FAQ - Zum Tod von Bartgeier-Jungvogel „Wally“
Häufige Fragen & Antworten
Am 10. Juni 2021 wurden die Bartgeier "Wally" und "Bavaria" erfolgreich im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert. Die beiden Bartgeierweibchen überstanden eigenständig und problemlos den Winter, inklusive längerer Ausflüge und erfolgreicher Nahrungssuche. Nachdem Wally seit Mitte April vermisst wurde und ihr Sender keine Daten mehr übermittelte, hat ein Kletterteam des LBV am 28. Mai Reste des verschwundenen Bartgeierweibchens Wally gefunden.
Alle Fragen und Antworten rund um den Fund von Wally beantworten wir hier.
Es ist noch unklar, woran sie gestorben ist. Wally wurde am 11.4.2022 noch in freier Wildbahn beobachtet und wirkte gesund. Auch die aufgezeichneten Flugleistungen und übermittelten Daten direkt vor dem Verschwinden sprechen für einen sehr guten Gesundheitszustand ihrerseits. Das letzte Signal ihres GPS-Senders erreichte uns am 15.4.2022.
Großfedern und Skelettteile von Wally, einen einzelnen Beinring, der eindeutig ihr zugeordnet werden kann, und den GPS-Sender.
- Am 11.04.2022 kam es zur letzten bestätigten Sichtbeobachtung von Wally am durch eine LBV-Ehrenamtlerin im Salzburger Bluntautal östlich der Grenze zum Nationalpark. Hier zeigte sie keine Auffälligkeiten und wies ein vitales Verhalten auf.
- Das letztes GPS-Signal wurde am 15.4.2022 um 10:54 Uhr aus dem Reintal östlich der Zugspitze übertragen.
- Ab dem 15.04. gab es diverse, schwer lokalisierbare Hinweise auf den Sender und mehrere Suchaktionen nach Wally und ihrem Sender. Schlechtwetter und organisatorische Herausforderungen verhinderten eine durchgängige Suche.
- Wiederholte, intensive Nachsuchen, auch mit VHF-Sender (Very High Frequency, Reichweite ca. 10 km unter Idealbedingungen, z.B. bei in Gipfelhöhe fliegendem Geier) und Kletterteams blieben in dem felsdurchsetzten Gelände leider erfolglos.
- Nachdem kürzlich das erste Mal seit dem 15. April unerwartet ein kurzzeitiges Signal des GPS-Senders empfangen wurde, konnte nach Ende der Schlechtwetterperiode am Samstag, dem 28. Mai, eine erneute Suche starten.
- Durch die neuen GPS-Koordinaten war ein direktes Ansteuern der Punkte im Steilgelände möglich. Nach kurzer Suche wurden die Überreste von Wally (Federn, Knochen, Beinring, Sender) in einer steilen Felsrinne an der Südflanke des Mauerschartenkopfs gefunden.
- Die Überreste wurden anschließend zur Untersuchung zu Experten einer unabhängigen Fachstelle gebracht.
Wallys Überreste wurden am 28.5.2022 am Südhang des Mauerschartenkopfs im Reintal östlich der Zugspitze auf 1500 Metern Höhe gefunden. Der Sender hatte kurz vorher überraschend nach einer wochenlangen Funkstille doch noch genaue GPS-Koordinaten geschickt, die wir am 28.5. direkt per GPS-Gerät ansteuern konnten.
Im Vorfeld hatte das Team große Schwierigkeiten im schwer begehbaren Gelände bei der Ortung des zusätzlich verbauten VHF-Senders: Das Signal wurde durch die vielen Felswände ständig abgelenkt, was eine genaue Ortung äußerst schwierig gestaltete.
Ein Bergführer und ehemaliger Nationalpark-Ranger und ein Biologe und Wiesenbrüterexperte, der erfahren im Umgang mit VHF-Empfängern ist.
Ohne die VHF Einheit hätten wir bis zur Meldung der späteren GPS-Signale nicht gewusst, dass der Sender überhaupt noch im Reintal ist. Die Telemetrie ist nur als Ergänzung zum GPS-Sender zu verstehen, da unbedingt eine gewisse Kenntnis über den ungefähren Aufenthaltsort des Senders bzw. Vogels vorhanden sein muss. Unter Idealbedingungen ist ein nur 8-10 km weit empfangbares VHF-Signal ortbar.
GPS-Sender werden für Bartgeier seit 2007 eingesetzt und seit 2010 werden GPS-Sender mit Solarpanels genutzt. Diese ermöglichen das Aufladen des internen Akkus. Allerdings sind diese Akkus auf ein geringes Gewicht optimiert und werden nur im Flug bei entsprechenden Witterungsbedingungen mit ausreichend Energieeintrag aufgeladen.
