FOTO: CHRISTOPH BOSCH Monate im vergleichsweisen warmen Freistaat verbringen. Sorgfältig trägt Martin die Kläranlagen-Beobachtungen in seine Liste ein und merkt dann plötzlich auf. „Ich meine, ich höre eine Schwanzmeise“, sagt er und blickt konzentriert auf das kahle Gestrüpp zwischen Fußweg und Fluss. Von wegen kein Vogelstimmenprofi. Doch um sich zu vergewissern, will er die Meise lieber nochmal zu Gesicht bekommen. Und tatsächlich springt wenig später ein kleiner weißer Schneeball mit langem Schwanz schnurrend zwischen den kahlen Ästen umher. Trotz der dicken Wolken, die träge am Himmel kleben und aus denen immer wieder Nieselregen tropft, zaubert jede der entdeckten Arten dem Vogelkenner ein Lächeln auf die Lippen – egal ob es sich um eine vermeintlich besondere Entdeckung oder um übliche Verdächtige handelt. „Der Wintervogelatlas ist gerade auch in den kälteren Monaten ein schöner Anlass, um nach draußen zu gehen. Da haben die Ornithologen ja sonst nichts zu tun“, erklärt er augenzwinkernd. „Wenn ich erstmal rausgehe, dann sehe ich eigentlich immer etwas Tolles.“ Bei seinen bisherigen Touren zum Projekt begleitete ihn außerdem seine Frau. „Man kann das super gemeinsam machen“, findet er. Immerhin würden vier Augen mehr sehen als zwei. Denn da tummelt sich noch mehr im Verborgenen als er heute bisher zu Gesicht bekommen hat, da ist sich Martin Trapp sicher. „Wo ist das Rotkehlchen? Wo ist der Buntspecht?“, fragt er. Die Antwort darauf bleibt heute aus. Immerhin ein Teichhuhn, das gerade auf dem Fluss nach Nahrung sucht, kann der Naturschützer noch ergänzen. Wenig später blickt Martin Trapp von oben auf den Lech und das Teichhuhn. Von der Autobahnbrücke aus, die über den Fluss führt, verschafft er sich einen Überblick. Ruhig scannt er die Landschaft während hinter ihm scheppernd hunderte Autos vorbeijagen und die Brücke zum Beben bringen. Am rechten Ufer führt ein kleines Geröllfeld ins Wasser. Dort sucht er nach der Gebirgsstelze – ein filigraner Vogel, der besonders aufgrund seiner leuchtend gelben Unterseite auffällt. „Ich habe schon ein bisschen Erfahrung, deswegen weiß ich, wo ich was erwarten kann“, erklärt er. Die Gebirgsstelze mag diese Erwartungen heute allerdings nicht erfüllen – kein gelber Tupfer auf dem grauen Stein. Für den Wintervogelatlas ist Martin Trapp in zwei Erfassungsperioden unterwegs: Im frühen Winter zwischen Mitte November und Ende Dezember und im Hochwinter, zwischen Anfang Januar und Mitte Februar. In jedem der Zeiträume ist er verteilt auf zwei bis drei Tage insgesamt acht bis zehn Stunden für die Kartierung unterwegs. Der Quadrant, für den er zuständig ist, ist insgesamt etwa zehn Quadratkilometer groß. Zwar muss er für seiREPORTAGE 22 LBV MAGAZIN 4|24 Immer wieder eine spektakuläre Beobachtung: Wasseramsel auf Beutezug.
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