Monika Schirutschke, wie bringst du die Alpen ins Klassenzimmer?

18. Folge vom LBV-Podcast "Ausgeflogen"

Monika Schirutschke | © LBV © LBV
Zu Gast im Podcast: Monika Schirutschke

 

 

 

 

„Der Blick für die Vielfalt ist schon wichtig. Aus meiner Sicht muss man vielleicht nicht viele Arten aufzählen können, aber wissen, dass es sehr, sehr viele verschiedene gibt und, dass es einfach wichtig ist, dass man die auch erhält, weil in der Natur alles zusammenhängt.“

 

Herzlich Willkommen, zu “Ausgeflogen - der LBV-Podcast". Ich bin Stefanie Bernhardt vom LBV und war für euch wieder unterwegs im ältesten Naturschutzverband Bayerns. Für diese Folge hatte ich die bisher längste Anreise. Es ging nämlich in den Süden Bayerns, ins wunderschöne Oberstdorf im Oberallgäu. Hier führt der LBV im Alpenvorland und in den Alpen das Umweltbildungsprojekt “Klassenzimmer Alpen” durch. Mit der LBV-Umweltbildnerin Monika Schirutschke und vier quasselnden ersten Klassen ging es rauf auf eine Bergwiese, um dort die Tier- und Pflanzenarten zu erforschen. Ausgerüstet mit Buch, Becherlupe und Klemmbrett haben die Grundschüler einiges entdeckt, aber hört selbst. Viel Spaß bei dieser Folge.

 

Stefanie Bernhardt: Hallo Monika, ich freue mich heute sehr, dass ich mit dem LBV-Podcast “Ausgeflogen” bei dir im schönen Allgäu bin.

Monika Schirutschke: Hallo Steffi! Schön, dass du da bist.

 

Du lebst ja dort, wo andere Menschen eher ihren Urlaub verbringen. Wie ist das denn für dich? Was fasziniert dich denn am meisten an den Alpen?

Gute Frage. Also ich bin nicht direkt unterhalb der Alpen aufgewachsen, sondern ein Stückchen weiter weg. Aber die Berge spielen natürlich schon immer eine Rolle. Das ist so ähnlich, wie das Meer würde ich sagen, oder? Das fasziniert einfach, das ist schon gigantische Natur. Und wenn einen das sein Leben lang begleitet, dann prägt einen das vielleicht auch ein Stück weit.
Und in den Allgäuer Alpen ist es natürlich sehr schön. Sie sind sehr artenreich und wenn man da ein Faible dafür hat und sich das auch privat gern anschaut, was es für Tiere und Pflanzen gibt, dann ist man einfach sehr froh, da in der Nähe wohnen und leben zu können.

 

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Im LBV-Projekt “Klassenzimmer Alpen” bringst du jetzt seit knapp zehn Jahren Grundschülern diese Natur vor der Haustür näher. Wie genau funktioniert das denn? Wie läuft dieses Projekt denn ab?

“Klassenzimmer Alpen” ist ein Biodiversitätsprojekt und die Schulen haben die Möglichkeit, zwischen zwei Themen zu wählen. Das eine ist das Thema “Bergwiese” und das andere ist das Thema “Alpines Fließgewässer”, also Bach oder Fluss. Wenn sich die Schule für ein Thema entschieden hat, dann gehen wir mit den Klassen zu einem Thema mehrmals im Schuljahr raus, und zwar zu allen Jahreszeiten. Das ist das Schöne am Projekt, dass man nicht nur dann, wenn alles warm und schön ist auf der Wiese unterwegs ist, sondern sich tatsächlich auch im Herbst eine Wiese anschaut oder einen Bach im Winter, im Frühjahr und im Sommer.
Und beim Thema “Bergwiese” vergleichen wir die unterschiedlichen Höhenstufen miteinander und auch den menschlichen Einfluss, also was die Bewirtschaftung für eine Rolle spielt und wie sich da die Artenvielfalt verändern kann.
Beim Thema “Fließgewässer” machen wir es genauso. Da geht es auch darum, sich naturnahe Flüsse oder Flussabschnitte anzuschauen und mit solchen zu vergleichen, die unter menschlichem Einfluss stehen und dann zusammen mit den Kindern zu überlegen, was jeder dazu beitragen kann, dass die Vielfalt erhalten bleibt.

 

Bergwiese | © Dr. Eberhard Pfeuffer © Dr. Eberhard Pfeuffer
Im "Klassenzimmer Alpen" erkunden die Grundschüler die Bergwiesen in den Alpen.

 

Wir waren heute Vormittag gemeinsam auf einer Bergwiese unterwegs und was dort schon alles passiert ist, da hören wir jetzt mal rein.

 

Kinderstimmengewirr und Kuhglocken auf einer Bergwiese
Monika Schirutschke: Ok und jetzt alle Augen zu mir, alle Augen zu mir und ganz leise. Guten Morgen zusammen!
Kinder (im Chor): Guten Morgen!
Monika Schirutschke: Oh sehr gut, ihr seid ja super, cool. Also, ich darf mich kurz vorstellen. Ich bin die Monika vom Landesbund für Vogelschutz – LBV. Ja, was machen wir denn jetzt eigentlich? Jetzt treffen wir uns hier in der Früh. Habt ihr eine Ahnung, was wir überhaupt machen, oder ist das eine Überraschung von euren Lehrerinnen?
Kind: Wir gehen auf eine Wandertour!
Monika Schirutschke: Gut, wir gehen auf eine Wandertour. Und was machen wir? Ist das eine ganz normale Wanderung oder wisst ihr, was wir da genau machen? Ganz da hinten, die Dame mit dem Stirnband, genau.
Kind: Wir forschen.
Monika Schirutschke: Super! Wir erforschen was! Und was erforschen wir denn?
Kinder überlegen, Stimmengemurmel, leise: Die Natur.
Monika Schirutschke: Die Natur, sehr gut. Und was speziell? Wisst ihr das auch noch?
Kind: Blumen!
Monika Schirutschke: Sehr gut, wunderbar. Wir erforschen Blumen und im Allgemeinen die Bergwiese. Ok? Gut.