Die Sender (Modell Ornitela4G_E50g) sind mittels eines Gurtsystems an den Bartgeiern angebracht und es lassen sich damit sowohl die Flüge als auch die Vitalfunktionen verfolgen.
Wir haben die Überreste zu einer unabhängigen Fachstelle gebracht, wo auch andere tierische Überreste toter Vögel, die wir auffinden, von Experten und Expertinnen untersucht werden. Wir werden in Kürze erfahren, bis wann Untersuchungsergebnisse vorliegen.
88 % im ersten Jahr. Wally gehörte leider zu den restlichen 12 %. Im zweiten Lebensjahr steigt die Rate im Schnitt sogar auf eindrucksvolle 96 %.
Dies ist tatsächlich nicht bekannt, da nur sehr wenige wilde Bartgeier beringt und besendert sind und daher zu einem Großteil der Population kaum Aussagen über deren Verbleib gemacht werden können. Zudem wäre Wally ohne Sender nie gefunden worden. Von den unbesenderten, in den ersten Jahrzehnten der Bartgeierwiederansiedlung (Projektbeginn 1986) ausgewilderten Vögel (eine Besenderung ist erst seit 2008 üblich) gibt es eine große Dunkelziffer, wohin diese verschwunden sind. Zum Vergleich: Bei Steinadlern geht man von 75 % Todesrate bis zum Erreichen der Geschlechtsreife mit ca. 5 Jahren aus.
Wilde Bartgeier in Südafrika haben 90 % Jungenmortalität, diese aber durch menschliche Faktoren außergewöhnlich hoch.
Bei natürlicher Todesursache wird sich so etwas nicht vermeiden lassen und kommt bei Wildtieren einfach vor - auch Bartgeier sterben. Falls ein menschlicher Faktor wie Beschuss oder Bleivergiftung als Ursache entdeckt wird, werden wir mit aller Kraft gegen zukünftige Vorkommnisse solcher Art vorgehen. Wichtig ist: Mit der Auswilderung sind die jungen Bartgeier Wildvögel und niemand kann Verantwortung für ihr Wohlergehen tragen.
Ja. Wally und Bavaria haben nach ihrer Abwanderung aus dem Auswilderungsgebiet selbständig Nahrung gefunden und den ersten Winter offensichtlich gut überstanden. Die Halsgrube wurde nach ihrer Abwanderung von beiden nicht mehr als mögliche Quelle für Futter (Zufütterung) aufgesucht.
Nein, bei der geplanten Auswilderung von 20-30 Bartgeiern innerhalb von 10 Jahren war immer mit Todesfällen zu rechnen. Dass gleich einer der ersten Vögel nach einem Jahr umkommt, ist tragisch und überraschend, aber war mittelfristig nie zu vermeiden.
Keine. Denn die angewandte Methodik der Auswilderungen hat sich im grundsätzlichen Ablauf als bestens geeignet herausgestellt – auch im Nationalpark Berchtesgaden. Beide bisherigen Vögel haben sich als fit und bestens angepasst an ihren Lebensraum erwiesen. Der Tod eines Geiers bedeutet für eine so extrem seltene Vogelart natürlich einen Rückschlag für den künftigen Populationsaufbau. Aber für Reviergründungen und Bruterfolg müssen wir ohnehin über die Jahre nach und nach einen Bestand an Bartgeier aufbauen. Deswegen ist das Projekt auf 10 Jahre angelegt.
Dieses Ziel kann durch Wallys Verlust natürlich verzögert werden. Bei einer Abwanderung von Wally in die Westalpen wäre das jedoch ebenfalls der Fall gewesen, dann hätte sie – zumindest für unser Projektgebiet in den Ostalpen - auch keine Rolle beim Bestandsaufbau mehr innegehabt.
Nein. Für das übergeordnete Ziel, die Population in den Westalpen mit denen im Balkan und Kleinasien genetisch zu verknüpfen, ist jeder einzelne Geier von hoher Bedeutung. Dazu müssen möglichst viele Individuen in den Ostalpen ausgewildert werden. Für den künftigen Bestand kann Wally natürlich keinen Beitrag mehr leisten. Allerdings können wir nicht im Voraus wissen, welche Vögel später einmal erfolgreich brüten werden. Die Auswilderung von Wally und Bavaria erhöhte außerdem die öffentliche Wahrnehmung der zuvor in Deutschland kaum bekannten Art "Bartgeier". Das führte auch zum Verbot von Bleimunition auf der gesamten bayerischen Staatswaldfläche, das seit dem 1. April 2022 in Kraft getreten ist. Wally war auch aus diesem Grund ein unschätzbar wertvolles und von einer großen Fangemeinde innig geliebtes Tier