen

Vom vergifteten Seeadler bis hin zum beschossenen Weißstorch: Zahlreiche Fälle von Naturschutzkriminalität konnten der LBV und die Gregor-Louisoder Umweltstiftung (GLUS) im Rahmen ihres gemeinsamen Projekts „Tatort Natur“ im Jahr 2023 dokumentieren. Die traurige Jahresbilanz beinhaltet neben 19 nachweislich vergifteten Eulen- und Greifvögeln auch sechs Fälle, in denen geschützte Vogelarten beschossen wurden. LBV und GLUS gehen darüber hinaus von einer hohen Dunkelziffer an Naturschutzdelikten aus.

Toter Mäusebussard  | © Bettina Schröfl © Bettina Schröfl
Bei insgesamt 19 Greifvögeln in Bayern konnte eine Vergiftung nachgewiesen werden. So auch bei diesem Mäusebussard.

Insgesamt 86 tote Vögel wurden im Laufe des Jahres 2023 vom LBV dokumentiert. Ist die Todesursache des Vogels bei einer Obduktion nicht ersichtlich, leitet der LBV für gewöhnlich eine toxikologische Untersuchung ein. In 19 Fällen ergab diese, dass der tote Vogel an einer Vergiftung verstorben war. Besonders häufig kam dabei das Nervengift Carbofuran zum Einsatz. Dieses Nervengift ist bereits seit 2007 in der EU verboten und kann bereits bei Hautkontakt ernste gesundheitliche Folgen haben – besonders für Kinder und Haustiere.

Die meisten vergifteten Greifvögel stammten aus der Oberpfalz, insbesondere aus dem Landkreis Regensburg. Auch in Niederbayern, Oberbayern, Mittel- und Oberfranken konnten die Naturschützerinnen und Naturschützer Vergiftungsfälle nachweisen.

Darüber hinaus kamen im Jahr 2023 mindestens sechs Mal Schusswaffen gegen streng geschützte Vogelarten zum Einsatz. Ein Weißstorch, ein Graureiher und ein Turmfalke konnten glücklicherweise rechtzeitig gefunden werden und überlebten deshalb. Auch beim Beschuss auf Vögel ist die Oberpfalz trauriger Spitzenreiter, gefolgt von Oberbayern und Niederbayern.

Seeadler | © Wolfgang Lorenz © Wolfgang Lorenz
Für Aufsehen hatte im Sommer der Fall eines Seeadlers gesorgt, der an einer Vergiftung mit Rattengift starb.

Am häufigsten von Naturschutzdelikten betroffen waren Uhu (sechs), Rotmilan (vier) und Mäusebussard (vier). Für Aufsehen hatte darüber hinaus im Sommer der Fall eines toten Seeadlers im Landkreis Amberg-Sulzbach gesorgt. Er starb an einer Vergiftung mit dem Rattengift Brodifacoum. Ob es sich dabei um eine vorsätzliche Vergiftung des Greifvogels handelt oder der Seeadler möglicherweise ein anderes Tier fraß, welches das Gift vorher aufgenommen hatte, ist schwer nachzuvollziehen.

In anderen Fällen, wie beispielsweise dem eines toten Rotmilans im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, gehen die Naturschützerinnen und Naturschützen allerdings von einer gezielten Tötung aus: Dort fanden LBV-Aktive neben dem vergifteten Vogel auch eine vergiftete Hauskatze und mehrere präparierte Giftköder.

Im Rahmen des Projekts wurde auch 2023 eine Vielzahl an Schulungen rund um Naturschutzkriminalität, zum Beispiel an Landratsämtern, sowie eine Fachtagung, bei der auch Mitarbeitende der Polizei referierten, durchgeführt. Durch die wertvolle Aufklärungsarbeit ist das Thema in vielen Behörden mittlerweile bekannt und die nötigen Abläufe zur Meldung und Dokumentation haben sich etabliert. Zudem gibt es inzwischen einen Handlungsleitfaden für alle Polizeibehörden in Bayern. Die Sensibilisierung von Gesellschaft, Polizei und Behörden ist entscheidend, um bei der Strafverfolgung tatsächlich Erfolge zu erzielen.  Bisher konnten leider nur in wenigen Fällen Tatverdächtige ausfindig gemacht werden.

Gemeinsames Projekt: „Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“

Logo Tatort Natur

Ein Großteil der Fälle von Naturschutzkriminalität bleibt ungeklärt und für die Täter folgenlos, was sich dringend ändern muss. LBV und GLUS starten deshalb 2019 das gemeinsame Projekt „Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“

In einer bayernweiten Datenbank sollen alle (Verdachts-)Fälle von Naturschutzkriminalität gespeichert werden. Als erste Anlaufstelle für betroffene Behörden und die Öffentlichkeit soll die Datenbank fachliche Unterstützung bieten und als Melde- und Informationsplattform dienen.

Mit ihrer Hilfe soll außerdem die langfristige Weiterverfolgung einzelner Fälle sichergestellt werden. Mit dem Projekt soll auch die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und Fortbildungsangebote bereitgestellt werden. Projektleiter und Ansprechpartner sind die Biologen Franziska Baur (GLUS) und Dr. Andreas von Lindeiner (LBV).

Die Dokumentation von Fällen illegaler Verfolgung von Vögeln durch den LBV wird seit 2021 durch das Bayerische Landesamt für Umwelt mit Mitteln des Umweltministeriums finanziert.

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© Markus Bosch

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