 

 

Kinder | © Katharina Beck © Katharina Beck
Auf ihren Forscherflächen entdecken die Kinder in kleinen Teams Blumen und Insekten.

Wie genau entdecken denn dann die Kinder diesen Lebensraum Bergwiese? Es ist ja auch eine riesengroße Fläche gewesen, die wir da heute vor uns hatten. Wie startet man da?

Strukturiert, das ist wichtig. Vor allem, wenn man wie heute mit Erstklässlern unterwegs ist. Und eigentlich gehen wir vom Prinzip tatsächlich so vor, wie das Biologen und Biologinnen auch machen würden. Das heißt, wir haben kleine Planquadrate abgesteckt und wichtige Punkte. Das heißt, eigentlich machen das nicht wir, sondern die Kinder machen das. Die dürfen von Anfang an sehr, sehr viel selbst machen.
Die Schulklasse wird in Gruppen unterteilt und jede Gruppe hat dann ihre eigene Forscherfläche. Und die Forscherfläche wird aber von den Kindern abgesteckt. Die haben einen Meterstab, eine rote Schnur und Zeltheringe und in der Mitte von der Fläche steht eine Fahne. Die ist schon von Anfang an da. Die setzen wir da, wo die Blumen vorkommen, die wir uns anschauen wollen. Und dann stecken die Kinder um dieses Fähnchen eine Fläche ab und das ist dann die Forscherfläche. So können die Kinder mit konzentriertem Blick arbeiten.

 

Und was können sie da alles entdecken? Wie läuft es dann ab? Gerade bei Erstklässlern? Das fand ich heute auch sehr spannend. Sie sind ja wirklich noch klein, aber sie können auch schon ganz viel, manche konnten zum Beispiel auch schon ein bisschen lesen.

Die können tatsächlich sehr viel. Man muss sie nur ein bisschen anleiten. Aber nicht anleiten, indem man ihnen alles vorgibt, sondern indem man Schritt für Schritt neue Aufgaben stellt. Bei uns läuft das so ab: Sie haben ein Klemmbrett in der Hand und ein Forscherprotokoll. Das ist ein Blatt, auf dem draufsteht, was sie zu tun haben. Das Lesen bei den Erstklässlern tatsächlich meistens dann Eltern vor, die mithelfen.
Aber dann geht es erstmal darum, den Blick der Kinder zu schulen. Die erste Aufgabe heute war, dass sie sagen mussten, welche Farben sie in ihrer Forscherfläche sehen. Also welche Farben haben die Blumen, die da vorkommen? Und dann mussten sie zählen, wie viele Blumen insgesamt da wachsen, also die Blumen, die noch blühen. Die verblühten lassen wir natürlich weg. Dann müssen sie schauen, wie viele verschiedene Arten vorkommen. Da ist es am Anfang total egal, wie die heißen, sondern sie sollen selbst genau hinschauen und wenn verschiedene gelbe Blumen da sind, schauen, ob es eine Art ist oder verschiedene.

 

Was die Erstklässler heute alles entdeckt haben, das hören wir uns jetzt auch nochmal an.

 

Stefanie Bernhardt: Was hast du denn in deiner Fläche heute schon alles gesehen?
Kind: Löwenzahn und Klee.
Stefanie Bernhardt: Wie sah der Klee aus?
Kind: Rot.
Stefanie Bernhardt: Bist du sonst viel draußen auch in der Natur?
Kind: Ja, wir tun dann immer die Blätter trocknen und können die irgendwann beim Buch als Lesezeichen nehmen.
Stefanie Bernhardt: Was gefällt dir denn besonders gut am Forschen hier heute draußen?
Kind: Dass man die Blumen und Tiere erforscht und dass man da neue Dinge sieht.
Stefanie Bernhardt: Super! Was habt ihr denn heute schon alles gelernt? Magst du mir das sagen?
Kind: Wir haben Blätter umkreist und wir haben was gemalt, Blumen. Und wir haben Klee mit der Lupe besser angeschaut und das wars.
Stefanie Bernhardt: Wie hats dir denn bisher gefallen?
Kind: Toll.
Stefanie Bernhardt: Warum?
Kind: Weil wir die Pflanzen angeguckt haben und die Pflanzen auf dem Blatt Papier dort angemalt haben.
Stefanie Bernhardt: Ist das anders als ein normaler Schultag, jetzt heute draußen zu sein?
Kind: Ja.
Stefanie Bernhardt: Warum? Gefällts dir besser als in der Schule?
Kind: Ja, weil wir keine Schule haben.
Kind: Und keine Hausis (Hausaufgaben)!

 

Du hast auch schon gesagt, dass das alles schon die Anfänge von wissenschaftlichem Arbeiten sind und du den Schülern auch nahelegst, dass sie wirklich Naturforscher sind. Was macht es denn mit ihnen, sich als Naturforscher zu sehen?

Zum einen fühlen sie sich glaube ich wirklich ernst genommen. Wenn sie mit so einem Klemmbrett dastehen, das kann man selbst ausprobieren, da ist man irgendwie wichtig, das ist etwas Tolles, wenn man so im Gelände steht und sich Notizen macht. Und das hat man heute auch sehr gut gesehen, dass sie von Anfang bis Ende total bei der Sache waren und auch Verantwortung für ihre Fläche übernommen haben.
Ich bin tatsächlich, um den Kindern was zu zeigen, mal mit dem Fuß in eine Fläche rein und dann habe ich sofort einen Anpfiff bekommen von einem Jungen: “Die geht da rein, das geht nicht!” Dann habe ich mich entschuldigt und gesagt: “Ja stimmt, das habe ich eigentlich gesagt!” Die achten sehr genau darauf, was mit den Pflanzen und auch den Tieren passiert, die auf ihrer Fläche vorkommen.

