Statusupdate 2/2025 - Fortschritte beim Fliegen
Erste Höhenflüge und ein verletztes Bein

Ein wichtiger Bestandteil des Auswilderungsprojekts ist das lückenlose Monitoring vor Ort. Unsere Beobachtungen wollen wir natürlich auch mit Euch teilen und veröffentlichen in loser Reihenfolge neue Informationen an dieser Stelle. Im heutigen Statusbericht berichten wir über die Entwicklungen seit den Erstflügen.
Seit dem ersten Update ist einiges passiert. Inzwischen ist Generls Erstflug schon über zwei Wochen her und auch Luisa hatte schon ein paar Tage Zeit um ihre neue, essenzielle Fähigkeit auszuprobieren. Leider ist bei Luisa seit einigen Tagen eine Verletzung am linken Bein aufgetreten, deren Ursache vermutlich von einer verunglückten Landung herstammt.
Flugentwicklung
Die Flugfähigkeit nimmt allmählich zu. Im Vergleich mit den bisherigen Jungvögeln bleibt Generl allerdings etwas zurück was die Dauer und Frequenz der Flüge betrifft. Dies ist jedoch nicht verwunderlich, wenn man das junge Alter ihres Erstfluges betrachtet. Da die Flugfähigkeit stark mit dem Alter korreliert, sind die Werte in dieser Hinsicht einfach niedriger als bei anderen Vögeln im gleichen Zeitraum nach dem Erstflug, die zu dem Zeitpunkt älter waren.
Trotz der sehr viel kürzeren Zeit, die bei Luisa seit dem Erstflug vergangen ist, liegt sie nahezu gleichauf mit Generl, was Anzahl und Länge der Flüge betrifft. Beide haben bereits je einen Flug über drei Minuten erreicht, der Durchschnittswert liegt allerdings noch deutlich darunter, bei jeweils etwa 30 Sekunden.
Ähnlich wie Nepomuk hielt sich vor allem Luisa in den vergangenen Tagen aber noch gerne in und um die Nische herum auf.
Am 02.07. wurde sie beim Fliegen allerdings von einer offensichtlich besonders starken Thermik erwischt und weit hinaufgetragen. Offensichtlich überrascht schaffte sie es nicht, wieder nach unten zu fliegen. Dort oben kreiste sie gekonnt, wurde dann aber, als sie sich an einem Vorsprung hingesetzt hatte, zweimal vom Steinadlerterzel attackiert. Die Attacken waren nicht beeinträchtigend für sie, aber grundsätzlich ist das natürlich schon eine potentiell gefährliche Situation.
Im Zuge dessen verließ Luisa dann tatsächlich die Halsgrube und flog auf die Rückseite des Knittelhorns, wo sie auch die Nacht verbrachte. Am nächsten Tag segelte sie gegen Mittag wieder in größerer Höhe vorm Knittelhorn herum und schaffte es dann in einem von den Steinadlern unbeobachteten Moment wieder ganz gut nach unten zu gelangen.
So früh wie sie hatte noch kein Jungvogel die Halsgrube verlassen, geschweige denn eine Nacht „außerhalb“ verbracht.
Interaktionen

Seit einigen Tagen ist das Klausbacher Steinadlerpärchen sehr stetig ab dem frühen Morgen in der Halsgrube unterwegs. Bis zu Nepomuks Verteidigung der Halsgrube Mitte letzter Woche gab es vorher noch keine Kontakte. Leider verließ dieser Tags darauf jedoch das Tal und konnte folglich nicht mehr als Beschützer agieren.
Seitdem unsere Jungvögel jedoch gelegentlich auch mal höher steigen, schalten die beiden Revierinhaber sich recht schnell ein und zeigen ihre Präsenz. Jedes Jahr kommt es schon im frühen Flugstadium der Jungvögel zu den ersten Konfrontationen. In einigen Wochen, wenn diese eine bereits beeindruckende Flugfähigkeit erreicht haben, lässt dann auch die Brisanz solcher Begegnungen nach. Bis dahin kann man nur hoffen, dass es zu keinen brenzligen Situationen kommt und die beiden Jungvögel aus den Erfahrungen lernen.
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen uns aber, dass das in der Regel gut funktioniert und die jungen Bartgeier schon erstaunlich schnell dazulernen und nach gar nicht so langer Zeit dann schon dazu fähig sind, auch die Steinadler aus ihrem „Kinderzimmer“ zu vertreiben.
Rund um den Futterplatz sind wie in jedem Jahr auch die Rabenkrähen wieder präsent und profitieren von der ausgelegten Nahrung. Dabei handelt es sich heuer wohl um ein Paar, deren Nachwuchs inzwischen auch groß genug ist, um ein wenig Geierfutter zu stibitzen. In den vergangenen Jahren waren es auch häufiger größere Junggesellentrupps, die in die Halsgrube „einfielen“.
Flügelschlagtraining und Vergleich

