Das West-Nil-Virus in Bayern

Häufige Fragen und Antworten rund um das tropische Virus

Jedes Vogelsterben im Siedlungsbereich beunruhigt die Bevölkerung und führt zu besorgten Rückfragen. In Bayern wurde das tropische West-Nil-Virus erstmals im September 2018 nachgewiesen und die Sorge ist nun groß: Haben wir es hier mit einer ähnlichen Situation wie beim nahe verwandten Usutu-Virus zu tun oder nicht? Hier deshalb eine Zusammenstellung der wichtigsten Fakten.

Bartkauzkopf, er schaut in die Kamera | © Angela Maurer © Angela Maurer
Das West-Nil-Virus wurde 2018 erstmals in Bayern nachgewiesen, und zwar bei einem Bartkauz
Was ist das West-Nil-Virus überhaupt?

Anfang September 2018 wurde in einem toten Bartkauz in Bayern das hierzulande bislang kaum bekannte West-Nil-Virus nachgewiesen. Das West-Nil-Virus ist ein Verwandter des Usutu-Virus – es gehört wie dieses zu den Flaviviren und erreicht von diesen weltweit die größte Verbreitung.

Wie beim Usutu-Virus sind auch für das West-Nil-Virus Vögel die Hauptwirte und Insekten – vor allem Mücken – die Überträger. Der Mensch und andere Säugetiere kommen in diesem Zyklus nur als Fehlwirte vor, und Infektionen verlaufen in den meisten Fällen symptomlos.

Wo und wann wurde das Virus schon nachgewiesen?

In Südeuropa wurde das West-Nil-Virus schon häufiger nachgewiesen. In Deutschland dagegen gab es bislang - anders als beim Usutu-Virus – keine Belege für ein Auftreten des Virus. Lediglich Antikörpertest an Zugvögeln waren positiv – diese haben sich offensichtlich in ihren tropischen Winterquartieren mit dem Virus auseinandergesetzt, aber Infektionen in Deutschland wurden bislang nicht nachgewiesen.

Die beiden ersten deutschen Virus-Nachweise bei zwei toten Bartkäuzen (beides Volierenvögel) – im August in Halle / Saale und im September 2018 erstmals für Bayern auch im Landkreis Ebersberg kommen angesichts der schon weiten Verbreitung des Virus in Südeuropa trotzdem nicht völlig unerwartet – letztlich war der Sprung nach Deutschland nur eine Frage der Zeit.

Wird das West-Nil-Virus unsere Vogelwelt ähnlich dezimieren wie das Usutu-Virus?

Eine solche Prognose wäre momentan noch völlige Spekulation: Weltweit kursieren verschiedene, unterschiedlich pathogene Stämme des Virus. In Nordamerika hat das West-Nil-Virus allerdings vor allem bei verschiedenen Rabenvogelarten schon zu einem ähnlichen Vogelsterben geführt wie das Usutu-Virus bei unseren Amseln.

Das Beispiel zeigt aber nur, dass bestimmte Stämme des West-Nil-Virus grundsätzlich das Potenzial haben, ähnliche Seuchenzüge bei Vögeln auszulösen und eine ähnliche Verbreitung zu erreichen wie das Usutu-Virus, und auch, dass auch beim West-Nil-Virus offenbar bestimmte Arten bzw. Artengruppen empfänglicher sind als andere.

Wie krankheitserregend aber speziell die nun in Deutschland nachgewiesenen Viren für Vögel sind, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.

Welche Rolle spielt der Klimawandel in der Verbreitung des Virus?

Die Einschleppung des tropischen Virus in unseren Breiten ist vermutlich durch Zugvögel erfolgt. In unserem gewohnten gemäßigten mitteleuropäischen Klima hat das Virus jedoch nur sehr begrenzte Ausbreitungsmöglichkeiten.

Die Klimaerwärmung begünstigt aber sowohl das Virus selber als auch die Entwicklung der Stechmücken, die es verbreiten. Ähnliches gilt ja auch für andere tropische Infektionskrankheiten, die in unseren Breiten künftig wohl generell häufiger auftreten werden.

Es ist also durchaus denkbar, dass wir mit der Häufung sehr heißer Sommer wie 2018 auch häufiger Usutu-Infektionen und vielleicht auch Infektionen mit dem West-Nil-Virus bei uns verzeichnen werden.

Kann man etwas gegen die Verbreitung des Virus unter den Vögeln unternehmen?

Nein. Eine Therapie ist schon bei einem einzelnen Tier kaum möglich, und erst recht lässt sich die Ausbreitung einer solchen Tierseuche in einer Wildvogelpopulation kaum stoppen.

