Waldkauz
Strix aluco
Ruf des Waldkauzes
Das lang gezogene „Huu-hu-huhuhuhuu“ erklingt, wenn Waldkäuze balzen oder ihre Reviere markieren – vor allem im Herbst und Spätwinter. Fast das ganze Jahr über machen sie außerdem durch ihren Kontaktruf „ku-witt“ auf sich aufmerksam. Auch wenn meist das Männchen singt, können beide Geschlechter sowohl den Balzgesang als auch den Kontaktruf äußern, wobei der Ton des Weibchens jeweils etwas höher und heiserer klingt.
Blick ins Geschichtsbuch
Wegen seinem runden Kopf, wurde der Vergleich mit einer Katze hervorgerufen, worauf der Ausdruck Katzenauff oder Katzenäugel beruht. Weitere deutschsprachige Bezeichnungen sind Nacht-, Wald-, Stockeule und Nachtkauz.
Dass die meisten Eulen ausgerechnet die Nacht bevorzugen, sahen Abergläubige als Beweis für ihr böses Wesen. Die nächtlichen „Ku-witt“-Rufe des Waldkauzes zum Beispiel wurden als „Komm mit“ interpretiert und kündigten den angeblich baldigen Tod eines nahestehenden Menschen an. Wer diesem drohenden Schicksal entkommen wollte, nagelte eine getötete Eule an das Scheunentor. Das schlechte Image des Waldkauzes und seiner Eulenverwandtschaft hat sich glücklicherweise deutlich verbessert. Faszination für das Tier löste den tief verwurzelten Aberglauben größtenteils ab.
Aussehen
Waldkäuze besitzen einen großen und runden Kopf mit schwarzen Augen, jedoch keine Federohren. Sie haben eine kompakte Gestalt und ihre Grundfärbung variiert von rostbraun bis graubraun mit dunklen Flecken. Ihr großer Kopf sitzt auf einem gedrungenen Rumpf. Sein freundliches Aussehen verdankt er seinen großen runden „Knopfaugen“ im dunkel umrahmten hellen Gesichtsschleier. Der stark gekrümmte Schnabel ist beim Waldkauz gelblich.
Die lautlosen Jäger werden mit 40 bis 42 Zentimetern Länge etwa so groß wie Krähen und bringen 400 bis 600n Gramm auf die Waage. Die Weibchen sind etwas größer und um ein Viertel schwerer als ihre Partner. Unabhängig vom Geschlecht oder Alter hat ein Teil der Waldkäuze eine graubraune Grundfärbung des Federkleides, andere eine rotbraune. Man spricht von zwei verschiedenen Farbmorphen, ähnlich den unterschiedlichen Haar- und Augenfarben beim Menschen. In jedem Fall sind die Käuze durch ihr rindenfarbenes Äußeres meist gut getarnt.
Lebensraum - Laubwälder bevorzugt
Auch wenn sein Name anderes vermuten lässt: Unser Jahresvogel ist keinesfalls nur im Wald zu Hause, obwohl er sich in lichten Laub- und Mischwäldern am wohlsten fühlt. Als ideal gilt ein Lebensraum mit einem Waldanteil von 40 bis 80 Prozent, Lichtungen, Waldrändern und angrenzenden Feldern. Reine Nadelwälder hingegen wählt unser Jahresvogel nur selten als Brut- und Lebensraum, da es dort nicht genug Nahrung für ihn gibt.
Als Standvogel bleibt er das ganze Jahr über in seinem Revier. Untersuchungen zufolge blieben sogar 80 bis 90 Prozent der beringten Paare zeitlebens im gleichen Umfeld. Diese Standorttreue hilft den Eulen, auch harte Winter zu überleben, kennen sie doch sämtliche Nahrungsquellen und Verstecke sehr genau. Die selbstständig gewordenen Jungvögel streichen auf der Suche nach einem eigenen Revier nur im ersten Herbst umher, wobei auch sie sich zu 90 Prozent nicht weiter als 50 Kilometer von ihrem Geburtsort entfernen.
Findet der Waldkauz keine geeigneten Baumhöhlen als Brutplatz, nimmt er auch ruhige Winkel von Gebäuden, Scheunen oder Nistkästen an. Hier darf es lediglich an guten Einflug-Möglichkeiten nicht mangeln. Längst ist er daher auch in städtischen Parkanlagen, Alleen, alten Scheunen, Burgen und Ruinen, Gärten oder auf Friedhöfen mit altem Baumbestand zuhause. Dabei kommt er uns Menschen recht nah, wenn er auch eher zu hören als zu sehen ist. Tagsüber versteckt er sich sowohl in Höhlen als auch gern in dichten Baumkronen oder immergrünen Efeugebüschen.
