Konkrete Vorschläge für zusätzlichen Maßnahmen

Trägerkreis fordert die Umsetzung der am Runden Tisch entwickelten Ergänzungsvorschläge für das Begleitgesetz

Der Trägerkreis Volksbegehren Artenvielfalt - „Rettet die Bienen!“ fordert von der Bayerischen Staatsregierung eine angemessene Berücksichtigung der Verbesserungsvorschläge, die bei den von Alois Glück geleiteten Arbeitsgruppen zum Runden Tisch Artenvielfalt entwickelt wurden. 

Moor Eglinger Filz | © Oliver Wittig © Oliver Wittig
Der Schutz der letzten Moore, die wir in Bayern überhaupt noch haben, muss gewährleistet werden.

„Bei den sich überschlagenden Ereignissen der letzten Wochen müssen Inhalte vor Inszenierung gehen", so Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und Stellvertretende Vorsitzende der ÖDP Bayern vor der kurzfristig für Dienstag angesetzten Kabinetts-Pressekonferenz zum Artenschutz.

Der Trägerkreis hat deshalb heute eine Reihe von Ergänzungsforderungen formuliert, die das von Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) angekündigte „Volksbegehren plus“ ermöglichen sollen. Exemplarisch nennen die vier Sprecher des Trägerkreises Maßnahmen aus den Bereichen Waldschutz, Moorschutz, kommunaler Umweltschutz und Vollzug des Naturschutzgesetzes.

Auwald | © Dr. Eberhard Pfeuffer © Dr. Eberhard Pfeuffer
Nutzungsfrei Flächen im Wald sind zwingend erforderlich

Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV: „Für den Schutz unserer biologischen Vielfalt im Wald sind vor allem auch nutzungsfrei Flächen zwingend erforderlich. Im Koalitionsvertrag findet sich schon jetzt die Verpflichtung dauerhaft rund 10 % der staatlichen Waldflächen als nutzungsfreie Naturschutzflächen und Naturwaldflächen von der forstwirtschaftlichen Nutzung‘ auszunehmen. Als Fachverband fordert der LBV, dass diese Flächen über die verschiedenen Naturräume in Bayern verteilt ausgewiesen werden. Große, nutzungsfreie Schutzgebiete im Auwald an der Donau sowie im Laubwald, insbesondere Steigerwald und Spessart, müssen unbedingt Teil hiervon sein.“

Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Landtags-Grünen: „Das angekündigte ‚Plus‘ für mehr Artenschutz fehlt bis jetzt noch. Es bedeutet neben zusätzlichen Maßnahmen zwangsläufig ein Plus von 100 Stellen beim Personal an den Unteren und Höheren Naturschutzbehörden. Damit wir das künftige Naturschutzgesetz erfolgreich vollziehen können, brauchen wir kompetente Beratung der Akteure und Kontrolle bei der Umsetzung."

Richard Mergner, Landesvorsitzender BUND Naturschutz in Bayern: „Gemeinden und Landkreise müssen ihre Grünflächen im Sinne des Artenschutzes bewirtschaften. Hierbei soll auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet und soweit nötig die Düngung auf ein die natürliche Artenvielfalt erhaltendes Maß reduziert werden. Bei der Neuanlage von Blühflächen ist regional spezifisches Saatgut zu verwenden.“

Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und stellvertretende ÖDP-Landesvorsitzende: „Die SchülerInnen rufen jeden Freitag nach Zukunft und demonstrieren für mehr Klimaschutz. Das ist toll! Moore sind immens wichtig für Klimaschutz und Artenvielfalt. Der Schutz der letzten Moore, die wir in Bayern überhaupt noch haben, muss endlich gewährleistet werden. Wir fordern: Keine weiteren Grundwasserabsenkungen und keine ackerbauliche Nutzung mehr auf Moorböden. Damit Zukunft bleibt."

1. Biotopverbund
  • Ausschließlich Berücksichtigung von kartierten Biotopen im Biotopverbund.
  • Freihalten von Korridoren für den Biotopverbund durch verbindliche planerische
    Sicherung
  • Aktualisierung der Biotopkartierung alle 10 Jahre.
2. Landwirtschaft

a) Programm zur klimaangepassten Nutzung von Niedermooren und deren Resten

Degradierte Niedermoore sind ein sehr bedeutender Emittent von Klimagasen. Mit einem Schutzprogramm für die letzten verbliebenen Niedermoore und deren Reste würde ein großer Beitrag zum Klimaschutz und zugleich zum Erhalt vieler bedrohter Arten geleistet.

b) Erhöhung der Fördermittel und Flächenumfang VNP

10% der LW-Fläche als Ziel. VNP ist unstrittig das erfolgreichste und wirksamste Programm-Paket für den Natur- und Artenschutz. Es braucht u.a. eine wirksame Beratungsinitiative für VNP-Verträge zu artenreichen Wiesen um die Vorgabe des Volksbegehrens zu artenreichem Grünland innerhalb dieser Legislaturperiode umzusetzen.