 

Ja ja, es wird schon ganz ernst genommen. Was ich so spannend fand, war, dass sie auch wahnsinnig schnell etwas entdecken. Am Anfang ist es erst nur eine lila Blume und dann nach und nach wird es dann ein Klee, weil man es nachschlägt oder jemand es einem sagt. Das geht ja total in die Richtung, dass man Artenkenntnis schult. Warum ist das denn wichtig?

Ich finde aus dem einfachen Grund: Wenn man selbst nicht weiß, wie vielfältig die Pflanzenwelt sein kann, dann vermisst man auch nichts. Bei uns im Allgäu sind die Löwenzahnwiesen gang und gäbe im Frühjahr und irgendwie freut man sich drüber, weil es alles so schön gelb ist. Aber wenn man weiß, dass es eigentlich total bunt sein könnte, dann vermisst man das doch. Viele wissen es aber nicht, weil sie nur die gelben Löwenzahnwiesen kennen. Der Blick für die Vielfalt ist schon wichtig. Aus meiner Sicht muss man vielleicht nicht viele Arten aufzählen können, aber wissen, dass es sehr, sehr viele verschiedene gibt und dass es einfach wichtig ist, dass man die auch erhält, weil in der Natur alles zusammenhängt.

 

Dieser Zusammenhang mit den Arten der ist eigentlich schon der Kern, um den es in diesem Biodiversitätsprojekt geht. Biodiversität ist ja ein großer und komplexer Begriff. Was ist das denn? Wie würdest du das beschreiben?

Jetzt muss ich aufpassen, dass ich nichts vergesse. Biodiversität ist die Vielfalt an Lebensräumen, Genen, Sorten, Arten - also die gesamte Vielfalt, die die Natur ausmacht. Es geht wirklich vom ganz Kleinen bis zum Großen.
Bei “Klassenzimmer Alpen” klammern wir uns natürlich ein bisschen an der Artenvielfalt fest. Das ist das, was man mit Kindern am einfachsten untersuchen und anschauen kann. Um ehrlich zu sein, ist da nicht immer genau die Art, aber immerhin die Gattung oder die Familie, die wir uns da anschauen.

 

Wie genau erklärst du den Erstklässlern oder allgemein den Grundschülern solche komplexen Begriffe wie “Biodiversität”? Oder es geht ja teilweise auch um den Klimawandel.

Ich spreche das Wort „Biodiversität“ nicht explizit am Anfang an. Das ist für Erstklässler tatsächlich zu schwer. Wir machen das Projekt aber auch mit höheren Klassen, bis zur vierten Klasse, da kann man das dann ansprechen.
Sowas wie den Klimawandel kann man den Kindern aber schon erklären, weil sie das eigentlich wissen. Das weiß auch der Erstklässler, dass man aufpassen muss, dass es zu warm wird, sag ich mal ganz einfach. Und dass es dann auch einen Einfluss auf unsere Tierwelt hat.
Und das ist zum Beispiel schön, wenn wir dann im Sommer höher gehen, da sind wir auch auf dem Nebelhorn. Diese hohen Regionen sind sehr stark vom Klimawandel betroffen. Und dann kann man den Kindern erklären: „Das Murmeltier, das braucht offene Wiesenflächen zum Beispiel oder das Schneehuhn braucht diese Kälte und braucht Schnee im Winter.” Beide Tiere kann man da oben schön mit Kindern beobachten. Dann verstehen sie “Ok, das hat einen direkten Einfluss auf die Tiere bei uns in den Alpen, wenn sich das Klima verändert”. Da sollte man auch aus Artenschutzgründen etwas dagegen tun.

 

Ich fand das so spannend, weil eine Schülerin heute zu mir gesagt hat: “Man muss Natur schützen”. Sie war quasi schon einen Schritt weiter und hat auch diesen Gedanken gleich schon geäußert. Warum ist es denn wichtig, schon Kindern in so jungem Alter zu vermitteln: Ja, da draußen ist Natur und die ist schützenswert?

Ich glaube, umso früher man das intus hat, umso normaler wird das Ganze, wenn es selbstverständlich ist. Vielen Kindern ist zum Beispiel klar, dass man keinen Müll liegen lässt, das wissen sie bereits. Den meisten ist auch klar, dass man die Wege nicht verlassen sollte.
Viele schaffen in dem Alter vielleicht noch nicht den Transfer, dass auch das Handeln daheim einen Einfluss auf die Artenvielfalt hat. Also, dass es darauf ankommt, welche Produkte ich einkaufe, welche Kleidungsstücke ich auswähle. Das kommt in einem weiteren Schritt. Das kommt dann bei anderen Veranstaltungen mit dazu.
Wir haben ein neues Ausstellungselement, da geht es um Nachhaltigkeit im Rucksack, um den Bogen zum “Klassenzimmer Alpen” zu spannen. Da wird ihnen dann klar, dass das eigene Handeln sehr wohl einen Einfluss auf die Artenvielfalt hat und auch das Handeln daheim. Nicht nur, wenn ich aktiv selbst in der Natur bin.

 

Das heißt, die Kinder entdecken dann auf der einen Seite die Natur, ihr versucht auch, ihnen ein bisschen diesen weiteren Schritt zur Nachhaltigkeit beizubringen. Was lernen sie denn außerdem noch, gerade so in der Zusammenarbeit als Forscherteam zum Beispiel?

