Wanderfalke
Falco peregrinus
Ruf des Wanderfalken - Hier abspielen! (www.tierstimmen.de)
Stimme des Wanderfalken
Außerhalb des Nestbereichs ist der Wanderfalke meist stumm. Warn- und Kontaktruf ein raues Gackern mittleren Tempos, beharrlich zeternd, manchmal lange wiederholt "rähk rähk rähk rähk...", oft im Flug geäußert, auch zweisilbig schneidend "IH-tschipp"; Bettelruf vibrierend "kji'i'ih".
Status
Rote Liste in Bayern: nicht gefährdet
Rote Liste in Deutschand: nicht gefährdet
Blick ins Geschichtsbuch

Europa und der Falke
In Europa gilt die Falknerei als Sport der Könige und ein Vergnügen der Aristokratie. Dieses Bild hat sich gehalten, seit Friedrich II. von Hohenstaufen von 1241 bis 1248 das frühe Standardwerk über die Ornithologie und Falknerei, „De arte venandi cum avibus“, geschrieben hat. Der Falke war für sie ein Sportgerät, und bis heute ist in Europa die Falknerei ein Sport für wenige. Denn Falken setzen Geld, Zeit und ein Jagdrevier voraus.
Mythen
Im Louvre von Paris thront eine Bronzefigur auf einem Sockel, die einen Mann mit Falkenkopf darstellt. Seit 3000 Jahren steht er in Positur, eine von zahlreichen Ausprägungen des altägyptischen Gottes Horus. Im prädynastischen Ägypten wurden frühe Formen des Gottes in Orten wie Hierakonpolis verehrt, der „Stadt des Falken“. Doch Horus war nur der berühmteste Falkengott. Echte Falken galten immer als lebende Versinnbildlichung der durch Falkengötter repräsentierten vielfältigen Kräfte.
In diesen alten Mythen ist der Falke nicht nur Schöpfergott, es wird auch eine Verbindung zur menschlichen Seele hergestellt: Falken werden so zu Boten zwischen Himmel und Erde, zwischen Menschen und Göttern. Historisch schwirren Falken durch viele Gründungslegenden von Dynastien und Imperien. Das ägyptische Totenbuch hat zum Beispiel die Verstorbenen als fortfliegende Falken beschrieben. Der Pharao konnte nach dem Tod in Gestalt eines Falken seine eigenen sterblichen Überreste besuchen. Derlei Assoziationen und die damit verbunden Tabus bestehen zum Teil bis heute fort: Einen Falken zu töten gilt in bestimmten Gegenden Mittelasiens noch immer als Verbrechen, das moralisch auf einer Stufe mit Mord steht.
Volkstümliche Namen
Der Name kommt von der herumstreichenden Lebensart der Jungvögel und seiner weiten Verbreitung. Zu den bekanntesten weiteren Bezeichnungen zählen Blei-, Stockfalke bzw. Blaufuß. In Persien und Arabien wird der Wanderfalke Schahin genannt, das farsische Wort für „Herrscher“.
Aussehen

Größe: etwa bussardgroß, 38 - 45 cm
Spannweite: Männchen 89 - 100 cm, Weibchen 104 - 113cm
Beschreibung
Die Weibchen sind knapp bussardgroß und die Männchen ein Drittel kleiner. Altvögel sind graubraun bis schiefergrau gefärbt mit einer hellen Unterseite. Der Kopf ist mit charakteristischen "Bartstreifen" gefärbt. Die Jungvögel sind dunkler und bräunlicher, ihre Bartstreifen sind weniger deutlich abgesetzt, die Brust ist deutlich getropft, nicht quer gebändert. In Relation zur Größe stärkster Falke mit kräftigem Körper, Flügel spitz, Armflügel recht breit, Schwanz mittellang; Flügel meist leicht angewinkelt, Bugwinkel deutlich, aktiver Flug mit recht schnellen, eher flachen Flügelschlägen und mittlerer Geschwindigkeit, bei erspähter Beute mit festeren Flügelschlägen und abrupt erhöhter Geschwindigkeit.
Vorkommen
Verbreitung: weltweit verbreitet
Verbreitung in Bayern: Der Wanderfalke ist in Bayern zerstreut verbreitet. Klassische Schwerpunkte des Brutareals sind das unterfränkische Maintal, die Frankenalb und die Alpen. In den letzten Jahren werden vermehrt Bruten zwischen den Verbreitungszentren, v.a. auch auf Bauwerken registriert. Scheinbare Verbreitungslücken in den Chiemgauer oder Berchtesgadener Alpen sind eher Erfassungslücken in schwierigem Gelände. Die Lücken im Mangfallgebirge und in Teilen der Bayerischen Voralpen beruhen dagegen auf geringer Dichte optimaler Nistplätze. Außerhalb der Alpen kann heute von über 150 Paaren ausgegangen werden. Insgesamt wird der bayerische Brutbestand vermutlich noch unterschätzt.
Bestand: Noch 1950 war der Wanderfalke mit an die 900 Brutpaaren in ganz Deutschland verbreitet. Bis Anfang der 1980erJahre änderte sich dies dramatisch: Der Wanderfalkenbestand in Deutschland schmolz auf nur noch etwa 60 Brutpaare in Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Große Teile Deutschlands verwaisten, die ehemals starke Baumbrüterpopulation in Nord- und Ostdeutschland erlosch ganz. Auch die wenigen überlebenden Paare im Süden der Republik hatten nur noch selten Bruterfolg - das Aus für den Wanderfalken schien unmittelbar bevorzustehen.
Bestand in Bayern: 210-230 Brutpaare.
Lebensweise

