Zwischenzeugnis für den Ministerpräsidenten

LBV stellt Dr. Markus Söder im Auftrag der Natur in Bayern ein mäßiges Zwischenzeugnis aus

Am Tag, an dem Millionen bayerischer Schüler ihr Zeugnis erhalten, stellen auch wir dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ein Zwischenzeugnis aus. Nach einem knappen Halbjahr an der Regierungsspitze im Freistaat ziehen im Auftrag der Natur in Bayern eine Zwischenbilanz anhand unserer sieben Landtagswahlforderungen.

Insgesamt mühte sich der Regierungschef zwar in verschiedenen Bereichen, Punkte für die biologische Vielfalt zu sammeln, doch war er damit meist nicht erfolgreich. 

Der ehrgeizige Prüfling arbeitete zwar stets konzentriert, jedoch verfehlte er in mehreren Fächern das Ziel klar. Sein Verhalten bleibt verbesserungswürdig. Insbesondere Falschaussagen und unzutreffende Schreckensszenarien sollten in Zukunft unterlassen werden, um von der Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen um den Natur- und Artenschutz zu überzeugen. Eine Erläuterung zu den einzelnen Punkten finden Sie weiter unten.

Benotung in den Pflichtfächern im Natur- und Artenschutz:

Biodiversität in der Agrarlandschaft: 4 (ausreichend)

Eine Dokumentation des Artensterbens alleine reicht für eine befriedigende Leistung nicht aus. Damit Vögel und Insekten in unserer Agrarlandschaft überleben können, brauchen wir wieder mehr Strukturen, mehr Blühpflanzen und weniger Gifteinsatz. Die angekündigte Stärkung des Vertragsnaturschutzprogrammes gibt zwar Anlass zur Hoffnung. Auch die Einrichtung eines Artenschutzzentrums zeigt den guten Willen des Ministerpräsidenten.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die tatsächliche Ausgestaltung dieser Einrichtung wirklich etwas bewirken kann.

Gewässerschutz: 4 (ausreichend)

Um auf eine ausreichende Leistung zu kommen, wird dem Ministerpräsidenten dringend zum Studium der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geraten. Die verpflichtende Anlage von Gewässerrandstreifen ist für eine bessere Benotung unerlässlich.

Zudem wird eine Förderung der freiwilligen Düngebeschränkung sowie einer bodenschonenden Bewirtschaftung über das bayerische Kulturlandschaftsprogramm KULAP dringend empfohlen. Neben einer besseren Note gibt es bei erfolgreich abgelegter Prüfung als Belohnung lebendige Bäche, sauberes Trinkwasser und natürlichen Hochwasserschutz.

Schutz alpiner Freiräume: 5 (mangelhaft)

Während Dr. Söder in der Vorprüfung zu diesem Fach aufgrund der Änderung des Alpenplans noch mit der Note 6 bewertet wurde, konnte er sich hier immerhin auf eine 5 verbessern. Es bleibt abzuwarten, ob die angekündigte Förderung eines nachhaltigen Natur- und Bergtourismus im Oberallgäu auch tatsächlich umgesetzt wird. Die Leistungsbewertung erfolgt zum Ende der Amtszeit durch die am Riedberger Horn lebenden Birkhühner.

Stärkung des staatlichen Naturschutzes: 4 (ausreichend)

Die Bereitschaft, in Personal für den bayerischen Naturschutz zu investieren, zeigt sich bei einer großzügigen Ausstattung des neuen Artenschutzzentrums und der bayerischen Naturparke. Auch hier muss jedoch beobachtet werden, ob die Stellen tatsächlichen Verbesserungen für die Natur zugutekommen. Eine dringend notwendige personelle Aufstockung in den Unteren und Oberen Naturschutzbehörden bleibt dagegen weiterhin aus. Vielmehr wurden selbst die gerade einmal acht beantragten Stellen bis heute nicht vom Landtag freigegeben.

Flächenschutz/Flächensparen: 4- (noch ausreichend)

Die vom Prüfling angestrebten „freiwilligen Vereinbarungen“ zeigen keinerlei Wirkung und sind damit als ungenügend zu bewerten. Um die einzigartige Bayerische Landschaft zu erhalten, empfehlen wir dringend gesetzliche Regelungen und das kritische Hinterfragen von Großprojekten wie der 3. Startbahn am Münchner Flughafen. Der Ministerpräsident betonte schon mehrmals sein Bestreben, in diesem Fach Verbesserungen zu erzielen.

ennoch wurde bislang keine einzige ernsthafte Maßnahme ergriffen, um dem seit Jahren unverändert hohen Flächenverbrauch in Bayern ernsthaft entgegenzutreten.

Großschutzgebiete und Wildnis: 6 (ungenügend)

In diesem Fach schloss der Ministerpräsident das Halbjahr mit Abstand am schlechtesten ab. Grund ist nicht nur die kürzlich geäußerte Absage an einen dritten Nationalpark in Bayern. Die Ausweisung diverser Umweltzentren in Rhön und Spessart, am Riedberger Horn sowie an der Donau kann kein Ersatz für die Einrichtung großer Schutzgebiete sein und ist deshalb als reines Ablenkungsmanöver negativ zu bewerten.

Umweltbildung: 4 (ausreichend)

Die Bewertung mit „ausreichend“ kann nur beibehalten werden, wenn sich die Anzeichen einer besseren Förderung der Umweltstationen in Bayern wirklich bewahrheiten. Zusätzliche Bemühungen sind bei Umweltbildungsaktionen für Grundschüler sowie bei der Lehre zur Artenkenntnis an Schulen und Hochschulen notwendig. Dabei hat der Ministerpräsident nicht nur die Möglichkeit, seine eigene Leistung zu verbessern, sondern kann auch den Grundstein legen, um das Wissen über Natur und Umwelt, sowie um den Schutz der biologischen Vielfalt für kommende Generationen zu sichern.

Fazit:

Ministerpräsident Söder zeigte im ersten Halbjahr im Durchschnitt nur mangelhafte bis ausreichende Leistungen beim Schutz der bayerischen Natur. Der LBV sieht in vielen Bereichen noch großes Entwicklungspotential. Sollte der Regierungschef alle seine positiv bewerteten Ankündigungen in die Tat umsetzen, können sich seine Zensuren im nächsten Zeugnis deutlich verbessern. Bleibt es allerdings nur bei Ankündigungen, so könnte der Übertritt in die nächste Amtszeit im Oktober gefährdet sein.

 Gez. Dr. Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender, im Auftrag der Natur in Bayern

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© Ralph Sturm

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