c) Gesetzlicher Rechtsanspruch auf das VNP

Dies soll Planungssicherheit für Landwirte zu schaffen und den einseitigen Finanzierungsvorbehalt des Staates ersetzen.

d) Erhöhung der Beweidungsprämie und Beweidungsprogramm

Die Beweidungsprämie soll nach Aufwand differenziert und insgesamt erhöht werden. Es sollen Anreize zur verstärkten Umsetzung von großflächig extensiven Weidelandschaften geschaffen werden, in denen die Förderung der Artenvielfalt und insbesondere der Erhalt gefährdeter Arten das vorrangige Ziel ist.

e) Verpflichtende Kontrolle und Monitoring der naturschutzfachlichen Ausgleichs- und Ersatzflächen

Ausgleichflächen sind ein wichtiger Baustein für den Erhalt der Artenvielfalt. Es bedarf allerdings analog z.B. zum Monitoring in Schutzgebieten einer Qualitätssicherung. Im BayNatSchG ist die Zuständigkeit für die Kontrolle der Maßnahmen festzuschreiben

3. Moore

Verbot der Grundwasserabsenkung auch in allen Moor- und Anmoorstandorten. Beendigung der ackerbaulichen Nutzung von Moorstandorten (vornehmlich zur Vermeidung der Freisetzung von Treibhausgasen) durch gesetzliches Verbot und Einführung eines wirksamen Förderprogramms (s.o. bei Landwirtschaft).

4. Wald

a) 10% der Staatswaldfläche aus der Nutzung nehmen und naturschutzrechtlich sichern

Entsprechende nutzungsfreie Flächen sollen ein über den Freistaat verteiltes Netzwerk bilden.

b) Einrichtung nutzungsfreier Großschutzgebiete im Laubwald und Auwald (Nationalpark)

Die beiden bestehenden Nationalparke haben sich als Hort der Biodiversität etabliert. Im Laubwald und im Auwald fehlen große nutzungsfreie Schutzgebiete bisher.

c) Erhöhung Totholzanteil

Totholz ist unter Biodiversitätsgesichtspunkten der wichtigste Bestandteil der Wälder. Für den Staatswald sollte daher das von der BaySF festgelegte Ziel für Totholz um mindestens 10 fm/ha erhöht werden. Für sonstige Wälder sollte ein Förderprogramm für die Erhöhung des Totoholzanteils aufgelegt werden.

d) Überführung von Waldbeständen in Kategorie 1 Wälder

Alte Wälder sind für die Artenvielfalt besonders wichtig und sind deshalb bei den BaySF bereits aus der Nutzung genommen. Da aber ihr Bestand dennoch nicht garantiert werden kann (Sturmschäden etc.) sollten kontinuierlich weitere Wälder im Staatswald in Kategorie 1 Wälder überführt werden. Für kommunalen und privaten Wald sind entsprechende Programme zu etablieren.

e) Walddynamik

Für besonders dynamische Waldgesellschaften, wie zum Beispiel den Auwald sollten natürlich ablaufende Prozesse als Ziel der Waldbewirtschaftung im Staatswald festgelegt werden.

5. Gewässer

a) Verpflichtende Gewässerrandstreifen von beidseitig je 10 Meter Breite an Gewässern 2. Ordnung im Außenbereich

Gewässerrandstreifen vermindern den Eintrag und Fördern den Austrag von Feinsedimenten an Gewässern. Sie bieten Schutz vor Eintrag von Pestiziden und sind für die Biodiversität wichtige Verbundstrukturen. Während an Gewässern I. Ordnung bereits durchgehend 10 m breite Gewässerrandstreifen vorhanden sind, fehlen sie an Gewässern II. Ordnung häufig. Gerade hier sind sie notwendig - auch im Hinblick auf die Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie - da sie eine dynamische Gewässerentwicklung erst ermöglichen.

b) Referenzgewässer für Flussdynamik

Fließgewässer sind natürlicherweise von einer außerordentlichen Dynamik geprägt. Zahlreiche Tier und Pflanzenarten sind auf diese Dynamik angewiesen, diese sollte daher Ziel der Fließgewässerbewirtschaftung sein. Zusätzlich sollten Wildflüsse als Referenzgewässer erhalten und entwickelt werden.

c) 4. Reinigungsstufe bei Kläranlagen, Verminderung von Mischwassereinleitungen

Der Einfluss von Toxinen, hormonwirksamen Stoffen und Mikroplastik auf Mensch und Natur gerät zunehmend in den Fokus. Über Forschungsprogramme sollten die Wirkmechanismen dieser Stoffe und deren Eintragswege identifiziert werden um entsprechend reagieren zu können.

d) Mindestwasserleitfaden

Fehlendes Wasser in Ausleitungsstrecken stellt in vielen Fällen eine Unterbrechung des Biotopnetzes für aquatische Lebewesen dar. Im Zuge der Klimaerwärmung kommt es zudem in mit wenig Wasser dotierten Gewässerabschnitten häufiger zu lebensbedrohlichen Situationen für die heimischen Arten. Vom Runden Tisch sollte ein klares Bekenntnis zu einer baldigen Verabschiedung eines fachlich anspruchsvollen Mindestwasserleitfadens ausgehen.