Qualität des Lebensraumes entscheidend für Bruterfolg
Der für die Arterhaltung entscheidende Bruterfolg hängt vor allem von der Qualität des Lebensraums im Revier ab. Das Fällen alter Höhlenbäume und eintönige Wälder und ausgeräumte Agrarlandschaften ohne Nahrung sind damit die größten Gefahren für einen gesunden Waldkauzbestand. Für den Schutz des Waldkauzes gilt es daher in erster Linie, höhlenreiche Altholzbestände sowie bekannte Brutbäume zu erhalten und zu fördern – sowohl im Wald als auch in Parks und Gärten.
Waldkäuze fliegen nahezu geräuschlos
Wie alle Eulen fliegen Waldkäuze nahezu geräuschlos: Ein besonders dichtes und samtartiges Polster auf der Oberseite der Flügel und kammartige Zähnchen an den Kanten der äußersten Flügelfedern verwirbeln den Luftstrom beim Fliegen und unterdrücken so jedes Geräusch. Waldkäuze sehen ausgezeichnet im Dunkeln, solange noch ein wenig Restlicht vorhanden ist. Ihre großen Augen nehmen besonders viel Licht auf, die Iris kann das einfallende Licht perfekt regulieren und garantiert so eine optimale Sichtleistung am Tage und in der Nacht.
Bei völliger Dunkelheit verlassen sich jagende Waldkäuze ausschließlich auf ihr Gehör: Geräusche werden durch die Trichterwirkung des Gesichtsschleiers schallverstärkt an die unter den Federn versteckten großen Ohren weitergeleitet. Die leicht asymmetrische Anordnung der Ohren führt dazu, dass Geräusche von anvisierten Beutetieren mit minimalem Zeitunterschied wahrgenommen werden. Das hilft dem Waldkauz, seine Beute genau anzupeilen.
Nahrung: Flexible Beutwahl
Ganz oben auf dem Speiseplan stehen neben Maulwürfen, Ratten oder Jungkaninchen vor allem Mäuse. Sind diese Kleinsäuger nicht zu haben, weichen Waldkäuze auf Vögel aus. Gerade bei Waldkäuzen im Siedlungsraum stellen sie oft den Großteil der Nahrung. Sogar Höhlenbrüter angelt er geschickt mit den langen Beinen durch das Flugloch hindurch. Bis zu 300 Gramm schwere Tiere kann der Waldkauz überwältigen und abtransportieren. Dabei frisst er gelegentlich auch kleinere Eulen, wie den Raufuß- oder den Sperlingskauz. Frösche, Kröten, Käfer und sogar Regenwürmer sind ebenfalls Nahrungsquellen für ihn. Selten wurden die lautlosen Jäger sogar beim Fischen beobachtet.
Im Vergleich zu anderen Eulenarten ist ihre Nahrungswahl sehr flexibel – sicher einer der Gründe dafür, dass der Waldkauz unsere häufigste Eule ist. Waldkäuze beginnen etwa zwanzig Minuten nach Sonnenuntergang mit der Nahrungssuche. Sie sind sehr wendige Ansitzjäger, aber bei der Jagd am Boden ebenso geschickt. Wirbellose und Beutetiere bis Mausgröße verschlingt der Waldkauz vollständig, große Beute zerteilt er zumindest grob.
Brut und Aufzucht der Jungen
Waldkäuze brüten nur einmal jährlich. Legebeginn ist dabei je nach Witterung im Februar oder März. In Städten sind sie früher dran – oft schon im Januar – im Wald dagegen später. Ist das Nahrungsangebot schlecht, kann die Brut in einem Jahr auch ausfallen.
Das Weibchen brütet allein. Nur in den Brutpausen und zur Nahrungsübergabe kommt das Männchen hinzu. Der Waldkauz ist als strenger Wächter seiner Brut bekannt. Kreischend setzt er sich gegen Feinde zur Wehr, seine Gegenwehr erfolgt meist von hinten und ohne Vorwarnung. Ihre Reviere verteidigen Waldkäuze ebenfalls sehr aggressiv gegen Rivalen – auch gegen andere Eulenarten.
Die Jungen wiegen nach dem Schlupf nur 28 Gramm. Die Waldkauzmutter bleibt während der Brutzeit fest auf dem Gelege, das in der Regel aus zwei bis vier Eiern besteht, die meist in zweitägigem Abstand gelegt werden. Die Brut beginnt häufig schon nach der Ablage des ersten Eis und dauert für jedes Ei 28 bis 29 Tage. Im Alter von etwa einem Monat verlassen die noch nicht flugfähigen Jungen das Nest und sitzen meist - scheinbar verlassen - auf Zweigen in Nestnähe. Sie werden dann "Ästlinge" genannt und geben ihre Position durch ständige heisere"kszik"-Rufe kund. Zwei bis drei Wochen später sind sie flugfähig, werden aber erst mit drei Monaten selbstständig. Bis dahin kümmern sich die Eltern weiter um die Jungen. Zu Beginn der Herbstbalz werden sie dann aus dem elterlichen Revier vertrieben und müssen sich ein eigenes suchen. Nur die Hälfte der Jungvögel überlebt das erste Lebensjahr. Einmal erwachsen, können sie in freier Natur bis zu 19 Jahre alt werden.
