Usutu-Virus in Bayern: Tödliche Gefahr für Amseln
Die häufigsten Fragen und die dazugehörigen Antworten zum Usutu-Virus in Bayern
Das Usutu-Virus (USUV) hat seinen Ursprung in Afrika und galt lange als ein Virus mit rein afrikanischer Bedeutung. Seit 1996 tritt das Virus auch in Europa auf und führt zu regionalen und zeitlich begrenzten Vogelsterben, vorrangig bei wildlebenden Singvögeln wie z.B. Amseln. Wir klären die häufigsten Fragen zum Usutu-Virus in Bayern. Außerdem können Sie (Verdachts-)Fälle von Usutu hier online melden.
2011 und 2012 gab es in Deutschland das erste durch das Usutu-Virus ausgelöste Massensterben unter Vögeln, vor allem Amseln. Nach einigen Jahren ohne größere Ausbrüche, tritt das Virus seit 2016 wieder vermehrt auf. Virenforscher sind der Krankheit auf der Spur.
Kurz und Knapp: Fragen & Antworten zum Usutu-Virus in Bayern
Das Usutu-Virus ist ein tropisches Virus: Es ist nach einem Fluss in Zwaziland in Afrika benannt, und dort – im Senegal - hat es wohl auch seinen Ursprung. In Europa wurde das Usutu-Virus erstmals 2001-2003 in einem Seuchenzug im Osten Österreichs bestätigt. Retrospektiv wurde noch ein vorangegangener Ausbruch 1996 in Italien nachgewiesen.
Seither wurde das Virus auch als Ursache von zeitlich begrenzten, regionalen Vogelsterben in Ungarn (2005-2006), der Schweiz (2006-2009) und Italien (2006-2008) festgestellt – und eben seit 2011 auch in Deutschland.
Das Virus wird über Stechmücken (Culex-Arten) übertragen, die bevorzugt an Vögeln Blut saugen. Das Virus zirkuliert so in einem Vogel-Stechmücken- Vogel-Kreislauf. Der Mensch kann auch gestochen werden und wird dann möglicherweise zum Fehlwirt (siehe unten).
Da die Mücken im Herbst absterben, treten Usutu-Infektionen auch nur im Sommerhalbjahr auf.
Das Vorkommen des Usutu-Virus wird maßgeblich durch das Klima bestimmt – ein statistisch signifikanter Zusammenhang vor allem mit der mittleren Jahrestemperatur ist belegt: Ein warmes Klima fördert sowohl das Virus als auch die Stechmücken, die es übertragen. Dementsprechend liegen die Erwartungsgebiete, in denen man primär mit dem Auftreten von Usutu- Infektionen rechnen muss, vor allem im Südwesten Deutschlands.
Das 2018 gehäufte Auftreten zumindest im Großraum Nürnberg entspricht also eigentlich nicht den Erwartungen. Möglicherweise ist daran die ungewöhnlich warme Witterung im Sommer 2018 beteiligt.
Die Einschleppung des tropischen Virus in unseren Breiten ist vermutlich durch Zugvögel erfolgt. In unserem gewohnten gemäßigten mitteleuropäischen Klima hat das Virus jedoch nur sehr begrenzte Ausbreitungsmöglichkeiten.
Die Klimaerwärmung begünstigt aber sowohl das Virus selber als auch die Entwicklung der Stechmücken, die es verbreiten. Ähnliches gilt ja auch für andere tropische Infektionskrankheiten, die in unseren Breiten künftig wohl generell häufiger auftreten werden.
Es ist also durchaus denkbar, dass wir mit der Häufung sehr heißer Sommer wie 2018 auch häufiger Usutu-Infektionen und vielleicht auch Infektionen mit dem West-Nil-Virus bei uns verzeichnen werden.
Die meisten infizierten Vögel zeigen keine Symptome. Einzeln Arten - insbesondere Amseln und Eulenarten - reagieren jedoch wesentlich empfindlicher auf eine Infektion – bei ihnen verläuft sie oft tödlich.
