Leben im Steingarten

Steine allein machen noch keinen Garten

Sogenannte Steingärten sind in Mode, allerdings gleichen sie oft Wüsten aus Kies. Doch können aus heimischen Baustoffen echte Steingärten als attraktive Lebensräume für zahlreiche Insekten und Kleintiere entstehen.

Steine im Garten, grün bewachsen | © Peter Bria © Peter Bria
Leben statt Einöde: Echte Steingärten können attraktive Lebensräume sein

Granitsplit, weit angereist aus dem fernen Asien, bedeckt eine schwarze, undurchdringliche Mulchfolie. Aus aller Welt werden Steine importiert, in Gabionen abgefüllt, als Zierkies nach Farben sortiert und in Gärten geschüttet. Dazu thront ein bizarr geformter Findling aus Brasilien obenauf, flankiert von chinesischem Bambus, einem Kirschlorbeer oder einem einsamen Buchsbaum. So sehen heute viele Vorgärten aus. Das ganze Jahr der gleiche Anblick: immergrün, sauber, pflegeleicht – und eine lebensfeindliche Wüste.

Wertvoller Lebensraum für Hungerkünstler

Zwei Zauneidechsen sitzen auf einem Stein | © Dr. Andreas von Lindeiner © Dr. Andreas von Lindeiner
Zauneidechsen schätzen die Versteckmöglichkeiten von Steinen

Dabei kann ein Steingarten so viel mehr sein, nämlich Lebensraum für hoch spezialisierte, oft alpine Pflanzen, die mit minimalen Ressourcen herrliche Blütenfülle hervorbringen. Insektenmagneten wie Glockenblumen, Nelken, Steinbreche und Sedumpflanzen in vielen Arten und Sorten sind ebenso wie die vielen trockenheitsliebenden (Zier-)Laucharten, um nur einige zu nennen, für den Gärtner eine wahre Augenweide.

Gepflanzt werden sie in sehr magere mineralische Substrate, wie z. B. Mineralschotter oder Split, angereichert nur mit etwas Sand, Lehm und kleinen Mengen Kompost. Dies entspricht am ehesten ihren Lebensumständen am Wildstandort, wo sie mitunter auf magersten Kalkböden, blankem Fels oder Geröllhalden wachsen können.

Trockenmauern und Steingärten bieten jedoch nicht nur für unsere Steingartenpflanzen einen idealen Lebensraum. Allerlei nützliche Tiere fühlen sich hier wohl, etwa Zauneidechsen oder Käfer, welche die wärmespeichernden Steine schätzen und in tiefen Ritzen ideale Versteckmöglichkeiten finden.

Hanggrundstücke oder Böschungen lassen sich mit Natursteinmauern ideal terrassieren und befestigen. Dazu sind jedoch nicht teure, aus aller Welt unter großem Energieaufwand importierte Steine nötig, welche der Fachhandel in großer Auswahl anpreist.

Regionale Baustoffe & Recyclingschotter als Material

Sedumarten in alten Baustoffen | © Birgit Helbig © Birgit Helbig
Die Vielfalt an Recyclingmaterial kann sehr groß sein

Recycling und Regionalität sind auch hier hervorragend umsetzbar, sparen Geld und Ressourcen. Gibt es in Ihrer Nähe einen Steinbruch? Dann passt das dort gewonnene Material sicher auch gut zu Ihrem Garten und der heimischen Vegetation.

Oder wird in der Nähe ein altes Haus oder ein historischer Keller abgerissen? Hier kann man manchmal wahre Schätze finden. Oft sind die Besitzer froh, die Entsorgungskosten zu sparen. Abbruchmaterial muss jedoch genau kontrolliert werden, damit keine neuzeitlichen Schadstoffe wie Asbestreste enthalten sind.

Recyclingschotter kann im Gartenbau ebenfalls sehr gut eingesetzt werden. Auch hier sollte man sich das Material vorher ansehen, damit keine Asphaltreste oder andere unerwünschten Fremdmaterialien enthalten sind. Selbst alte Dachziegel, Betonsteine oder Gehwegplatten lassen sich mit Kreativität und Phantasie zu attraktiven Gartenelementen und Lebensräumen arrangieren.

Mit etwas Glück findet man noch alte, gebrannte Tonmauerziegel, die sich vielfältig für Mauern und Wege verwenden lassen. Verwenden Sie regional vorkommendes Material, welches man im Herbst manch- mal direkt von Landwirten ab Feld bekommen kann.

Je nach Wohnort können dies unterschiedlichste Gesteine sein. Die Vielfalt ist groß, zum Beispiel Sandsteine, Jurakalk oder Kon- glomeratgestein. Steinhaufen aus der Natur sind aber tabu, hier könnten bereits wertvolle Lebensräume entstanden sein.

Angepasste Pflanzenauswahl

Trockenmauer | © Birgit Helbig © Birgit Helbig

Um erfolgreich zu sein, müssen Sie jedoch auf die Zusammensetzung der Steine bei der Pflanzenauswahl Rücksicht nehmen. So gibt es viele kalkliebende, aber auch kalkmeidende Arten.

Lassen Sie sich daher beim Pflanzenkauf von einem kompetenten Staudengärtner beraten oder informieren Sie sich im Internet. Viele heimische Pflanzen lieben magere, sonnige Standorte. Orangerotes Habichtkraut oder Gemeiner Natternkopf, Heidenelke oder Edelgamander und die verschiedenen Königskerzen wachsen hier ausgezeichnet und bereichern jeden Garten als attraktive Blütenpflanzen und Insektenweiden.

Zwiebelblüher sorgen für eine üppige Frühjahrs-, Bergastern für die Herbstblüte, Silberdistel oder Enzian setzen alpine Akzente. Mediterrane Kräuter wie Thymian und Lavendel bilden im Steingarten übrigens ein vielfach besseres Aroma aus als in nor-malen Gartenbeeten und bleiben dazu meist kompakter im Wuchs.

Es gibt also viele Argumente für einen echten Steingarten voller Leben, anstatt einer toten Wüste aus Kies und Stein.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 03/2016 unseres LBV-Magazins VOGELSCHUTZ, S. 30-31

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