Das ist natürlich total schön, weil die Werte und Kompetenzen im Grundschullehrplan festgeschrieben sind. Das heißt, das sollte man den Kindern eigentlich vermitteln. Das ist eigentlich selbstverständlich. Sowas passiert aber draußen einfach nebenbei. Wenn sie in der Gruppe arbeiten, dann arbeiten sie als Team – super, das ist schon mal gut. Dann muss man in so einem Team aber vielleicht auch mutig sein, seine eigene Meinung zu äußern, wenn alle anderen eine andere Meinung haben. Dann lernen sie Achtsamkeit im Umgang mit den anderen Schüler*innen. Aber natürlich auch im Umgang mit den Tieren und Pflanzen. Sie haben Spaß miteinander. Man kann da einfach sehr viel reinpacken.

 

Du arbeitest in dem Projekt auch eng mit den Klassenlehrerinnen oder Lehrern zusammen. Heute auf der Fläche habe ich kurz mit Frau Sabine Jahreis gesprochen und was sie zum Projekt sagt, das hören wir uns jetzt auch nochmal an.

 

Stefanie Bernhardt: Warum machen Sie mit ihrer Schulklasse beim Projekt “Klassenzimmer Alpen” mit?
Frau Jahreis: Wir sind mit der Grundschule hier in Oberstdorf ansässig und haben hier die idealsten Voraussetzungen, Alpwiesen zu untersuchen. Vor allem sind die Kinder hier wohnhaft in einer wunderhaften Natur und deswegen ist es wichtig, denke ich, dass man mit den Kindern solche Projekte macht, damit sie für diese wunderbare Natur sensibilisiert werden.
Stefanie Bernhardt: Was würden Sie denn sagen: Welche Kompetenzen erlernen die Kinder, wenn sie hier draußen in der Natur unterwegs sind und die Bergwiese erforschen?
Frau Jahreis: Erstmal das miteinander umgehen, die Achtsamkeit mit der Natur. Auf jeden Fall genau hinschauen, etwas genau betrachten, untersuchen und auch, wenn sie das Protokoll, das hervorragend aufgebaut ist, letztendlich Stück für Stück mit den Helfer-Mamas durchgehen, zu erkennen, Aufgaben nacheinander anzugehen und die dann umzusetzen.
Stefanie Bernhardt: Greifen Sie die Inhalte dann auch wieder im Unterricht auf? Also machen sie da etwas zum Thema “Artenkenntnis”?
Frau Jahreis: Anhand des Protokolls sprechen wir auf jeden Fall im Unterricht darüber und lassen das immer wieder in unseren Unterricht einfließen, wenn es darum geht, Herbstfrüchte unter die Lupe zu nehmen und so weiter. Also ja, wir greifen das immer wieder auf.

 

Klassenzimmer-Alpen | © Sonja Hatt © Sonja Hatt
Monika Schirutschke nimmt sich viel Zeit für die neugierigen Grundschüler.

 

Wir haben uns heute nicht nur die Pflanzen angeschaut, sondern am Ende der zwei Stunden auch noch die Tiere und auch da haben die Kids ein paar spannende Entdeckungen gemacht und das hören wir uns jetzt auch noch an.

 

Monika Schirutschke: Gut, sollen wir mal zusammen nach Tieren schauen? Schaut mal, da hüpfen so ganz kleine. Seht ihr die?
Kind: Ja, die sind winzig.
Monika Schirutschke: Schaut mal, da sind ganz viele kleine, die da hüpfen.
Kind: Die gehen bei jeder Bewegung weg.
Kinder: Ich hab einen! - Da! - Wir haben grad einen Grashüpfer! - Cool, zeig mal! Zeig mal?! - Ein Grashüpfer.
Monika Schirutschke: Und was für einer? Da müssen wir jetzt schauen. Grashüpfer ist schon einmal sehr gut, aber jetzt schaut mal her, jetzt schauen wir mal da auf der Karte. Jetzt schaut mal her: Das sind die Grashüpfer und da muss man auf die Fühler schauen, auf die Länge der Fühler. Jetzt schau mal, wie deine, also die Grashüpferfühler ausschauen und da auf der Karte.
Kind: Ich hab einen!
Monika Schirutschke: Hat der lange Fühler oder kurze? Schaut mal da her. Schaut mal die Karte an und vergleicht. Welcher könnte das sein?
Kind: Der da!
Monika Schirutschke: Der hat aber ganz lange Fühler, oder?
Kind (aus dem Hintergrund): Ich hab einen Grashüpfer.
Monika Schirutschke: Du hast auch einen?
Kind: Sollen wir den freilassen?
Monika Schirutschke: Nachher wieder freilassen, ja. Und jetzt schauen wir erst mal. Bleib mal da. Schau mal, du kannst uns helfen. Bei den Grashüpfern darf ich euch was verraten. Das ist nämlich ein bisschen schwierig. Man darf da nicht nach den Farben schauen. Die Farben sind ganz egal, die gibt’s in braun … Und was gibt es noch für Farben beim Grashüpfer?
Kind: Grün.
Kind: Darf ich das sagen, die drüben haben einen kleinen Grashüpfer.
Monika Schirutschke: Sehr gut, die sollen auch alle herkommen. Man muss nur auf die Fühler schauen in unserem Fall. Schau mal her. Wir schauen alle auf die Fühler. Haben eure Grashüpfer ganz lange Fühler oder kurze?
Kind: Kurze.
Monika Schirutschke: Also super und wisst ihr, wie die dann heißen? Die heißen Kurzfühlerschrecken. Könnt ihr das sagen?
Kinder: Nein.
Monika Schirutschke: Doch das kriegen wir hin.
Alle (langsam im Chor): Kurz … fühler … schrecken.
Monika Schirutschke: Super, das ist ein zusammengesetztes Namenwort. Kurzfühlerschrecken - da stecken drei Wörter drin.
Kind: Er versucht den Deckel aufzumachen.
Monika Schirutschke: Ja, der will wieder raus, gell? Lass ihn wieder raus.
Kind: Ok.
Monika Schirutschke: Aber vielleicht nicht da, weiter weg, sonst steigen wir vielleicht drauf.