Verhalten
Wanderfalken halten entweder von einer erhöhten Sitzwarte oder im Flug Ausschau nach ihrer Beute. Dabei nutzen sie in erster Linie ihren scharfen Sehsinn. Ihr Opfer erbeuten sie dann indem sie sich aus großer Entfernung im Sturzflug auf ihr Opfer stürzen. Etwa 13% dieser Manöver sind erfolgreich.
Lebensraum
Der Wanderfalke ist in mehreren Unterarten weltweit verbreitet, ausgenommen sind die Polargebiete und Wüstenregionen. In Mitteleuropa sind sie Stand- und Strichvögel, nur die Jungvögel ziehen im ersten Winter umher, um neue Reviere zu finden.
In vielen Teilen der Welt, vor allem in Europa und Nordamerika, haben Wanderfalken in den letzten Jahrzehnten auch große Gebäude in Städten und Industrieanlagen als „Kunstfelsen“ besiedelt. Außerhalb der Brutzeit und im Winterquartier sind Wanderfalken auch in vogelreichen Lebensräumen aller Art anzutreffen, z. B. auch an Küsten und in großen Feuchtgebieten.
Als Nistplatz werden in Bayern Bänder oder Nischen (im Alpenraum auch ehemalige Steinadler- oder Kolkrabennester) in Felswänden ab 30 m Höhe genutzt, bei Mangel aber auch kleine, nur wenige Meter hohe Felsen, etwa im Bayerischen Wald. Außerhalb der Alpen nehmen Bruten in Steinbrüchen - vor allem am Untermain - und an Bauwerken zu. Letztere machten 2000 36 % der außeralpinen Brutstandorte aus, Steinbrüche 13 %. An Kraftwerken, Industriebauten, Autobahnbrücken, Sendetürmen usw. werden erfolgreiche Bruten meist erst durch künstliche Bruthilfen möglich. Baumbruten sind in Bayern wenigstens in den letzten 20 Jahren nicht belegt.
Nahrung
Auf dem Speiseplan des Wanderfalken stehen fast ausschließlich andere Vögel, die er in der Luft erbeutet. In stadtnähe ernährt er sich zu einem Großteil von Tauben, wohingegen er sich in der Nähe von Gewässern viel von Enten und Limikolen ernährt.
Fortpflanzung
Geschlechtsreif sind die Wanderfalken frühestens im zweiten, meist erst im dritten Lebensjahr; pro Jahr gibt es eine Brut.
Schon gewusst?
Fast ausgerottet, wurde der Wanderfalke 1971 zum ersten Vogel des Jahres gewählt.
In Abu Dhabi, dem größten und reichsten Scheichtum der sieben Emirate, ist der Falke mit den scharfen Augen mehr als Statussymbol und Wappentier. Oft behandeln sie die Greifvögel wie echte Familienmitglieder, die mit ihnen zusammenleben. Die Falknerei ist Beduinentradition und arabische Kultur.
Bei der Jagd im Sturzflug kann der Wanderfalke Geschwindigkeiten von über 300 km/h erreichen und ist damit der schnellste Flieger in der Vogelwelt.
Gefährdung

Für den rasanten Niedergang der Wanderfalkenbestände bis in die 1980er Jahre gab es vor allem zwei Gründe: Die "Pesticide Story". Mit diesem Begriff charakterisiert die englischsprachige Literatur einen der Hauptgründe für den weltweiten Niedergang der Wanderfalkenbestände: Der Wanderfalke zählt als Vogeljäger zu den Spitzengliedern der Nahrungsketten. Dies führt zur Anreicherung von Umweltgiften über die Nahrungskette in Körper, Gelegen und Nachwuchs des Wanderfalken. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts hatte die daraus resultierende Belastung mit hochgiftigen Pesticiden wie DDT und Lindan eine geringere Fruchtbarkeit der Altvögel zur Folge, dünnschalige Eier, erhöhte Embryonalsterblichkeit und die Zunahme nicht lebensfähiger Jungvögel...
Schutzprojekt
Um den scheinbar dem Untergang geweihten Greifvögeln zu helfen, startete der LBV zusammen mit dem Freistaat Bayern 1982 ein Artenhilfsprogramm – mit Erfolg! Allein in Bayern ziehen heute wieder rund 260-280 Wanderfalkenpaare alljährlich ihre Jungen groß.
Sie können sich für den Schutz dieses faszinierenden Greifvogels einsetzen, indem sie Horstbetreuer*in werden und somit einen ungestörten Brutverlauf sicher stellen.
Systematik
Ordnung: Falkenartige (Falconiformes), Familie: Falkenartige (Falconidae), Gattung: Falken (Falco), Art: Wanderfalke (Falco peregrinus).
Quellen:
Lars Svensson: Der Kosmos Vogelführer, Stuttgart 2011.
Bayerisches Landesamt für Umwelt, lfu.bayern.de
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