Gefahren für den Waldkauz
Der Waldkauz ist fast überall in Europa zu finden. Nur in Irland, Nordskandinavien sowie im europäischen Russland fehlt er. Außerhalb Europas besiedelt er Teile Westsibiriens, das Atlasgebirge in Nordafrika, Teile der Türkei und des Irans sowie den Libanon und Israel. Der europäische Brutbestand wird auf 530.000 bis 940.000 Brutpaare geschätzt. Weltweit gibt es damit etwa 700.000 bis 1,2 Millionen Brutpaare. Europaweit können zumindest in den letzten 25 Jahren keine Bestandsveränderungen festgestellt werden.
Der Bestand des Waldkauzes in Deutschland wird langfristig als stabil eingeschätzt. Genauere Daten liegen ab 1988 vor. Demnach war von 1988 bis etwa 1997 ein deutlicher Rückgang festzustellen, seitdem hält sich der Bestand aber wieder auf konstanter Höhe mit den üblichen jährlichen Schwankungen, die durch den Bruterfolg und die Nahrungsverfügbarkeit im Winter entstehen. Der Bestandstrend des Waldkauzes wird im Rahmen des „Monitoring Greifvögel und Eulen in Europa“ von freiwilligen Vogelkundlern in immer gleichen Untersuchungsgebieten erfasst. Geht die Zahl der Reviere in diesen Gebieten zurück oder steigt an, so ist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit in ganz Deutschland der Fall.
Kollisionen mit künstlichen Hindernissen verschiedener Art machen fast zwei Drittel aller Todesfälle aus. Davon ist die Hälfte auf den Straßenverkehr zurückzuführen, von dem der Waldkauz im Vergleich zu anderen Vogelarten besonders stark betroffen ist. Auf den vegetationsfreien und im Winter meist schneefreien Straßen können die Käuze querende Mäuse leicht erbeuten. Beim Abflug vom Ansitz auf Straßenbegrenzungspfosten kollidieren sie oft mit herannahenden Autos.
Genauso häufig sind Kollisionen mit Zäunen, Stromleitungen und Bahntrassen, deren dünne Drähte die Vögel im nächtlichen Flug nicht rechtzeitig erkennen können. Deutlich abgenommen haben in jüngster Zeit glücklicherweise die Unfälle durch Stromschlag an Stromleitungen, da in Deutschland alle in dieser Hinsicht besonders gefährlichen Mittelspannungsmasten inzwischen so gesichert werden müssen, dass auch große Vögel keine tödlichen Kurzschlüsse mehr auslösen.
Waldkäuze verunglücken zudem recht häufig auf der Suche nach geeigneten Brut- und Schlafhöhlen in engen glattwandigen Kaminen und Lüftungsschächten, aus denen sie nicht mehr entkommen können.
Hilfe für den Waldkauz
Für den Schutz des Waldkauzes gilt es in erster Linie, höhlenreiche Altholzbestände sowie bekannte Brutbäume zu erhalten und zu fördern – sowohl im Wald als auch in Parks und Gärten. Mindestens fünf Prozent der deutschen Waldfläche sollen bis 2020 komplett nutzungsfrei bleiben. Werden die verbleibenden Flächen naturnah bewirtschaftet, findet unser Jahresvogel beste Bedingungen. Erhaltenes Totholz sichert ihm Nahrung und Versteck. Nicht abgeholzte, alte Bäume sind ideale Brutplätze für den Nachwuchs. Gerade in großen Wäldern der zahlreichen EU-Vogelschutzgebiete sollten entsprechende Maßnahmen gefördert werden. Alte Höhlenbäume in Siedlungen müssen vor der übertriebenen Umsetzung der Verkehrssicherungspflicht geschützt werden.
Mit geeigneten Nistkästen kann die Zahl der Brutpaare in einem Gebiet stark erhöht werden. Da kleine Eulen wie Sperlings-, Raufuß- oder Steinkäuze vom Waldkauz besiedelte Reviere meiden, sollten diese Gebiete nicht gezielt gefördert werden. Auch der Verzicht auf Mäusegifte (Rodentizide) und andere Umweltgifte in Gärten und im öffentlichen Grün hilft unserem Jahresvogel. Außerdem muss die offene Ausbringung von Mäusegift im Wald und in der Agrarlandschaft weiterhin verboten werden.
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