Auch wenn es mittlerweile natürlich keine Rolle mehr spielt, ist ein Rückblick und Vergleich des Flügelschlagtrainings trotzdem noch interessant. Im Gesamtbild wird einerseits das insgesamt höhere tägliche Niveau von Generl, als auch die äußerst kurze Zeit bis zum Erstflug deutlich, woraus sich bei ihr eine sehr geringe Gesamtsumme ergibt. Der Mittelwert bleibt etwas unter dem Durchschnitt. Luisa zeigte ein relativ niedriges tägliches Pensum (Mittelwert 135) das nur von Bavaria (132) und besonders deutlich von Wally (88) unterboten wird. Die Gesamtsumme wird ebenfalls nur noch von Wally untertroffen. Luisa stellt dafür in folgender Hinsicht neue Negativrekorde auf: Keiner unserer Jungvögel hat nach der Hälfte der Nischenzeit so geringe Werte gezeigt wie Luisa und das auch noch an mehreren Tagen.
Beide Vögel zeigten am Vortag des Erstflugs hohe Aktivität auf, was im Vergleich mit dem anderen nicht dem typischen Muster entsprecht: Häufiger waren zu diesem Zeitpunkt besonders niedrige oder allenfalls durchschnittliche Werte. Erstaunlich ist bei Luisa, die bisher als Einzige in der zweiten Tageshälfte startete, dass sie an demselben Tag noch mehr als 200-mal mit den Flügeln schlug.
(Ein detaillierter Vergleich aller Vögel ist gerade in Arbeit und wird nach Fertigstellung hier im Blog veröffentlicht).
Beinverletzung bei Luisa
Wie damals bei Nepomuk scheint Luisa sich am linken Bein eine Verletzung zugezogen zu haben. Sie vermeidet ganz deutlich eine Belastung des linken Beins, allerdings benutzt und belastet sie dieses durchaus noch, weshalb beispielsweise nach Expertenmeinung ein Bruch ausgeschlossen werden kann. Ebenfalls wie damals vermuten wir, dass sie sich diese bei einer misslungenen Landung zugezogen haben könnte. Am 28. und 29.06. kam es bei ihr zu insgesamt vier „Bruchlandungen“, kurz danach wurde es das erste Mal registriert.
Wir sind im ständigen Austausch mit den internationalen Veterinären im Projekt und beobachten die Situation genau. Wichtig ist es, zu sehen, ob die Verletzung besser oder schlechter wird, dass die Nahrungsaufnahme weiterhin gut klappt und ob sich ihr sonstiges Verhalten ändert.
Insgesamt sind wir aber guter Dinge, dass es sich (wie bei Nepomuk) vielleicht nur um eine Verstauchung oder ähnliches handelt. Sie ist auch zu Fuß noch verhältnismäßig mobil, fliegt und frisst gut.
Verbesserte Beziehung untereinander
Auch wenn die Interaktionen der beiden im Vergleich zu früheren Konstellationen bisher sowohl weniger aggressiv, als auch weniger innig waren, scheint sich nun eine friedlichere Beziehung einzustellen. Mehrmals konnten wir in den letzten Tagen physische Nähe und gar Schnäbeln beobachten, was auf ein harmonisches Miteinander hinweist.
Schlafplätze im steilen Fels

Ganz intuitiv suchen sich die beiden naturgemäß Schlafplätze, die sich an Felsabsätzen und schmalen Graten in den unteren Teilen der Halsgrube gelegenen Dolomitwänden, befinden. Dies deckt sich mit den Erfahrungen der ersten Jahre, in denen unsere Bartgeier ebenfalls ähnliche Standorte aufsuchten.
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von David Schuhwerk,