"Natürlich trauert man"
Interview mit Gerhard Koller, Vorstandsbeauftragter für Stiften & Erben, über Testamente und Nachlässe
Dieses Interview wurde im LBV-Mitgliedermagazin VOGELSCHUTZ abgedruckt und zwischen der Redaktion und Gerhard Koller, dem Vorstandsbeauftragten für Stiften & Erben und ehemaligem Geschäftsführer des LBV geführt.
Was in anderen Ländern Gang und Gäbe ist, wird auch bei uns immer bekannter: dass man seinen Besitz über den Tod hinaus für einen guten Zweck einsetzen kann. An Gerhard Koller wenden sich die Menschen, die heimatverbunden sind und die Natur lieben.
Herr Koller, wie viel vererben die Menschen dem LBV?
Das ist ganz unterschiedlich. Wir hatten Vermächtnisse von 1.000,- bis 500.000,- €, und wir hatten auch als Alleinerbe große Liegenschaften in guter Lage, die die Million überschritten haben.
Kaum jemand spricht gerne über Geld und noch viel weniger über den eigenen Tod. Wie kommen die Menschen trotzdem mit Ihnen ins Gespräch?
Die Menschen vertrauen mir, weil ganz klar ist, dass nichts vom Gespräch an andere gelangt. Der Kontakt kommt meist durch einen ersten Anruf bei uns zustande. Wir rufen auch nie von uns aus an, sondern die Menschen kontaktieren uns bei weiteren Fragen. Das eigentliche Gespräch führt man dann auf Wunsch unter vier Augen entweder vor Ort oder beim LBV. Wir beraten die Menschen auch nicht und weisen deutlich darauf hin, dass die vertraglichen Angelegenheiten ein neutraler Notar regeln sollte.
Kommt da nicht manchmal der Vorwurf, dass der LBV unmoralisch handelt? Gerade wenn sich Familienmitglieder nach dem Erbe ungerecht behandelt fühlen?
Das ist in den 35 Jahren, in denen ich mich mit dem Thema beschäftige, wirklich nur einmal vorgekommen. 95 % unserer Erblasserinnen und Erblasser haben keine Kinder und wenn doch, dann ist das vorher mit der Familie besprochen. Wir hatten auch große Spenden durch Angehörige, die uns freiwillig aus dem Nachlass bedacht haben, weil sie wussten, dass der oder dem Verstorbenen die Arbeit des LBV am Herzen lag. Es kommt zudem öfter vor, dass erbende Angehörige uns Immobilien überlassen, da sie ansonsten entsprechend Erbschaftssteuer bezahlen müssten, die das Erbe regelrecht auffrisst. Der LBV ist ja von der Erbschaftssteuer befreit.
"Ganz abgeschlossen ist eine Begegnung mit einem Menschen nie"
Sie kommen den Menschen sehr nahe. Wie trifft Sie dann die Nachricht vom Tode einer Erblasserin oder eines Erblassers?
Natürlich trauert man. Es entwickeln sich über die Jahre oft enge, vertrauensvolle Beziehungen, und es tut schon weh, dann vom Tod zu erfahren. Gleichzeitig ist die Erbschaft aber immer auch ein Neuanfang, wie es sich die oder der Testatgeber ja auch gewünscht hat.
Einige Menschen möchten sicher, dass ihr Vermögen erhalten bleibt und nicht ausgegeben wird. Wie gehen Sie damit um?
In LBV-Projekte investiertes Geld ist immer eine nachhaltige Anlage. Wer aber bei größeren Testaten sein Vermögen erhalten wissen will, dem können wir mit unserer LBV-nahen Stiftung Bayerisches Naturerbe auch das ermöglichen. Die Stiftung muss das Stammkapital ja erhalten und setzt lediglich die Erlöse für Bayerns Natur ein. Neben der Hauptstiftung haben wir derzeit zehn Unterstiftungen eingerichtet. Eine Unterstiftung sollte jedoch zu Lebzeiten eingerichtet werden.
Beim Auflösen eines Haushaltes stoßen Sie sicher auf viele, sehr persönliche Dinge. Was ist das für ein Gefühl?
Wir agieren in vielen Fällen als Testamentsvollstrecker, und man dringt da in die Privatsphäre der Menschen ein. Dessen bin ich mir immer bewusst. Aber ich verfahre dann exakt wie wir das in unseren Gesprächen zu Lebzeiten vereinbart hatten. Da geht keine Information nach außen. Wir verwerten alle Haushaltsgegenstände sorgsam. Auch um die Grabpflege kümmern wir uns auf Wunsch wie vorher vereinbart.
Und damit ist das Testament für Sie dann abgeschlossen?
Verwaltungstechnisch ja, aber ganz abgeschlossen ist eine Begegnung mit einem Menschen nie. Man denkt immer wieder an diese Menschen zurück und ist für ihr Vertrauen in unsere Arbeit und für ihre Unterstützung dankbar.
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