Zuvor zeigen die Tiere oft ein struppiges Kleingefieder im Hals-und Hals Kopfbereich mit einer hellen Verfärbung und Federverlust bis zur teilweisen oder vollständigen Kahlheit. Erkrankte Tiere sind apathisch oder zeigen zentralnervöse Störungen wie Taumeln oder Verdrehen des Kopfes.
Diese Symptome sind allerdings recht unspezifisch und können auch auf andere Ursachen zurückgehen, insbesondere, wenn die betroffenen Vögel lange überleben - an Usutu erkrankte Amseln sterben meist innerhalb weniger Tage.
Es ist nicht zu befürchten, dass Usutu zu bedrohlichen Bestandsveränderungen in unserer Vogelwelt führt: Aktuelle Analysen unter anderem des NABU, des Bernhard-Nocht-Instituts und des Friedrich-Löffler-Instituts haben ergeben, dass im laufenden Seuchengeschehen in den Hauptausbruchsgebieten im Südwesten Deutschlands die Bestände der Amsel – und nur der Amsel – insgesamt um gut 15 % zurückgegangen sind.
Das ist ein erheblicher, spürbarer Rückgang, und lokal kann dieser sogar noch massiver ausgefallen sein – bis zum (fast) vollständigen verschwinden der Amseln, populationsgefährdend sind die Einbrüche aber sicher nicht. Für andere Arten haben die Wissenschaftler überhaupt keinen Einfluss des Usutu-Virus auf die Bestände ermitteln können.
Selbst bei der Amsel ist aber davon auszugehen, dass mit der sich innerhalb der Population ausbildenden individuellen Immunität und nach dem daraus resultierenden Ende des Seuchenzugs auch wieder eine Bestandserholung einsetzt.
Nein. Eine Therapie ist schon bei einem einzelnen Tier kaum möglich, und erst recht lässt sich die Ausbreitung einer solchen Tierseuche in einer Wildvogelpopulation kaum stoppen.
Die Erfahrungen mit bisherigen Seuchenzügen zeigt aber, dass sich nach dem Auftreten des Virus im Lauf der Zeit innerhalb der Vogelpopulation zunehmend eine individuelle (leider nicht vererbte) Immunität ausbildet, die die Ausbreitung des Virus hemmt und zum Abebben des Infektionsgeschehens führ.
Erst wenn der Anteil der immunen Individuen in der Population dann im Laufe der Zeit durch die natürliche Mortalität der Tiere zurückgeht, die sich zuvor mit dem Virus auseinandergesetzt haben, kann die Erkrankung neuerlich ausbrechen und einen seuchenartigen Verlauf nehmen.
Unmittelbar nein, indirekt aber sehr wohl. Wenn wir z.B. unsere Gärten naturnah gestalten, bieten wir im Siedlungsbereich vorkommenden Vogelarten wie der Amsel bessere Lebensbedingungen und diese können damit höheren Bruterfolg erzielen. Und der ist sehr wichtig, Bestandseinbrüche, wie sie nicht nur, aber auch durch Usutu verursacht werden, im Laufe der folgenden Jahre wieder zu kompensieren.
Ja. Beim Ausbruch von Krankheiten, die direkt von Vogel zu Vogel übertragen werden, kann es sinnvoll sein, die Fütterung oder das Angebot an Vogeltränken auszusetzen, um nicht viele Vögel anzuziehen, die dann auf engem Raum Kontakt miteinander haben und dort von Tier zu Tier oder auch über Futter oder Wasser Erreger übertragen.
Das Usutu-Virus wird dagegen nicht direkt, sondern nur über Stechmücken übertragen. Dass sich Vögel an Fütterungen oder Tränken treffen, erhöht das Infektionsrisiko daher kaum.
Eine Übertragung des Virus nur durch Kontakt mit einem toten oder kranken Vogel ist kaum möglich. Das Usutu-Virus kann aber grundsätzlich über Stechmücken auch auf den Menschen übertragen werden und Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge und - als gefährliche Komplikation - auch Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) auslösen.
