Der Alpenschneehase
Wissenswertes über Vorkommen, Lebensweise und Zukunftsaussichten des Tieres des Jahres 2025

Anders als bei Gämse oder Steinbock ist der Alpenschneehase vielen Naturfreunden zwar ein Begriff, eine Beobachtung können aber nur die Wenigsten vorweisen. Er ist keine eigenständige Art, sondern „nur“ eine Unterart der Schneehasen. Deren riesiges Verbreitungsgebiet liegt in den nördlichen Regionen Eurasiens. Die in Nordamerika vorkommenden sehr ähnlichen Polar- und Alaskahasen werden als eigenständige Arten vom Alpenschneehasen unterschieden. Das Vorkommen in den Alpen ist ein Überbleibsel der letzten Eiszeit.
Aussehen
Verwechslungen mit dem bekannten Feldhasen kommen häufig vor. Ein eindeutiges Kennzeichen ist der immer weiße Schwanz, der beim Feldhasen oberseits schwarz ist. Da man Hasen meist wegrennen sieht, ist dies ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Im Vergleich zum Feldhasen ist der Alpenschneehase kleiner und wirkt auch rundlicher. Die Ohren sind kürzer und haben wie beim Feldhasen eine schwarze Spitze.
Alpenschneehasen passen ihre Fellfarbe - wie Alpenschneehühner ihr Gefieder - den Umweltbedingungen in den Alpen an. Der Fellwechsel ins braungraue Sommerfell beginnt meist im März und ist im Mai/ Juni abgeschlossen, dauert also etwa drei Monate. Der Wechsel ins schneeweiße Winterfell dauert ungefähr nur halb so lang und ist Ende Oktober bis Mitte November abgeschlossen. Das Winterfell ist nicht nur eine hervorragende Tarnung. Die weißen Haare bieten auch eine perfekte Kälteisolation, denn sie sind mit Luft gefüllt. So sparen sie ein Viertel der Energie wie im Sommerfell.
Durch die stark verbreiterten und behaarten Pfoten sind Alpenschneehasen perfekt an den extremen Lebensraum Hochgebirge angepasst, denn eine vergrößerte Trittfläche verhindert starkes Einsinken im Schnee – wie mit Schneeschuhen.
Es ist möglich Alpenschneehasen von Feldhasen anhand der Fährten zu unterscheiden: Durch die dichtere Behaarung der Pfoten sind die Abdrücke wesentlich runder als die des Feldhasen. Vorsicht ist hier älteren Fährten geboten, die nicht im frischen Schnee abgedrückt wurden! Durch Wärme verändern Trittsiegel im Schnee ihre Form und eine eindeutige Bestimmung wird nur schwer möglich.

Vorkommen und Bestand
Alpenschneehasen kommen in den Alpen in Höhenlagen zwischen 1.300 und 3.500m über Meereshöhe vor. Tiefergelegene Beobachtungen sind im Winter am wahrscheinlichsten. In den Hohen Tauern wurden im Winterhalbjahr deutlich mehr Alpenschneehasen zwischen 1.200 und 1.500m gefunden, als im Sommer. Untersuchungen zum Alpenschneehasen gibt es aus Bayern leider keine. Im Band „Wildtiermonotoring des Bayerischen Landesjagdverbandes“ zeigt die Karte ein sehr lückiges Verbreitungsgebiet in den Bayerischen Alpen. So sind nur für kleine Gebiete Alpenschneehasenvorkommen belegt. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen oder im Nationalpark Berchtesgaden fehlen Nachweise. Das ist sicher ein Mangel an Beobachtungsdaten, denn in Untersuchungen von Steinadler-Nahrungsresten, die nach der Brut in den Nestern gesammelt wurden, wurden Alpenschneehasen immer wieder nachgewiesen. Obwohl die kleineren Alpenschneehasen geselliger als Feldhasen sind, erreichen sie in den Alpen nicht die Bestandsdichten Nordamerikas oder Schottlands. Hier wurden Dichten von 400 bzw. 280 Hasen pro Quadratkilometer nachgewiesen. Im Nationalpark Stilfser Joch wurde in einer Studie eine Dichte von elf Individuen/ Quadratkilometer festgestellt.
Fortpflanzung
Bereits im Februar beginnt die Paarungszeit und erste Paarungen finden ab März statt. Junghasen werden ab Ende April/ Anfang Mai geboren. Ein zweiter Wurf erfolgt in aller Regel dann im Juli/ August. Im Innsbrucker Alpenzoo kam es allerdings bis zu vier Würfen im Jahr. Die Tragzeit ist etwas länger als beim Feldhasen und beträgt sieben bis acht Wochen, was für Hasen lang ist. In der Schweiz wurden zwei bis fünf und in den französischen Alpen bis zu acht Junge gefunden. Unter Gefangenschaftsbedingungen hatten die Würfe im Alpenzoo bis zu neun Junge. Junghasen entwickeln sich sehr schnell. Bereits nach etwa zehn Tagen nehmen sie erste feste Nahrung auf und nach maximal sechs Wochen sind sie völlig selbständig.

