Auf geht’s in die Alpen: Nepomuk und Sisi fliegen über die Gipfel Österreichs

Ausgewilderte Bartgeier haben den Nationalpark Berchtesgaden verlassen und gehen in den Alpen auf Entdeckungstour – Flugrouten aller Bartgeier im Internet verfolgen

Der Ende Mai durch den LBV und den Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier Nepomuk ist am 16. September aus seinem bisherigen Aufenthaltsgebiet im Nationalpark aufgebrochen und erkundet nun den österreichischen Nationalpark Hohe Tauern. Nur einen Tag später folgte die ebenfalls in diesem Jahr ausgewilderte Bartgeierdame Sisi in dieselbe Region der österreichischen Zentralalpen.

Sisi im Flug über Berchtesgaden | © Markus Leitner © Markus Leitner
Bartgeierdame Sisi ist am 17. September in die österreichischen Zentralalpen aufgebrochen.

Es freut uns ungemein, dass Nepomuk, der jünger und deutlich kleiner als seine Gefährtin Sisi ist, nun als erster den großen Schritt hinaus in die Wildnis der Alpen wagt. Wie alle jungen Bartgeier werden die beiden Vögel in den nächsten Jahren über weite Teile des Alpenbogens fliegen und dabei tausende Kilometer zurücklegen. Damit ist die dritte Saison im gemeinsamen Auswilderungsprojekt des Bartgeiers in Bayern weitgehend abgeschlossen.

Dank GPS-Sendern auf dem Rücken der Vögel können Bartgeier-Fans die Flugrouten aller bisher ausgewilderten Geier durch Europa online mitverfolgen.

Im Juni startete das zierliche Bartgeiermännchen Nepomuk außergewöhnlich früh zu seinem Jungfernflug im Alter von nur 107 Tagen. Im Durchschnitt brechen junge Bartgeier erst nach 120 Tagen zum ersten Flug auf. Obwohl Nepomuk sich in der ersten Phase seiner Flugübungen sichtlich schwer tat mit Sisi mitzuhalten, holte er seinen Rückstand bald auf.

Im Spätsommer war Nepomuk deutlich entdeckungsfreudiger als seine Artgenossin Sisi. 100 Kilometer Flugstrecke pro Tag waren bei seinen Ausflügen bis nach Tirol und in die Salzburger Kalkalpen keine Seltenheit. Nun legte Nepomuk eine beachtliche Distanz von über 300 Kilometer nach Süden in die Zentralalpen des österreichischen Nationalparks Hohe Tauern zurück.

Sisi und Nepomuk auf Entdeckungstour

Sisi Hohen Tauern | © Markus Leitner © Markus Leitner
In den nächsten ein bis zwei Jahren werden Sisi und Nepomuk bis zu 10.000 Quadratkilometer zurücklegen.

Wie schon Recka, Dagmar und Bavaria aus den ersten beiden Projektjahren werden Nepomuk und Sisi nun mindestens zwei bis drei Jahre den Alpenraum durchstreifen und dabei Ausschau nach Nahrung und anderen Bartgeiern halten. Sie fliegen dabei durch Gebiete von bis zu 10.000 Quadratkilometern. Um sesshaft zu werden und ein Revier zu gründen, kehren die meisten Bartgeier allerdings wieder in ihre Herkunftsregion zurück. Das Bartgeier-Team von LBV und Nationalpark Berchtesgaden ist also optimistisch, beide Vögel in einigen Jahren wieder im weiteren Umfeld des Nationalparks beobachten zu können. Auch wenn wir durch die GPS-Sender die Flugrouten aller Geier gut überwachen können, bitten wir darum, Bartgeiersichtungen im Online-Meldeformular zu melden. Am besten mit einem Foto, denn selbst auf einem Handybild lassen sich oft überraschend viele Details finden.

In diesem Jahr war für die Expertinnen und Experten besonders spannend, dass Sisi nur einen Tag nach Nepomuk aus dem Nationalpark aufgebrochen ist. In den bisherigen beiden Projektjahren dauerte es jeweils einige Wochen bis nach dem ersten Bartgeier auch dessen Artgenosse dauerhaft abgeflogen ist. Zum Ende ihrer Zeit im Nationalpark kreisen die Geierjungvögel zwar noch direkt über den bestückten Futterplätzen, finden nun aber in den umliegenden Bergen so viel natürliches Aas, dass sie auf die zusätzlichen Futtergaben durch unsere Team verzichten können. Als reine Aasfresser suchen Bartgeier beispielswiese nach toten Gämsen oder den Überresten anderer, verendeter Wildtiere, deren Knochen sie verwerten.

Bis etwa 2030 sollen im Nationalpark Berchtesgaden jährlich zwei bis drei Bartgeier ausgewildert werden, um langfristig einen Brutbestand dieses imposanten, einst vom Menschen ausgerotteten Alpenbewohners aufzubauen. Da beide Geier in den nächsten Wochen immer noch gelegentlich in ihr bisheriges Aufenthaltsgebiet im Nationalpark Berchtesgaden zurückkehren werden, finden die kostenlosen Bartgeierwanderungen von LBV und Nationalpark Berchtesgaden noch bis auf weiteres statt.

 

Offizielle Bartgeier-Führungen

Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich alle Gäste täglich von 10 bis 16 Uhr bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Sisi und Nepomuk gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört.

Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen sowie unter .

Das Bartgeier-Projekt

Logo Bartgeierprojekt

Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogelschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen.

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© Ralph Sturm

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