Vergleich der Flugleistungen unserer ausgewilderten Bartgeier 2021-2024
Eindrucksvolle Distanzen quer durch die Alpen

Wir haben die bisherigen Satellitendaten hinsichtlich der jeweiligen Flugleistungen pro Individuum und Jahr untersucht und mittels eines vereinheitlichten Reduktionsfaktors vergleichbar gemacht. Dies sind nicht die absolut geflogenen Kilometer, trotzdem sind die erhaltenen Ergebnisse interessant und beeindruckend.
Wir sind gerade dabei, die zahlreichen Senderdaten, die wir von unseren ausgewilderten Bartgeiern erhalten, zu analysieren. Ein Aspekt ist hierbei die Flugleistung jedes Individuums. Wir haben die unterschiedlichen Vögel und Jahre miteinander verglichen.
Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es sich nicht um die exakt geflogene Gesamtflugleistung handelt. Dies ergibt sich aus folgenden Voraussetzungen:
Reduzierte Werte müssen als Vergleichsbasis dienen

Die Sender übermitteln bei weitem nicht immer kontinuierliche Positionen. Bei vollem Akku und passenden Einstellungen kann es zu einer hohen Genauigkeit kommen und es werden mitunter tatsächlich sekündlich Standorte festgestellt. Häufig kommen die Positionen jedoch in gewissen Intervallen. Diese können von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Stunden dauern. Über die Zwischenzeiten erhalten wir keine Informationen. Daher kann die tatsächlich erfolgte Gesamtflugleistung der besenderten Vögel nicht ermittelt werden. Unseren Schätzungen nach dürften sich diese je nach Häufigkeit der Meldungen vermutlich um 25-50 % gegenüber den ermittelten Werten erhöhen.
Ein weiterer Faktor der zu beachten ist, sind die vor allem in der Anfangszeit häufiger vorgekommenen Totalausfälle der Sender, wie z.B. bei Bavaria in ihrem ersten Winter.
Hierbei werden auch keinerlei Informationen nachträglich übermittelt. Allerdings handelt es sich alles in allem um relativ begrenzte Zeiträume.
Um eine möglichst brauchbare Vergleichbarkeit bei gleichzeitig größtmöglichen Werten zu erreichen, wurden die vorhandenen Messungen auf drei pro Stunde reduziert. Im Wesentlichen sind die Ergebnisse dadurch vergleichbar. Vereinzelt kommt es aber auch zu geringeren Meldungsdichten, wie z.B. in den letzten Wochen und Monaten bei Dagmar.
Deshalb sind auch die vereinheitlichten Vergleichswerte mit gewisser Vorsicht zu betrachten.
Die so erhaltenen Zahlen sind trotzdem noch beeindruckend, wenn man sich die ermittelten Strecken anschaut.
Vergleich des ersten Lebensjahrs - die ersten Flugmeilen
Die ermittelten Kilometer wurden im ersten Jahr ab dem jeweiligen Erstflug berechnet. Die frühesten Erstflüge fanden Mitte Juni (Sisi und Nepomuk), die spätesten in der zweiten Juliwoche (Wally) statt.
Wenn man die im ersten Jahr absolvierten Flugkilometer vergleicht, dann bewegt sich die Mehrzahl der Werte um den Mittelwert (4.923 km). Allerdings erreichte Bavaria mit 2.598 km nur einen deutlich unterdurchschnittlichen Wert und Wiggerl (der auch in anderen Werten in Bezug auf die Flugentwicklung herausragende Leistungen zeigt) eine wiederum deutlich überdurchschnittliche Distanz.
Die große Spannweite zwischen der maximalen und der minimalen Flugstrecke zeigt eine erhebliche Variabilität bei den zurückgelegten Entfernungen der Jungvögel. Es können unterschiedliche Faktoren (genetisch, physiologisch, standörtlich, etc.) dafür ursächlich sein.
Vergleich der weiteren Jahre

