Frühstart von Nepomuk: einen Tag nach Sisi fliegt zweiter Bartgeier völlig überraschend aus

Einer der frühsten Jungfernflüge in der europäischen Projektgeschichte – Bartgeier dem LBV melden

Nachdem gestern mit Sisi bereits der erste der beiden dieses Jahr von uns und dem Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderten junge Bartgeier seinen Jungfernflug absolviert hat, hat es ihr heute Morgen Geiermännchen Nepomuk völlig überraschend gleichgetan.

„Um 7.20 Uhr ist Nepomuk aus der eingezäunten Felsnische im Klausbachtal abgehoben, wie ein Profi losgesegelt und hat seinen ersten Flug sehr elegant absolviert. Unser erstes Männchen im Projekt ist gerade einmal 107 Tag alt und somit einer der jüngsten Geier auf dem Jungfernflug in der über 30-jährigen Geschichte des europäischen Auswilderungsprogramms“, freut sich LBV-Projektleiter Toni Wegscheider.

Sehr überraschender Erstflug im jungen Alter von 107 Tagen

Bartgeier Nepomuk in der Nische setzt zum Flügelschlag an | © Richard Straub © Richard Straub
Nepomuk hat schon in den vergangenen Tagen intensiv seine Flugmuskulatur trainiert

Junge Bartgeier wagen ihren ersten Ausflug im Durchschnitt um den 120. Lebenstag. Da Nepomuk eine Woche jünger und deutlich kleiner als Sisi ist, kam sein Jungfernflug heute Morgen für das gesamte Projektteam sehr überraschend. „Auch wenn Nepomuk in den vergangenen Tagen für sein junges Alter seine Flugmuskulatur mit täglichen intensiven Übungsflügelschlägen bereits sehr fortgeschritten trainierte, hat wirklich niemand von uns damit gerechnet, dass er mit gerade mal 107 Tagen schon den Ausflug aus der Nische wagt“, so Nationalparkdirektor Dr. Roland Baier.

Nach kurzem Anvisieren seiner Zielregion flog Nepomuk in der Morgensonne außergewöhnlich souverän ab und segelte in Richtung eines zuvor vom Projektteam bestückten Futterplatzes (siehe Video). „Nach seiner Landung in einer Felsrinne hat sich der noch sehr zierliche Bartgeier erst mal einige Zeit in der neuen Situation orientiert. Erfahrungsgemäß folgen nach dem Erstflug aber bereits am selben Tag weitere Übungsflüge, die genau wie die von Sisi vom ständig präsenten Betreuungsteam überwacht werden“, erklärt Toni Wegscheider.

Alle Bartgeier im Auswilderungsgebiet überraschend schnell unabhängig

Neben dem Futter, das das Bartgeier-Team von Nationalpark und LBV bereits in Vorbereitung auf die beiden Ausflüge in Felsrinnen in direkter Umgebung der Nische ausgebracht hat, haben die Vorjahre gezeigt, dass die Vögel im Nationalpark ausreichend Futter für Aasfresser finden. „Trotz weiterhin bestückter Futterplätze haben alle Geier das Auswilderungsgebiet irgendwann kaum mehr angeflogen und waren überraschend schnell unabhängig von menschlicher Unterstützung. Einen ähnlichen Verlauf erwarten wir auch dieses Jahr mit Sisi und Nepomuk“, berichtet Toni Wegscheider.

Projektmitarbeitende werden auch in den kommenden Wochen immer vor Ort sein und das Verhalten der beiden jungen Bartgeier weiterhin genauso intensiv überwachen wie bisher. Auch wenn die jungen Bartgeier ihre Erstflüge souverän absolviert haben, werden die beginnenden Übungsflüge es beiden Vögeln bereits nach wenigen Wochen ermöglichen, elegant in den Gipfelregionen des Nationalparks zu kreisen.

„Naturfotografinnen und Naturfotografen werden angehalten, großen Abstand zu den beiden Bartgeiern zu halten. Nationalpark-Ranger sind vermehrt im Einsatz, um die jungen Bartgeier vor aufdringlichen Gästen zu schützen“, sagt Roland Baier.

Wo fliegen die anderen Bartgeier?

Bavaria (*2021) fühlt sich schon länger im Salzachtal östlich des Nationalparks Berchtesgaden sehr wohl. Zusammen mit der ein Jahr jüngeren Recka (*2022) fliegt sie dort bevorzugt im österreichischen Tennen- und Hagengebirge umher. Mit etwas Glück können in der Gegend sogar beide Bartgeier zusammen beobachtet werden.

Dagmar (*2022) zeigt von allen bisherigen bayrischen Bartgeiern den größten Entdeckungsdrang und erkundet weite Gebiete der Schweiz, Südtirols und des Alpenhauptkamms und verweilt aktuell in Frankreich.

Die aktuellen Flugrouten aller drei Bartgeier-Damen sowie die kommenden Ausflüge von Sisi und Nepomuk, sobald sie im Spätsommer das Klausbachtal verlassen haben, können Sie HIER mitferfolgen.

Bartgeiersichtungen dem LBV melden

Bartgeier im Flug | © Kevin Gundi © Kevin Gundi
Melden Sie uns gern alle Bartgeier, die Sie in den Alpen sehen per E-Mail oder Online-Meldeformular

Neben den aktuell häufig im Umfeld des Nationalparks fliegenden Bavaria und Recka wurden in letzter Zeit auch mehrfach andere durchziehende Bartgeier in den bayrischen Alpen gesichtet.

Wir rufen deshalb alle dazu auf, uns in Zukunft vor allem außerhalb des Auswilderungsbereichs Sichtungen von Bartgeiern per E-Mail zu melden unter oder per Online-Formular.

„Am wichtigsten ist uns, dass beim Melden immer ein Foto oder Video mitgeschickt wird, selbst wenn es nur unscharf mit dem Smartphone aufgezeichnet wurde“, so Toni Wegscheider. Wenn möglich sollten dabei auch noch die Flugrichtung und Aktivitäten beschrieben werden, sowie möglichst genaue Gefiedermerkmale wie die Farbe der Federn an verschiedenen Körperstellen sowie helle Flecken oder Markierungen

Offizielle Bartgeier-Führungen

Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich in den kommenden Wochen alle Besuchenden täglich bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Sisi und Nepomuk gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es auf der Webseite des Nationalparks Berchtesgaden im Bereich Veranstaltungen sowie unter .

Das Bartgeier-Projekt

Logo Bartgeierprojekt

Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert.

Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogelschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung.

Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen.

 

 

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© Ralph Sturm

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