 

Jetzt könnte man ja, wenn man vielleicht ein bisschen böse ist, einfach sagen: Das ist ja irgendwie ganz nett. Die Kids hüpfen da auf der Wiese herum, es ist ein bisschen Bespaßung. Es ist vielleicht auch ganz entspannend für die Lehrerinnen, weil sie das mal einen Tag lang nur begleiten können, aber so wirklich für den Artenschutz bringt es eigentlich nichts. Es ist irgendwie ganz nett, eine schöne Kinder-Bespaßung, aber es löst nicht die großen Probleme, die wir im Naturschutz haben. Was sagst du denn zu solchen Aussagen?

Das ist natürlich total wichtig, weil ohne die Menschen gelingt Artenschutz nicht. Ich selbst komme aus der Artenschutz-Ecke. Ich habe Biologie studiert. Aber ohne, dass man die Öffentlichkeit mitnimmt, wird sich das nicht ändern.
Was wir versuchen und was uns denke ich auch gelingt ist, dass wir die Emotionen wecken und wenn diese Vielfalt auf der Wiese mit positiven Emotionen bestückt ist, dann bleibt es im Kopf hängen. Dann ist es nicht bloß eine Bespaßung der Kinder, sondern sehr, sehr effektives Lernen. Da gibt es viele Lernforschungsprojekte, die das rausgefunden haben: Wenn Freude beim Lernen dabei ist, dann ist das ein nachhaltiges Lernen. Das wollen wir erreichen und somit auch einen Beitrag zum Artenschutz leisten.
Vielleicht kann man an der Stelle einfach sagen: Dieses Projekt wird gefördert. Und zwar ist es ein Biodiversitätsprojekt. Es gibt in Bayern die Biodiversitätsstrategie 2030 und da werden Projekte, die sich mit dem Erhalt der Biodiversität beschäftigen, gefördert. Wir bekommen da vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Gelder und die Regierung von Schwaben berät uns fachlich. Das ist eigentlich der beste Beweis dafür, dass es auch für den Artenschutz wichtig ist, dass man die Kinder mit ins Boot holt.

 

Du hast es vorhin auch schon angesprochen, dass du trotzdem über große komplexe Themen wie den Klimawandel oder die Klimakrise sprichst. Welche Naturschutzthemen gibt es denn sonst noch, die man in diesen zwei Lebensräumen, also auf der Bergwiese oder auch an den Fließgewässern, gut vermitteln kann?

Natürlich auf der Wiese die Art der Bewirtschaftung. Ganz oben in den Alpen, in der alpinen Zone, da gibt es so gut wie keine Bewirtschaftung. Da sind eigentlich natürliche Wiesen vorhanden, aber im Tal hängt die Artenvielfalt natürlich stark davon ab, ob die Wiese oft gemäht und gedüngt wird oder eben nicht.
Am Fließgewässer, da ist es oft die Verbauung, die Flussbegradigung, die vor zig Jahren stattgefunden hat, im Rahmen der Flurbereinigungen, die man jetzt büßt, wenn die Hochwasser kommen. Und das sieht man ganz gut an Flüssen wie den Halblech oder auch der Iller zum Beispiel. Da gibt es naturnahe Bereiche, wo die Flüsse sich noch schlängeln, wo es noch Kiesbänke gibt und Steine im Wasser. Das ist gut für die Arten, weil dort eine Vielzahl an verschiedenen Lebewesen vorkommen kann. Aber es ist auch wichtig für den Hochwasserschutz, weil der Fluss dann Platz hat sich auszubreiten.

 

Jetzt nimmt auch der Tourismus oder allgemein der Druck von Menschen auf die Natur, besonders auch in den Alpen und im Allgäu zu. Sprecht ihr auch darüber?

Ja, natürlich nicht am ersten Termin von “Klassenzimmer Alpen”. Die Kinder müssen sich erstmal einfinden, aber es kommt schon. Es kommt meistens dann, wenn wir selbst mit dem Lift hoch auf den Berg fahren. Dort führen wir dann meistens mit den Kindern Interviews durch, oder die Kinder führen die Interviews mit anderen Besuchern durch und fragen, wie sie hier hochgekommen sind und wie sie das finden. Die Kinder sehen im Sommer zum Beispiel auch den Skilift und sie sehen auch einen Unterschied auf der Wiese unterhalb vom Lift oder da, wo Ski gefahren wird im Winter und daneben, was die Artenvielfalt angeht. Das sieht man sehr deutlich und da lässt es sich natürlich wunderbar mit aufnehmen und mit den Kindern diskutieren.

 

Ihr vergleicht also Flächen, auf denen eher weniger menschlicher Einfluss ist, mit Flächen, auf denen das stärker ist?

Richtig, genau. Das Schöne ist, wenn man die Kinder versucht, neutral zu fragen, wie sie das finden oder was man dafür tun kann, dann kommen da interessante Ideen. Da kommt tatsächlich sowas wie „ein Stück der Wiese stehenlassen“ und „nicht mähen“ oder „nur da Skifahren, wo sowieso schon ein Lift ist“, oder manche wollen den Lift vielleicht ganz sperren. Das ist total interessant. Das ist ohne Vorgabe in den Köpfen der Kinder und sie haben eigentlich Ideen, die im Naturschutz auch da sind. Die kommen dann aus dem Kindermund raus. Das ist immer ganz nett.