Logischerweise erhöhen sich ab dem zweiten Lebensjahr die Kilometerleistungen erheblich: Schließlich begannen die ersten Flüge unserer bisherigen Jungvögel im ersten Lebensjahr frühestens ab dem 20.6. (Sisi) bis zum 12.07. (Wally) und die erste Zeit ist von dem Erlernen der Flugfähigkeit und oftmals sehr kurzen Flügen geprägt.
Mit 22.008 km im 2. Lebensjahr erreichte Dagmar den bisher größten Wert insgesamt, gefolgt von Nepomuk mit 20.153 km an zweiter Stelle. Der Durchschnittswert im zweiten Lebensjahr betrug 16.937 km.
Erstaunlich an Dagmars Gesamtwert ist, dass sie nur wenige Kilometer hinter dem ältesten Vogel, Bavaria, zurückliegt, obwohl sie ja ein ganzes Jahr weniger zur Verfügung hatte. 2024 war dieser Wert aber wieder beinahe um 10.000 km niedriger bei knapp 14.000 km (bei ihr kamen aber, wie erwähnt, in diesem Jahr auch niedrigere Meldedichten zum Tragen). Dies stellt allerdings den niedrigsten Wert aller fünf älteren Vögel in diesem Jahr dar.
Bavaria erhöhte ihren Wert 2024 gegenüber den beiden Vorjahren leicht. Nepomuk zeigt in seinem zweiten Jahr die zweithöchste Summe überhaupt (nach Dagmar), was nicht besonders erstaunt, wenn man sich seine eindrucksvollen Flüge quer durch den Alpenbogen ansieht.
Auch hier zeigt sich wieder eine große Bandbreite an ermittelten (reduzierten) Flugdistanzen.
Überblick und Zusammenfassung der Werte

Spitzenreiter
- Bavaria: 42.854 km – höchste Gesamtleistung über vier Jahre.
- Dagmar: 40.038 km – trotz späterer Auswilderung fast gleichauf.
- Nepomuk: 24.811 km – mit starkem Anstieg im zweiten Jahr.
- Wiggerl: 8.542 km - mit Abstand die höchste Flugdistanz aller Vögel im ersten Jahr.
Durchschnittswerte
- Mittelwert im 1. Lebensjahr: 4.923 km
- Mittelwert im 2. Lebensjahr: 16.937 km – bestätigt die starke Zunahme mit wachsender Flugerfahrung.
Entwicklungstrends
- Dagmar: Rekordjahr 2023 (22.008 km), Rückgang 2024 durch geringere Meldedichte.
- Recka: kontinuierlicher Anstieg von 3.824 km (2022) auf 15.377 km (2024).
- Sisi und Nepomuk: zeigen typische Steigerung vom ersten zum zweiten Jahr.
Prognose
- Nepomuk dürfte auch 2025 zu den Spitzenfliegern zählen.
- Dagmar könnte bei stabiler Senderleistung erneut hohe Werte erreichen.
- Vinzenz steht am Anfang seiner Entwicklung – seine Flugleistung wird 2025 besonders spannend zu beobachten sein.
- Wiggerls bisherigen Daten lassen sehr weite Distanzen für sein 2. Lebensjahr erwarten.
Fazit
Obwohl es leider nicht möglich ist, die exakte Anzahl an geflogenen Kilometern zu bestimmen, können die unterschiedlichen Flugleistungen der jeweiligen Jungvögel durch gleiche Reduktionsfaktoren miteinander vergleichen werden. Die so erhaltenen Werte sind aber durchaus trotzdem beeindruckend. Interessant ist sowohl generell der teilweise erhebliche Unterschied zwischen den einzelnen Individuen als auch der jeweilige Unterschied ein und desselben Individuums in unterschiedlichen Jahren.
Ein kleines Manko bei der Vergleichbarkeit bleibt durch die einzelnen Senderausfälle. Allerdings dürften die Größenordnungen trotzdem noch einigermaßen hinkommen.
Es wird spannend zu sehen, wie diese Entwicklungen weitergehen, solange die Sender hoffentlich noch aktiv und befestigt sind.
Eine kleine Prognose sei gewagt: Wiggerl wird auch in Zukunft in der oberen Liga spielen, was die Flugleistung betrifft.
Mitdiskutieren im LBV Forum
Die letzten 5 Beiträge im Forum:
von David Schuhwerk,