Die Erfahrungen mit bisherigen Seuchenzügen zeigt aber, dass sich nach dem Auftreten des Virus im Lauf der Zeit innerhalb der Vogelpopulation zunehmend eine individuelle (leider nicht vererbte) Immunität ausbildet, die die Ausbreitung des Virus hemmt und zum Abebben des Infektionsgeschehens führ.

Erst wenn der Anteil der immunen Individuen in der Population dann im Laufe der Zeit durch die natürliche Mortalität der Tiere zurückgeht, die sich zuvor mit dem Virus auseinandergesetzt haben, kann die Erkrankung neuerlich ausbrechen und einen seuchenartigen Verlauf nehmen.

Kann der einzelne Bürger irgendwie helfen?

Unmittelbar nein, indirekt aber sehr wohl. Wenn wir z.B. unsere Gärten naturnah gestalten, bieten wir im Siedlungsbereich vorkommenden Vogelarten wie der Amsel bessere Lebensbedingungen und diese können damit höheren Bruterfolg erzielen. Und der ist sehr wichtig, Bestandseinbrüche, wie sie nicht nur, aber auch durch Usutu verursacht werden, im Laufe der folgenden Jahre wieder zu kompensieren.

Was tun, wenn ich eine tote Amsel oder anderen toten Vogel finde?

Auch wenn wir keine Möglichkeit haben, in das Seuchengeschehen einzugreifen, ist es doch wichtig, den Überblick über das Infektionsgeschehen zu behalten. Dafür wiederum ist es nötig, dass möglichst viele tote Amseln (und andere tot aufgefundene Singvögel) untersucht werden, um eine mögliche Virusinfektion nachzuweisen.

Das in der Beobachtung des Seuchengeschehens federführende deutsche Institut - das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM) bittet daher ausdrücklich um die Zusendung tot aufgefundener Vögel und sichert den Meldern zu, dass sie natürlich informiert werden, ob der von ihnen gefundene Vogel mit Usutu infiziert war.

Wie die Zusendung am besten erfolgt, ist ausführlich weiter unten dargestellt. 

Auch die örtlichen Veterinärämter nehmen Todfunde an und leiten diese weiter.

Auch wenn das Infektionsrisiko äußerst gering ist, gelten im Umgang mit jedem Todfund zum Eigenschutz grundsätzliche Hygieneregeln. Ein Umgang mit toten Vögeln sollte also nur mit Handschuhen erfolgen bzw. man kann einen Kadaver auch mit einer umgestülpten Plastiktüte aufnehmen, und anschließend sollte man seine Hände gründlich reinigen.

Tote Vögel können eingeschickt werden

Besonders wichtig ist der virologische Nachweis von Usutu-, West-Nil-Virus oder anderen Viren in tot aufgefundenen Amseln, Blaumeisen und anderen Vögeln. Diese Untersuchungen nehmen das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNI) sowie manche Untersuchungsämter vor. Das BNI sammelt bundesweit alle Untersuchungsergebnisse und wertet sie aus.

Bitte unterstützen Sie die wissenschaftliche Untersuchung toter Vögel durch das Einsenden toter Vögel. Die Vögel sollten baldmöglichst eingesammelt und frischtot eingeschickt werden. Bitte beachten Sie dazu folgende Punkte:

Wer eine tote Amsel findet und diese einschicken möchte, sollte folgende Punkte beachten:

  1. Obwohl nach aktuellem Wissensstand kaum eine Infektionsgefahr von den Vögeln ausgeht, wird zum Hantieren mit toten Tieren grundsätzlich das Verwenden von Handschuhen empfohlen.
  2. Die Amseln sollten zügig, idealerweise mit einem Tiefkühlakku versehen, gut gepolstert und wasserdicht verpackt versendet werden. Bei den warmen Temperaturen ist eine Isolation mit Styropor sinnvoll.
  3. Es empfiehlt sich besonders vor Wochenenden, die Einsendung mit dem BNI telefonisch abzustimmen.
  4. Bitte den Schriftzug "Freigestellte veterinärmedizinische Probe" auf der Verpackung anbringen.
  5. Das Porto trägt der Bürger, die Untersuchung ist kostenlos.

Der Absender wird über das Ergebnis informiert; neben der Anschrift dürfen auch der Fundort (mit Postleitzahl) und das Funddatum nicht fehlen. Wer die Vögel nicht einschicken möchte, kann sie entsorgen oder vergraben, beides ist unbedenklich. Die Postadresse des Bernhard-Nocht-Instituts 

Postanschrift

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI)
Dr. Jonas Schmidt-Chanasit
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Bernhard-Nocht-Straße 74
20359 Hamburg

Weitere Kontakt:
Tel:. 040-42818-862,
Fax 040-42818-941

Internet: https://www.bnitm.de/

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