• Konfliktgespräche im Natur- und Umweltschutz

Fair aber hart

Konfliktgespräche im Natur- und Umweltschutz

Als Naturschützer kommen wir immer wieder in Situationen, in denen Gespräche schwierig und emotional werden. So etwa, wenn jemand seinen Hund ohne Leine in einem Naturschutzgebiet laufen lässt und bodenbrütende Vögel stört oder wenn Wasservögel mit altem Brot und damit nicht artgerecht füttert. Oder wenn Fischer*innen bei einer Exkursion behaupten, die Kormorane würden alle Fische wegfressen. Die Liste ist lang. Wie reagiert man am besten darauf? Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie auch in konfliktreichen Gesprächen fair zum Gegenüber, aber hart in der Sache bleiben.

Erlenzeisig "schreit" einen Feldsperling an | © Carl-Peter Herbolzheimer © Carl-Peter Herbolzheimer
Auch Vögel haben Konflikte: hier ein etwas streitlustiger Erlenzeisig und ein gelassener Feldsperling

Wenn eine Debatte hitzig wird, müssen Sie einen kühlen Kopf bewahren, um trotz unterschiedlicher Positionen einen konstruktiven Dialog zu führen. Hilfreich ist dabei die Unterscheidung von Sach- und Beziehungsebene. Eine gute, von Respekt getragene Beziehung ist die erste Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog.

Versuchen Sie Person und Sache zu trennen:

Seien Sie weich zur Person, aber hart zur Sache. Beispiel Fischer: „Ich verstehe Ihren Ärger, wenn Sie das glauben“ (= Beziehungsebene). „Viele Studien belegen aber, dass Kormorane …“ (= Sachebene). Signalisieren Sie dem anderen: Ich habe nichts gegen Sie als Mensch, muss Ihnen aber in bestimmten, klar umgrenzten Punkten zur Sache widersprechen. Ich respektiere Sie, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen haben.

Respektieren Sie die unterschiedlichen individuellen Perspektiven

Zwei Kormorane im Geäst | © Marcus Bosch © Marcus Bosch
Kormorane sorgen immer wieder für Konfliktpotential

Sie wissen nicht, wie die subjektive Welt des anderen ausschaut. Sie haben auch nur Ihre! Unterstellungen und Übergriffe, also dem anderen erklären, was er denken, wollen oder tun sollte, lösen Widerstand und Ärger beim anderen aus. Wo immer möglich, formulieren Sie Ich-Botschaften statt Du-Botschaften.

Trennen Sie klar zwischen Ihren persönlichen Erfahrungen, Sichtweisen und Überzeugungen und denen des anderen.

Beispiel Volksbegehren: „Ich sehe in den Bauern unsere wichtigsten Verbündeten beim Artenschutz und halte staatliche Anreize für freiwillige Maßnahmen von Bauern für dringend notwendig. Was denken Sie, wohin die Fördermittel fließen sollten, um die Landwirtschaft langfristig zu sichern?“

Auch der Ton und die Körpersprache können unterschwellige Du-Botschaften wie Vorwürfe, Entwertung, Lächerlich-Machen usw. enthalten. Versuchen Sie, eine positive Haltung dazu einzunehmen, dass der Gegenüber eine andere Sichtweise hat.

Aber gönnen Sie Ihren Überzeugungen, Anliegen und Ihrem Wissen genauso viel Respekt wie der Welt des Gegenübers. Vertreten Sie Ihren Standpunkt am Ende beharrlich, aber ohne persönliche Angriffe.

Gesprächstechniken: Tipps zum besseren Umgang mit schwierigen Zeitgenossen

Aktiv zuhören:

Interessieren Sie sich für die Sichtweise des anderen! Lassen Sie zuerst ihn reden, lassen Sie ihn ausreden, hören Sie aufmerksam zu, nehmen Sie das Tempo aus dem Dialog und fragen Sie dann nach, was Sie genau verstanden haben sollten.

Ein wesentlicher Teil der Eskalation kommt oft aus der unbewussten Angst, nicht genug gesehen zu werden. Wenn der Gegenüber spürt, dass Sie seine Sichtweise anhören und auch ernst nehmen, kann das den Boden bereiten, dass er sich ändert.

Nachfragen:

Konflikte eskalieren oft, weil beide Seiten die Probleme und das Bild vom anderen zunehmend vereinfachen.

Steuern Sie dagegen: Fragen Sie nach, was genau dem anderen wichtig ist, wo er das Problem sieht, was er glaubt, erlebt hat, erreichen möchte

Was tun bei "Killerphrasen"?

Auch Killerphrasen begegnet man am besten durch Nachfragen: Auf Verallgemeinerungen wie „Die sind doch alle gleich!“, „Das ist immer dasselbe!“, „Das hat doch keinen Sinn!“ können Sie im ersten Schritt mit Nachfragen reagieren:

  • Inwiefern sind die alle gleich?
  • Immer? Wann genau war es so?
  • Was genau hat keinen Sinn? Warum?

Im zweiten Schritt fragen Sie den anderen nach Lösungen:

  • Woran würden Sie merken, dass die nicht alle gleich sind?
  • Was könnte man tun, dass es jetzt anders läuft?
  • Was müsste sein, damit es Sinn macht?

Dissens benennen

Den Dissens benennen und respektieren, wo er im Augenblick nicht aufgelöst werden kann: Es gibt Differenzen, die momentan nicht geändert werden können. Indem Sie dies mutig aussprechen, zollen Sie ihrem Gegenüber genauso wie sich selber Respekt: Das sehen wir unterschiedlich!

Seien Sie derjenige, der vorlebt, dass man die Spannung des Dissens aushalten kann.

Kommentar: Ein Naturschutzwächter gibt Einblick in seine Arbeit

Spaziergänger mit Hund | © Peter Bria © Peter Bria
Bekannte Konfliktthemen im Alltag sind z.B. unangeleinte Hunde oder die Frage nach der gezielten Jagd auf Tierarten wie Kormoran und Wolf.

"Als Naturschutzwächter muss ich schnell entscheiden, ob es sich um Nichtwissen, Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat handelt und entsprechend reagieren. Als Grundregel gilt, immer zuerst das Gute im Menschen zu sehen. Hebt der Beobachtete Müll auf, den ein anderer weggeworfen hat? Ist ihm beim Betrachten der Natur die Brille heruntergefallen?

Häufiger ist der Grund für auffälliges Verhalten in der Natur eher eine Tat, die ein niederrangiges Verbot verletzt, z.B. Blumenpflücken oder Steinesammeln – harmlos, aber unter Umständen nicht erlaubt. Im Schutzgebiet haben die Interessen der Natur Vorrang. Meine Entscheidung ist in so einem Fall klar, aber eine angemessene Wortwahl ist sehr wichtig.

Das Nein muss klar rüberkommen, die dauerhafte, in Zukunft freiwillige Verhaltensänderung ist das Ziel, ohne den Bürger langfristig zu verärgern. Auch wenn man dieselben fadenscheinigen Ausreden alle paar Minuten oder am nächsten Tag von denselben Leuten wieder hört. Man muss Mensch bleiben, aber ein Mensch, der die Natur kennt und zu ihrem notwendigen Schutz bereit ist, Klartext zu reden."

ADI BAUMEISTER, Mitglied der AGNA (Dachverband der Bayerischen Naturschutzwacht)

Ihre Fragen beantwortet Ihnen:

Rolf Berker
(Dipl.-Psychologe)

Moderation und Mediation

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