VOGELSCHUTZ 1-23

T H EMA FOTOS: M. GRAUL/ADOBE STOCK, M. SCHÄF, W. ROLFES, B. TRAPP/ADOBE STOCK, M. KÖNIG Partnerwahl Anfang Mai kehren die ersten Weibchen aus dem Winterquartier zurück, die Brutsaison beginnt. Sobald sich ein Paar gefunden hat, lässt das Männchen seine Partnerin nicht mehr aus den Augen. „Mate guarding“ nennen die Forscher dieses Verhalten, denn Seitensprünge sind wie bei vielen anderen Singvögeln auch beim Braunkehlchen nicht unüblich. Das Weibchen, unauffälliger gekleidet als sein Partner mit der rostorangen Kehle, fast schwarzen „Backen“ und weißem Überaugenstreif, sucht sich einen gut versteckten Ort im hohen Gras am Boden, um sein Nest zu bauen. Seine fünf blauen Eier brütet es zwei Wochen lang aus und unternimmt in dieser Zeit nur kurze Flüge zur Nahrungsaufnahme. Bei diesen wird es von seinem „treuen“ Partner begleitet, der den Rest der Zeit damit verbringt, das Revier zu verteidigen, und sich vielleicht auch mit dem ein oder anderen Weibchen aus der Nachbarschaft trifft. Hungrige Schnäbel Wenn die Jungen Anfang Juni schlüpfen, ist die Mithilfe des Männchens gefragt. Unermüdlich schaffen beide Partner Insekten für die hungrigen Schnäbel herbei. Die Jungvögel hält es dabei nicht lange im Nest. In den ersten Tagen können sie noch nicht fliegen, aber dann verlassen sie es so bald wie möglich. Sie verstecken sich in der hohen Wiesenvegetation. Diesem Umstand ist es geschuldet, dass Schutzprogramme das Mahdregime vertraglich an die Brutsaison der Wiesenbrüter anpassen. Erst ab Mitte Juli dürfen hier die Mähmaschinen fahren, damit die Nester nicht zerstört und versteckte Jungvögel nicht getötet werden. Wird dann noch schonend mit einem Balkenmäher gemäht, überleben viele der Insekten, die Nahrungsgrundlage für Wiesenbrüter und unzählige andere Tiere sind. Vorbereitung auf den Rückflug Ab August nehmen die Braunkehlchen zum zweiten Mal in einem Jahr die Gefahren und Strapazen des langen Flugs nach Afrika auf sich. Wo werden sie am Weg Nahrung finden? Wie ist die Situation in den Savannen Afrikas? Das Überwinterungsgebiet ist weitgestreckt und reicht vom Senegal bis Äthiopien, von der West- bis zur Ostküste. Dadurch verteilen sich die Vögel über eine große Fläche und sind so nicht gleichermaßen von etwaigen Gefahren betroffen. Generell leidet die Art aber auch in Afrika unter einer zunehmend intensiveren Landnutzung. Hinzu kommen Veränderungen des Niederschlags und der Vegetation, die das Nahrungsangebot einschränken. In Bayern vom Aussterben bedroht In Bayern ist der „Wiesenschmätzer“ vom Aussterben bedroht. Beginnend mit der Flurbereinigung in den 1950er Jahren hat sich der Rückgang der Braunkehlchenpopulationen in den letzten Jahrzehnten dramatisch verschärft. Die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft, aber auch die Verbuschung offener Flächen sind die Hauptursachen für diese dramatischen Populationsrückgänge. Überdüngung führt zu monotonen Wiesen, die zwar rasch wachsen und oft gemäht werden können, aber artenarm sind. Die frühe und häufige Mahd hat oft tödliche Auswirkungen auf Jung- und Altvögel. In ganz Europa sind die Bestände in den letzten Jahrzehnten je nach Region um 50 bis weit über 90 Prozent zurückgegangen. Das hilft dem Braunkehlchen Kurzfristig hilft es dem Braunkehlchen, Wiesen wieder strukturreicher zu gestalten. Bambusstöckchen, Elefantengras oder Schilf dienen ihm als künstliche Sitzwarten. Einem Cluster mehrerer hundert Stecken in der Nähe von Brut- und Nahrungsflächen kann kein Braunkehlchen widerstehen. Auch Altgrasstreifen, die über mehrere Jahre stehenbleiben, Wie im Vorjahr bei der Wahl zum Vogel des Jahres 2022, dem Wiedehopf, stellte ein Fachgremium von NABU und LBV für 2023 fünf Vogelarten zur Wahl, nämlich Braunkehlchen, Feldsperling, Neuntöter, Trauerschnäpper und Teichhuhn. Bundesweit haben sich fast 135.000 Menschen an der Wahl beteiligt, aus Bayern gingen über 14 Prozent der Stimmen ein. UND DER GEWINNER IST ... Braunkehlchen 43,5 % Feldsperling 18,0 % Neuntöter 16,4 % Trauerschnäpper 15,6 % Teichhuhn 6,5 % 14 LBV MAGAZIN 1|23

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