Von den Seen in die Berge: Ein finnischer Bartgeier für Berchtesgaden
LBV und Nationalpark Berchtesgaden wildern Ende Mai zum vierten Mal zwei junge Bartgeier aus – Vögel stammen aus Österreich und Finnland
Dichte Wälder, tausende Seen und heiße Saunen: Das glücklichste Land der Welt hat viel zu bieten. Aus Finnland kommt in diesem Jahr auch gefiederter Zuwachs für Deutschlands Bartgeierprojekt. Auch 2024 wildern wir und der Nationalpark Berchtesgaden wieder zwei junge Bartgeier in Bayern aus.

Erstmals stammt einer unserer kleinen Bartgeier aus dem Zoo von Helsinki. Die Verstärkung aus Finnland für die alpine Geierpopulation zeigt, wie groß der Aufwand und wie beeindruckend die Vernetzung im europäischen Bartgeier-Zuchtnetzwerk der Vulture Conservation Foundation ist. Der zweite Bartgeier stammt aus dem Richard-Faust-Zentrum im österreichischen Haringsee, in dem auch schon der 2023 ausgewilderte „Nepomuk“ geschlüpft ist. Ende Mai wird das gemeinsame Projekt-Team die beiden Jungvögel in die bewährte Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden setzen.
Das Küken des nördlichsten Bartgeierzuchtpaars Europas ist am 2. März zur Welt gekommen. Wir kennen das Schlupfgewicht und das Geschlecht des Kükens bisher noch nicht. Da es in Helsinki meist sehr kalt ist, wollten die dortigen Experten den Jungvogel nicht aus dem warmen Nest der Eltern nehmen, um ihn zu untersuchen und eine Blutprobe zur Geschlechtsbestimmung zu entnehmen.
Der kleine Partakorppikotka, wie die finnische Bezeichnung für Bartgeier lautet, wird erst im Alter von etwa 90 Tagen genau in Augenschein genommen. Dann wird er für den Transport nach Berchtesgaden aus der elterlichen Voliere geholt und per Frachtflug von Helsinki nach Wien gebracht. Seine älteren Geschwister aus den Vorjahren wurden in Andalusien und auf Korsika ausgewildert.
Der bisher schwerste Jungvogel im bayerischen Wiederansiedlungsprojekt

Das am 3. März im Richard-Faust-Zentrum in Haringsee, der ältesten Bartgeierzuchtstation der Welt, geschlüpfte Küken, ist mit beeindruckenden 178 Gramm bisher der schwerste Jungvogel im bayerischen Wiederansiedlungsprojekt. Eine frisch geschlüpfte Amsel wiegt gerade einmal sechs Gramm. Dieser Vergleich macht die gewaltigen Dimensionen eines Bartgeiers – sogar schon als Küken – deutlich.
Der österreichische Junggeier wird nicht von seinen leiblichen Eltern, sondern von einem Ammenpaar aufgezogen. Seine biologischen Eltern kümmern sich schon um ein weiteres, zuvor geschlüpftes Bartgeierküken.
Da Geschwisterküken bei Bartgeiern von Natur aus sehr aggressiv gegeneinander sind und immer nur das Stärkere überlebt, wurde das zweite Küken einem Paar ohne eigenen Nachwuchs untergeschoben. Diese Adoptionen sind im Erhaltungszuchtprogramm üblich und sehr erfolgreich. Für dieses Ammenpaar ist es allerdings das erste Küken, entsprechend aufgeregt sind sowohl die Zieheltern als auch das Pflegepersonal vor Ort. Bisher verläuft die Aufzucht reibungslos, sodass erwartet wird, dass der Jungvogel erfolgreich aufwächst.
Auswilderung der neuen Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden
Neuer Rekord in Europa: 44 Bartgeier-Küken geschlüpft
Die ersten vier Bartgeier im unserem Gemeinschaftsprojekt mit dem Nationalpark Berchtesgaden stammten aus Spanien. Im Vorjahr kamen „Sisi“ und „Nepomuk“ in Österreich zur Welt. Mehr als 40 Zoos und spezialisierte Zuchtstationen haben sich der Nachzucht des früher in Europa weitestgehend ausgerotteten Bartgeiers verschrieben. Im Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wurden dieses Jahr 44 Küken ausgebrütet, ein neuer Rekord. Von diesen sind 25 für zehn verschiedene Auswilderungsplätze etwa in Spanien, Frankreich, der Schweiz und Berchtesgaden eingeplant. Die restlichen Vögel verbleiben zur weiteren Nachzucht im EEP.