Lebensweise und Ernährung
Alpenschneehasen sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Den Tag verbringen sie in einem sicheren Versteck. Diese Tagesruheplätze liegen unter Umständen in der Nähe von Hütten oder Almgebäuden. So wurden beispielsweise Alpenschneehasen an Komposthaufen oder direkt an Mauern ruhend fotografiert. Im Winter verbringen sie den Tag auch in selbstgegrabenen Schneetunneln. Die Nahrung ist sehr vielseitig aber rein vegetarisch. Im Sommerhalbjahr stehen vor allem verschiedene Gräser und Kräuter auf dem Speiseplan. Zusätzlich werden Moose und Flechten aufgenommen. Im Winterhalbjahr werden auch Rinde, Knospen und Nadeln gefressen. Durch den Verbiss von Laub- und Nadelgehölzen fördern sie das Offenhalten ihres eigenen Lebensraumes. Der Verbiss verändert kleinflächig die Waldstruktur und hilft die Verwaldung zu verlangsam, was Bodenbrütern wie Bergpiepern oder Birkhühner zugute kommt. Alpenschneehasen beißen zuerst die Zweige ab und dann erst werden einzelne Teile wie Triebe oder Nadeln gefressen. Wichtig bei der Ernährung des Alpenschneehasen ist auch der weiche Blinddarmkot, der direkt nach dem Ausscheiden wieder gefressen wird. Die darin enthaltenen Bakterien helfen aus der Nahrung das Optimum an Nährstoffen herauszuholen.

Zukunftsaussichten im Rahmen des Klimawandels
Die Populationen von Alpenschneehasen sind starken Schwankungen unterworfen. Dies ist durch Nahrungsmangel im Winter, durch Parasiten und Krankheiten begründet. Der rasante Klimawandel ist jedoch zu einer der größten Bedrohung für diesen und andere Gebirgsbewohner geworden.
Der Feldhase dringt mittlerweile immer mehr in den Lebensraum des Alpenschneehasen vor und das Überschneidungsgebiet wird dadurch immer größer. Immer wieder kommt es zu Hybriden zwischen beiden Arten. Allerdings geht diese Hybridisierung nur in eine Richtung. Offensichtlich sind die größeren Feldhasen für die Alpenschneehäsinnen attraktiver. Die Nachkommen der beiden Arten sind fruchtbar, was interessante Fragen in der Evolutionsbiologie der Hasenartigen aufwirft. In Graubünden konnten bei 113 Alpenschneehasen fünf Individuen nachgewiesen werden, bei denen der Vater oder ein früherer Verwandter ein Feldhase war. Zahlen zur Hybridisierung sind sehr schwer zu erfassen, denn bei den untersuchten Hasen handelt es sich ausschließlich um erlegte Tiere. In Bayern ist der Alpenschneehase ganzjährig geschont, in Österreich wird kein Unterschied zwischen erlegten Feld- und Alpenschneehasen gemacht. In der Schweiz werden im Durchschnitt jährlich zwar 900 Alpenschneehasen in der dreimonatigen Jagdzeit erlegt, aber nicht genetisch untersucht.
Die durch den Fellwechsel errungene hervorragende Tarnung hilft immer weniger, denn durch die längeren Sommer und Winter mit weniger Schnee ist diese Tarnung eher ein Nachteil. Im weißen Winterkleid sitzen die Alpenschneehasen auf dem Präsentierteller für Steinadler, Rotfuchs oder Steinmarder. Auch beim Uhu wurde der Alpenschneehase als Beute nachgewiesen. Die Fressfeinde dringen immer mehr und länger in die schneearmen Regionen vor. Eine Studie aus Norwegen zeigt, dass deutlich mehr Spuren Säugertier-Prädatoren in schneearmen Gebieten, als in Regionen mit Schnee zu finden sind.
Die kürzeren Extremitäten und die kleinere Körperoberfläche sind auch in den kalten Wintern seines Lebensraumes ein zusätzlicher Schutz gegen Wärmeverlust. Allerdings ist der Alpenschneehase damit auch nicht in der Lage an den immer wärmeren Tagen überschüssige Wärme wieder abzugeben.
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