 

Spannend, diese Wahrnehmung hatte ich heute auch, dass du den Kindern sehr neutral und erst mal ganz offen gegenüber gehst und einfach schaust, was kommt. Und da kommt wahnsinnig viel. Gerade bei Erstklässlern wird die Aufmerksamkeit klarer, sie sehen die Pflanzen, sie sehen dann irgendwann die Insekten und können dazu dann auch ganz viel sagen. Bildet ihr dann im Projekt quasi die Naturschützer von Morgen aus?

Das wäre natürlich schön, klar. Es kann sein, dass der ein oder andere vielleicht beim Thema bleiben wird. Aber ich glaube, es ist vielleicht auch ein bisschen hoch gegriffen, das so zu formulieren. Natürlich ist es immer ein Erlebnis, wenn man rausgeht und Kontakte mit dem LBV hat und selbst etwas beobachtet und sieht.
Da muss man vielleicht nur selbst mal an seine Schulzeit denken. Lehrer zum Beispiel, Lehrkräfte können die Berufswahl sehr stark beeinflussen und sind einfach auch Vorbilder. Das versuchen wir auch zu sein. Und natürlich möchten wir für die Natur begeistern.

 

Podcast-Aufnahme Monika Schirutschke | © LBV © LBV
Monika Schirutschke und Stefanie Bernhardt bei der Podcast-Aufnahme in den Allgäuer Alpen.

Wie war das in deiner eigenen Schulzeit? Gab es da auch solche Aktionen oder warst du viel draußen als Kind?

Ich war viel draußen als Kind, weil wir auf dem Land aufgewachsen sind. Aber solche großen Aktionen gab es tatsächlich nicht. Es waren klassische Wandertage. Aber ich kann mich an einen Biologielehrer erinnern, der einfach jede Gelegenheit genutzt hat, um kurz rauszugehen. Das ist etwas, das ich total schön finde. Ich glaube aber, dass viele Lehrkräfte sich aus Zeitmangel nicht mehr trauen rauszugehen. Gerade an den höheren Schulen ist einfach die Zeit nicht mehr da, das ist ganz klar. Aber der Biologielehrer ging immer, auch wenn es nur zehn Minuten waren, raus in den Schulgarten oder wir durften den Froschlaich anlangen im Schulteich oder er hat nur das Fenster aufgemacht. Dann haben wir die Vogelstimmen gehört. Es sollte nicht nur alles auf dem Papier passieren, sondern man sollte auch immer, sobald es möglich ist, die Sinne mit reinnehmen. Ich glaube, dann macht es den Kindern auch viel mehr Spaß. So war es bei mir zumindest.

 

 

Das Projekt, in dem man mit allen Sinnen die Natur entdeckt, das geht ja ein Jahr lang. Du hast gesagt, ihr geht auch mehrmals in verschiedenen Lebensräumen zu verschiedenen Jahreszeiten raus. Bemerkst du dann im Laufe dieses Schuljahres auch eine Veränderung?

An den Kindern? Ja total! Was schön ist, ist natürlich die Teamarbeit. Das gibt es am Anfang natürlich immer ein bisschen Diskussion - wer den Meterstab halten darf und wie es jetzt genau geht. Beim zweiten Mals sind sie natürlich ein eingespieltes Team und wissen, um was es geht und dass es auch nicht darum geht, wer der Schnellste ist, sondern es soll ganz entspannt ablaufen. Das haben sie da schon verinnerlicht. Sie wissen dann, wie man mit dem Bestimmungsbuch umgeht. Natürlich, das sieht man sehr, sehr schön sogar, finde ich.

 

Du hast vorhin gesagt, dass ihr beim “Klassenzimmer Alpen” nicht nur die Bergwiese, sondern auch den Lebensraum Fließgewässer erkundet. Wird der dann auch ausgemessen und abgesteckt, oder wie läuft es dort ab?

Dort wird die Fließgeschwindigkeit gemessen und die Flussbreite, manchmal die Temperatur. Manche Dinge messen wir schon, aber meistens geht es einfach darum, sich erstmal die Flussstruktur anzuschauen. Ist er geradlinig oder schlängelt er dahin? Wie sehen die Strukturen aus? Dann geht es um die Lebewesen im Gewässer, also welche Arten oder Tiergruppen man da finden kann. Das sind dann meistens Insektenlarven. Die werden unter dem Mikroskop betrachtet, aber alles unter Wasser – also so, dass man sie dann wieder lebendig zurücksetzen kann. Es ist schon bisschen mehr Feinarbeit, als auf der Wiese. Ein bisschen mehr Gerätschaften sind auch mit dabei. Aber es ist auch sehr schön.

 

In den Stunden in der Natur unterstützen euch in der Regel auch die Eltern der Kinder, weil man einfach viel in Kleingruppen unterwegs ist und das auch immer ganz schön ist, wenn dann noch mehr Erwachsene mit dabei sind. Verena Scherm, eine der Mütter, die heute mit dabei waren, berichtet jetzt aus dem “Klassenzimmer Alpen”.

 

