VOGELSCHUTZ 1-23

FOTOS: FRANK DERER, CHRISTOPH BOSCH Dazu war ursprünglich vorgesehen, einen Teil der geschützten Gebiete unter einen „strikten“ Schutz zu stellen. Das hätte vielfach einen kompletten Nutzungsverzicht bedeutet und war nicht durchsetzbar. Trotzdem bleibt das „30x30“-Ziel die größte jemals zum Schutz von Lebensräumen eingegangene Verpflichtung der Staatengemeinschaft. Wird sie konsequent umgesetzt, kann nach wissenschaftlichen Analysen ein Großteil der heute vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten gerettet werden. Ebenso wurde das Ziel, die Plastikverschmutzung bis 2030 zu beenden, abgeschwächt. Raumplanung, Renaturierungen, Pestizide Trotz solcher Kompromisse ist dennoch fast durchweg ein ehrgeiziger „Masterplan“ zur Rettung der Natur beschlossen worden. So sollen die Belange der Natur künftig in jeder Raumplanung zur Landnutzung berücksichtigt werden, um den Verlust intakter Natur bis 2030 „fast auf null“ zu verringern. Ferner sollen bis 2030 auf der Fläche von mindestens 30 Prozent aller ökologisch geschädigten Lebensräume Renaturierungen erfolgen. Besonders wichtig ist die Verpflichtung der Staaten, das Risiko durch Pestizide bis 2030 zu halbieren, da dies einen der größten Treiber des Artensterbens adressiert. Insgesamt umfasst das Abkommen 23 „Aktionsziele“, mit denen bis 2030 die Wende in der größten Aussterbekrise seit Bestehen der Menschheit geschafft werden soll. Uhren ticken auch in Deutschland Nun gilt es, die Beschlüsse rasch in nationale Biodiversitätsstrategien zu „übersetzen“ und mit ihrer Umsetzung zu beginnen. Die Arbeiten an einer neuen deutschen Biodiversitätsstrategie laufen bereits. Noch vor dem Sommer soll ein an das Montreal-Abkommen angepasster Entwurf fertig sein. Dabei gilt es auch, die Vorgaben der EU-Biodiversitätsstrategie (die etwa beim 30-Prozent-Ziel härter ausfällt als das Montreal-Abkommen) zu berücksichtigen. Noch im Herbst will das Bundeskabinett die neue Strategie verabschieden. Ähnliche Prozesse laufen in den anderen Ländern; eine Zwischenbilanz wird bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz 2024 in der Türkei gezogen. Paris-Moment für die Natur Dass es gelingen wird, bis 2030 die weitere Ausrottung von Arten völlig zu stoppen und die Zerstörung der Ökosysteme „nahe null“ zu bringen, ist ungefähr so wahrscheinlich wie das Erreichen des Pariser Klimaziels, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Genauso wie jedes vermiedene Zehntelgrad Erwärmung aber einen großen Unterschied macht, bedeutet jede einzelne vor der Ausrottung bewahrte Art, jeder intakte Lebensraum einen Etappensieg im Kampf für die Bewahrung des Netzwerks des Lebens. Deshalb gilt es, möglichst nah an die in Montreal gesteckten Ziele heranzukommen und der Natur so doch noch zu einem „Paris-Moment“ zu verhelfen. LBV MAGAZIN 1|23 45 THOMAS KRUMENACKER Freier Umweltjournalist E-Mail: hthomas.krummenacker@ gmail.com Moorfrosch

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