Das Risiko einer Erkrankung ist aber sehr gering: In einer Studie in der Region Emilia-Romagna in Italien wurden zwar bei rund 6 % der Bevölkerung Antikörper gegen das Virus nachgewiesen, aber Personen mit einem gesunden Immunsystem scheinen die Infektion in der Regel ohne klinische Symptome zu bewältigen.
Bislang sind weltweit erst ein Dutzend Fälle bekannt, in denen Menschen tatsächlich durch das Usutu-Virus erkrankt sind. Mehrere davon waren auch noch nachweislich Risikopatienten mit geschwächten Abwehrkräften.
Auch wenn wir keine Möglichkeit haben, in das Seuchengeschehen einzugreifen, ist es doch wichtig, den Überblick über das Infektionsgeschehen zu behalten. Dafür wiederum ist es nötig, dass möglichst viele tote Amseln (und andere tot aufgefundene Singvögel) untersucht werden, um eine mögliche Virusinfektion nachzuweisen.
Das in der Beobachtung des Seuchengeschehens federführende deutsche Institut - das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM) bittet daher ausdrücklich um die Zusendung tot aufgefundener Vögel und sichert den Meldern zu, dass sie natürlich informiert werden, ob der von ihnen gefundene Vogel mit Usutu infiziert war.
Wie die Zusendung am besten erfolgt, ist ausführlich weiter unten dargestellt.
Auch die örtlichen Veterinärämter nehmen Todfunde an und leiten diese weiter.
Auch wenn das Infektionsrisiko äußerst gering ist, gelten im Umgang mit jedem Todfund zum Eigenschutz grundsätzliche Hygieneregeln. Ein Umgang mit toten Vögeln sollte also nur mit Handschuhen erfolgen bzw. man kann einen Kadaver auch mit einer umgestülpten Plastiktüte aufnehmen, und anschließend sollte man seine Hände gründlich reinigen.
Tote Vögel können eingeschickt werden
Besonders wichtig ist der virologische Nachweis von Usutu-, West-Nil-Virus oder anderen Viren in tot aufgefundenen Amseln, Blaumeisen und anderen Vögeln. Diese Untersuchungen nehmen das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM) sowie manche Untersuchungsämter vor. Das BNI sammelt bundesweit alle Untersuchungsergebnisse und wertet sie aus.
Bitte unterstützen Sie die wissenschaftliche Untersuchung toter Vögel durch das Einsenden toter Vögel. Die Vögel sollten baldmöglichst eingesammelt und frischtot eingeschickt werden. Bitte beachten Sie dazu folgende Punkte:
Wer eine tote Amsel findet und diese einschicken möchte, sollte folgende Punkte beachten:
- Obwohl nach aktuellem Wissensstand kaum eine Infektionsgefahr von den Vögeln ausgeht, wird zum Hantieren mit toten Tieren grundsätzlich das Verwenden von Handschuhen empfohlen.
- Die Amseln sollten zügig, idealerweise mit einem Tiefkühlakku versehen, gut gepolstert und wasserdicht verpackt versendet werden. Bei den warmen Temperaturen ist eine Isolation mit Styropor sinnvoll.
- Es empfiehlt sich besonders vor Wochenenden, die Einsendung mit dem BNI telefonisch abzustimmen.
- Bitte den Schriftzug "Freigestellte veterinärmedizinische Probe" auf der Verpackung anbringen.
- Das Porto trägt der Bürger, die Untersuchung ist kostenlos.
Der Absender wird über das Ergebnis informiert; neben der Anschrift dürfen auch der Fundort (mit Postleitzahl) und das Funddatum nicht fehlen. Wer die Vögel nicht einschicken möchte, kann sie entsorgen oder vergraben, beides ist unbedenklich.
Postanschrift
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)
Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit
Bernhard-Nocht-Straße 74
20359 Hamburg
Tel:. 040-42818-862,
Internet: https://www.bnitm.de/