Stefanie Bernhardt: Wie finden Sie denn das Projekt “Klassenzimmer Alpen”?
Frau Scherm: Ich finde es super, dass man überhaupt mit den Kindern rausgeht in die Natur und versucht, ihnen draußen etwas nahezubringen, etwas beizubringen, dass es überhaupt die Möglichkeit gibt und dass die Kinder da auch einfach einen Blick dafür bekommen.
Stefanie Bernhardt: Was macht diese Naturentdeckung mit den Kindern?
Frau Scherm: Ich denke, das öffnet auf jeden Fall ein bisschen den Horizont. Und dass die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes mit offenen Augen durch die Welt gehen, wenn sie privat in der Natur sind, vielleicht anders gucken, ein anderes Bewusstsein dafür bekommen und das vielleicht auch mit nach Hause tragen. Vielleicht gerade in Familien, in denen man nicht so oft raus geht oder nicht die Möglichkeit hat, oft rauszugehen und in den Wald oder die Wiesen zu gehen. Dass solche Kinder auch einmal die Chance haben, einen Blick dafür zu bekommen, ein Auge dafür zu bekommen.
Stefanie Bernhardt: Sind sie dann mit Ihrer Familie viel draußen und machen etwas zu “Natur entdecken” und vielleicht auch “Artenvielfalt näherbringen”?
Frau Scherm: Artenvielfalt näherbringen jetzt im schulischen Sinne, oder wie hier so ganz gezielt, nicht, aber tatsächlich sind wir sehr viel draußen. Wir gehen viel in den Wald, in die Pilze, sind viel zu Fuß und auch mit dem Fahrrad unterwegs, machen auch viele Bergtouren oder versuchen die Kinder zu motivieren, dass man Bergtouren macht. Das klappt nicht immer, aber wir sind tatsächlich viel draußen und die Kinder spielen auch viel draußen. Aber natürlich ist es noch mal was anderes. Die achten da lange nicht so auf Blumen oder die Wiese oder die Vögel, wie bei so einem Projekt.
Stefanie Bernhardt: Gab es solche Projekte dann in Ihrer Schulzeit auch oder würden Sie sagen, man war früher mehr draußen oder weniger?
Frau Scherm: Ich glaub tatsächlich schon - ich bin hier aufgewachsen - dass wir mehr draußen waren, wobei das hier jetzt immer noch verhältnismäßig in Anführungszeichen heilig ist. Die Kinder gehen hier zum Glück überwiegend nach wie vor viel raus. Aber es ist schon weniger geworden. Selbst hier am Land ist es weniger geworden. Das ist natürlich schade. Ich glaube schon, dass wir früher mehr draußen waren. Aber solche gezielten Projekte gab es glaube ich nicht. Wir hatten auch viele Wandertage zu unserer Grundschulzeit und waren auch so mal im Unterricht im Pausenhof draußen. Ich finde das eigentlich auch wichtig und schön, dass man auch mal draußen unterrichtet. Aber ich glaube, dass es schon so ist, dass die Kinder heute leider nicht mehr ganz so viel rausgehen, wobei das hier immer noch verhältnismäßig gut ist, im Vergleich zu den Städten vielleicht.

 

Wie viele Schulklassen haben denn bereits mitgemacht in den vielen Jahren, die das Projekt jetzt schon läuft?

Insgesamt 52. Ich habe nachgeschaut, das hat mich tatsächlich auch erstaunt. Das ist gut, das ist schön und wir haben dieses Jahr auch noch zwei weitere Schulen dazu genommen. Es wächst, aber nicht zu schnell, denn man muss es einfach auch stämmen können und wir wollen die Qualität bewahren. Uns ist es wichtiger, dass man mehr Termine mit einer Schulklasse hat, als die Masse durchzuschleusen. Aber genau, dieses Jahr sind zwei neue Schulen mit dabei, wobei da nicht alle Jahrgangsstufen mitmachen, sondern einzelne Klassen.

 

Jetzt kann es auch gut sein, dass ihr in der Klasse Kinder habt, die zum Beispiel Migrationshintergrund haben und vielleicht noch nicht so perfekt Deutsch können. Wie schafft ihr es denn, die mitzunehmen?

Kinder, die nicht so gut Deutsch können, ist natürlich erst mal schwierig. Aber wenn man drei oder vier Stunden mit denen unterwegs ist, sind sie am Anfang noch sehr ernst, weil sie gar nicht so wissen, um was es geht. Aber sobald es darum geht, dass man die Pflanzen erforscht oder die Tiere aus dem Wasser holt, sind sie mit der gleichen Begeisterung dabei, wie alle anderen und das ist sehr, sehr schön zu sehen.

 

Schulklasse Klassenzimmer Alpen | © LBV © LBV
Bisher haben 52 Klassen bei dem Projekt "Klassenzimmer Alpen" mitgemacht.

 

Aktuell sind nur Grundschulen an dem Projekt beteiligt. Könntest du dir auch vorstellen, dass man das auf andere Altersklassen anpassen kann? Sowohl in der Schule, aber vielleicht sogar auch in der Erwachsenenbildung? Wir haben beim LBV die Erfahrung gemacht, dass Erwachsene was Artenkenntnis angeht auch noch ein bisschen Nachholbedarf haben.

Ja, das stimmt und das war auch am Anfang der Gedanke des Projektes, dass man es mit höheren Klassen macht. Wir haben kurz parallel dazu ein Projekt gehabt, das hieß “Vielfalt im Niedermoor”. Um bei den Schulen zu bleiben: Es ist nicht so einfach, so etwas mit höheren Klassen zu machen, weil die Zeit dazu nicht da ist. Gerade die Zeit in den Fächern. Für mich passt dieses Projekt in fast jedes Fach. Sie arbeiten mit dem Meterstab, dann kann man damit rechnen und die höheren Klassen können andere Dinge ausrechnen und so weiter. Aber die haben oft einfach nicht die Zeit, dass man das Projekt auf viele Schulstunden ausweitet. Im Gymnasium gibt es jetzt das “Grünland-Thema”. Das ist in der fünften Jahrgangsstufe dabei, da passt es super rein, aber halt nicht in der Dimension. Aber das macht “Klassenzimmer Alpen” auch so ein bisschen aus, dass es einfach lang geht. Aber von unserer Seite an sich natürlich gern. Wenn die Schulen mitmachen, dann gern. Und für die Erwachsenen? Ja, auf jeden Fall, das könnte man machen.

 

Jetzt hat auch nicht jede Schulklasse die Alpen direkt vor der Tür. Kann man das Projekt auch in anderen Regionen oder an anderen Naturspots durchführen?