6. Siedlungen

a) Ökologisierung der staatlichen Flächen und Gebäude durch ein Biodiversitätsprogramm

Fortschreitende Klimaschutzbemühungen und die Preissteigerungen auf dem Immobilienmarkt führen zur Modernisierung zahlreicher Gebäude. Dabei gehen Lebensräume z.B. für Gebäudebrüter oder Überwinterungsstätten verloren. Dem sollte durch ein Förderprogramm für Ökologisches Bauen entgegengewirkt werden.

b) Vogelschlag an Glasfassaden abstellen

c) Verpflichtendes Grünflächenmanagement für Kommunen

Die Gemeinden sollen Konzepte für die Pflege ihrer Grünflächen und Straßen- und Wegränder erstellen, bei denen Turnusmahd und biodiversitätsschonende Mahdtechniken festgelegt werden.

d) Verbot von Mulchen im Grünland, Rasen, Straßenbegleitgrün etc.

Mulchen ist eine besonders schädliche Form der Bewirtschaftung von Grünland. Zahlreiche Kleintiere werden dabei unnötigerweise getötet. Dabei könnte durch Mähen das gleiche Ergebnis erzielt werden. Mulchen könnte auf staatlichen Flächen sofort, auf kommunalen und privaten Flächen nach einer angemessenen Übergangsfrist verboten werden.

e) Pestizidverbot im privaten Bereich.

Der Einsatz von Pestiziden im Privaten und Kommunalen Bereich ist in den meisten Fällen unnötig und wenn er durch ungeschulte Personen stattfindet auch besonders schädlich. Die Staatsregierung sollte ihren Einfluss geltend machen, um z.B. durch Satzungsänderungen in Kommunen und Anpassung von Verordnungen der EU den Pestizideinsatz hier rasch zu beenden.

f) Verwendung von heimischen Pflanzen in privaten und kommunalen Gärten und Grünanlagen

Fremdländische Arten sind für die Artenvielfalt meist wertlos. Zudem gibt es meist einen gleichwertigen Ersatz durch heimische Arten. Im Kommunalrecht sind Regelungen zu schaffen, um heimische Arten hier Vorrang einzuräumen. Dies ist mit Aufklärungskampagnen und Förderprogrammen zu begleiten.

g) Beleuchtung reduzieren

Unternehmenswerbung im Emissionsschutzgesetz regeln. Beleuchtung in und von öffentlichen Gebäuden ab 00:00 abschalten

7. Flächenverbrauch: Ziel von max. 5 ha/Tag

Der Flächenverbrauch stellt ein riesiges Problem für das Kleinklima, das Landschaftsbild und die Biodiversität da. Die Koalition von Freien Wählern und CSU hat eine Begrenzung des Flächenverbrauches vereinbart. Vom Runden Tisch Volksbegehren Artenvielfalt sollte ein klares Statement für die Begrenzung des Flächenverbrauches ausgehen.

8. Sonstiges

a) 150 zusätzliche Stellen an UNBs, HNBs und dem Landesamt für Umwelt

Zur Umsetzung der Ziele und Maßnahmen, die nötig sind für eine Trendwende im Arten- und Naturschutz, ist eine Aufstockung des Personals an den Unteren und Höheren Naturschutz-Behörden um mindestens 150 Stellen nötig. Diese Behörden sind für den Vollzug des Naturschutzgesetzes, die Umsetzung der Fachprogramme des Naturschutzes, die Initiierung und Abwicklung von VNP, von Biodiversitätsprojekten, Moorschutzprojekten und zahlreichen anderen Projekten verantwortlich. Jede UNB braucht zwei zusätzliche Stellen.

b) Umweltbildungsstationen Bayern

Die bisher existierenden 57 Umweltstationen in Bayern machen eine hervorragende Arbeit in Sachen Umweltbildung. Damit in Zukunft möglichst jedes Schulkind und möglichst auch alle Erwachsenen die Möglichkeit haben solche Umweltstationen zu besuchen ist ihre Zahl auf mindestens 100 zu erhöhen.

c) Biodiversitätsbeauftragte für alle staatlichen Einrichtungen

Die Umsetzung von Maßnahmen des Artenschutzes vor Ort kann nur gelingen, wenn ausreichend geschulte und motivierte Personen vor Ort tätig sind. Analog zu den Umweltbeauftragten sollten daher in öffentlichen Einrichtungen Biodiversitätsbeauftragte geschaffen werden.

d) Stärkung des Thema Arten- und Naturschutz im Rundfunk

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen gesetzlich festgelegten Bildungsauftrag. Der Artenschutz sollte hier entsprechend seiner Bedeutung berücksichtigt werden

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© Ralph Sturm

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