Wir haben einen Leitfaden entwickelt für “Umweltbildungsveranstaltungen in den Alpen”, den auch andere Schulen übernehmen können. Da sind Tipps drin zur Planung, aber auch, was man konkret macht, also Aktionsvorschläge. Man kann das also auf andere Bereiche übertragen. Wenn Schulen von woanders zu den Alpen fahren, ist das sehr, sehr weit weg und die Anreise zurzeit dann sehr teuer.

 

Wenn ich als Klassenlehrerin, Klassenlehrer oder vielleicht auch in meiner Familie mit meinen Kindern aktiv werden möchte und mehr rausgehen möchte, wo finde ich den Tipps, wie ich so einen Forscherausflug in der Natur gestalten kann?

Vergleichbares gibt es natürlich an den LBV-Umweltstationen und Umweltbildungseinrichtungen, die es in jedem Regierungsbezirk in Bayern gibt. An die kann man sich gerne wenden. Die machen teilweise Kindergeburtstage, Familienaktionen und auch Schulklassen-Programme. Wenn man das ganz individuell gestalten will, gibt es zum Beispiel auch ein Projekt, das heißt “Naturschwärmer”. Da kann man sich als Familie total gut informieren, was man am Wochenende oder in einer Zwei-Stunden-Aktion selbständig mit den Kindern in der Natur machen kann.

 

Du hast schon gut klargestellt, warum Umweltbildung oder auch Bildung für nachhaltige Entwicklung so wichtig ist und man eigentlich wirklich jungen Menschen hier schon von Anfang an ein gewisses Feingespür für die Natur und deren Schutz mitgeben sollte. Was wünscht du dir denn für die Zukunft der Umweltbildung? Wie könnte das weitergehen?

Viel mehr Förderung. Schulen, die Lust haben, die sind auf jeden Fall da. Die Kinder haben immer Lust mitzumachen. Aber meistens scheitert es, wie so oft, am Geld und am Personal. Wir könnten viel mehr Veranstaltungen abhalten, wenn wir mehr Leute hätten und die bezahlen könnten. Das wäre hervorragend.

 

Sollte Umweltbildung dann ein eigenes Fach werden oder vielleicht auch mehr im Lehrplan stehen?

Das wäre der Idealfall, weil im Moment ist es immer noch etwas Besonderes. Ich muss sagen, ich bin immer ein bisschen erschreckt, wenn ich sehe, wie viel gerade in der Grundschule noch auf dem Papier stattfindet zum Thema Wiese, Hecke, Wald, Wasser. Das sollte im Lehrplan verankert sein, und zwar so, dass man raus muss und sich das vor Ort anschaut.

 

Vielen Dank Monika, dass du mich heute mitgenommen hast und ich so viel erleben durfte und auch ein bisschen die Berge oder zumindest den kleinen Anstieg durfte. Vielen Dank dir.

Schön, dass du da warst. War nett, dass du uns begleitet hast, Steffi.

 

Sehr gerne! Was die Jungforschenden heute alles erlebt haben und mit welchen vielen Ideen und Eindrücken sie nach Hause gehen, das erzählen sie uns jetzt noch zum Abschluss.

 

Monika Schirutschke: Okay, passt mal auf, jetzt kommt was ganz, was ganz was Wichtiges, ganz extrem wichtig. Jetzt ist nämlich der Großteil unseres Forschertages zu Ende. Aber für mich ist es total wichtig zu wissen, wie euch das gefallen hat. Wer also was sagen will, der meldet sich und der darf dann herkommen und sagen, wie es war. Die Dame im grünen Kleid, komm doch zu mir her und sag mal den anderen, was du gut gefunden hast, heute oder wie es dir gefallen hat. Vielleicht hat es dir ja gar nicht gefallen.
Kind: Es hat mir gut gefallen.
Monika Schirutschke: Und wieso hat es dir gut gefallen?
Kind: Weil wir so coole Sachen gemacht haben.
Monika Schirutschke: Sehr gut, danke dir, super. Wer mag noch was sagen?
Kind: Mir hat es gefallen, weil wir so viel forschen.
Monika Schirutschke: Super und wieso ist denn das Forschen so toll?
Kind: Weil man da Blumen, neue Blumenarten entdeckt.
Monika Schirutschke: Super, sehr gut, danke dir. Wer möchte noch etwas sagen?
Kind: Das war toll, weil wir ganz viele Tiere entdeckt haben.
Monika Schirutschke: Was hast du denn für ein Tier entdeckt?
Kind: Also eine Spinne und eine Nacktschnecke und so einen Ameisenkäfer.
Monika Schirutschke: Super, danke dir, cool. Dann darf ich mich bei euch ganz, ganz herzlich bedanken, weil ihr wart über zwei Stunden ganz, ganz gut bei der Sache, das habt ihr ganz hervorragend gemacht, wirklich. Für Erstklässler tippi-toppi. Wahnsinn, wie ihr das gemacht habt. Jetzt gibt’s mal einen ganz, ganz dicken Applaus von allen Erwachsenen für die Kinder.
Applaus, Bravo-Ruf
Monika Schirutschke: Sehr, sehr gut.

 

Diese Folge aufzunehmen, hat richtig Spaß gemacht. Es war so schön, dabei zuzuschauen, wie die Kinder für die Bergwiese und deren Bewohner immer mehr Faszination entwickeln und total bei der Sache waren. Wenn auch ihr mit euren Kleinen die Natur entdecken wollt und auf der Suche nach Tipps und Anregungen seid, schaut doch gerne mal online bei den LBV-Naturschwärmern vorbei. Wenn euch diese Folge gefallen hat, empfehlt sie gerne weiter. Außerdem freue ich mich über eine Bewertung auf Spotify oder iTunes. Viel Spaß in der Natur und bis zur nächsten Folge von “Ausgeflogen”.

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