Vogelvirus in Großraum Nürnberg nachgewiesen
Vor allem Amseln verenden am Usutu-Virus - Tote Vögel an Tropeninstitut schicken
Seit Ende Juli werden uns vermehrt tote Amseln, aber auch andere Singvögel im Großraum Nürnberg gemeldet. Nun hat sich die Vermutung bestätigt, dass es sich um einen Ausbruch des Usutu-Virus handelt.

Wie das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mitteilt, wurde bei vier der totgefundenen und untersuchten Wildvögel das Virus nachgewiesen. Neben zwei Amseln waren auch ein Kleiber und ein Bartkauz infiziert.
Ein Ansteckungsrisiko für Menschen und andere Tiere besteht kaum. Um Verbreitung und Auswirkungen dieser neuen Gefährdungsursache für Vögel zu erfassen und zu bewerten, bitten wir in Zusammenarbeit mit unserem bundesweiten Partner NABU, um das Einsenden von toten Amseln an Virus-Experten.
Die kostenlose Untersuchung nimmt das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNI) vor. Die Finder können Vögel einschicken oder beim örtlichen Veterinäramt abgeben. Die toten Tiere sollen, wie grundsätzlich alle in der Natur verendeten Tiere, am besten mit einem Handschuh angefasst werden.
Leider kann man Usutu-Infektionen von Amseln oder anderen Vogelarten weder verhindern noch behandeln.
Infizierte Vögel sterben meist innerhalb weniger Tage

Im Großraum Nürnberg sind uns derzeit mindestens 55 tot aufgefundene Amseln und je ein toter Zaunkönig, Eichelhäher, Blaumeise und Kleiber bekannt. Bei einigen von ihnen ist nun eine Infektion mit dem aus Afrika eingeschleppten Usutu-Virus belegt. Das Virus wird vor allem durch eine auf Vögel spezialisierte Stechmücke übertragen.
Erkrankungen treten deshalb nur von Mai bis September auf. Infizierte Vögel wirken offensichtlich krank, sind apathisch, flüchten nicht mehr und verlieren das Gefieder an Hals und Kopf. Sie sterben meist innerhalb weniger Tage.
Fast immer sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemien auch als Amselsterben bekannt wurden. Die Empfänglichkeit des Virus ist bei verschiedenen Vogelarten sehr unterschiedlich ausgeprägt: Außer Amseln erkranken noch gehäuft Eulen, andere Vogelarten sind nur ausnahmsweise betroffen.
Häufigeres Vorkommen von Tropenkrankheiten durch Klimaerwärmung

Es scheint, dass die Amselpopulationen in den Ausbruchsgebieten im Laufe der Zeit eine gewisse Immunität gegen dieses neue Virus entwickeln. Trotzdem kann es erst einmal zu einem Massensterben und zu einem spürbaren Einbruch in den Amselbeständen kommen. In den bisherigen Hauptausbruchsgebieten in Südwestdeutschland geht man von einem Rückgang von rund 15 Prozent seit 2011 aus.
Eine Gefährdung für die Gesamtpopulation geht davon aber nicht aus. Das Virus wird sich vermutlich zunächst noch weiter ausbreiten. Mit der zunehmenden Immunität der Population dürften die Infektionen dann aber – möglicherweise auch erst in den nächsten Jahren – wieder abebben. Dies war auch bei einem früheren Seuchenzug in Österreich der Fall. Dann erholen sich die Bestände auch wieder.
Der weitere Verlauf des Auftretens von Usutu-Erkrankungen lässt sich schwer vorhersagen. Die Vermehrung und Verbreitung der Viren hängt vor allem von der Witterung in den Sommermonaten ab: Feuchtwarmes Wetter begünstigt die Verbreitung von Viren und Stechmücken.
Durch die Klimaerwärmung kommen tropische Infektionskrankheiten auch in unseren Breiten generell häufiger vor. Es ist durchaus denkbar, dass wir mit der Häufung sehr heißer Sommer wie des diesjährigen auch häufiger Usutu-Infektionen bei uns verzeichnen. Die Viren werden ausschließlich von infizierten Stechmücken übertragen.
Kranke und tote Vögel sind nicht ansteckend für andere Vögel, Haustiere oder Menschen.
Hintergrund:
Erstmals wurde das nach einem südafrikanischen Fluss benannte tropische Virus 2010 in Stechmücken in Deutschland nachgewiesen. In den Jahren 2011 und 2012 kam es dann zu einem großräumigen Ausbruch des Virus, welches ein Massensterben von Amseln in Südwestdeutschland verursachte.
Eine Auswertung der Daten aus unseren großen wissenschaftlichen Mitmach-Aktionen „Stunde der Wintervögel“ und „Stunde der Gartenvögel“ konnte nachweisen, dass die Amselbestände in den damals bundesweit nachweislich vom Virus betroffenen 21 Postleitzahlengebieten zwischen 2011 und 2012 merklich zurückgegangen sind.
Somit könnten bei einem bundesweiten Gesamtbestand von rund acht Millionen Brutpaaren möglicherweise 300.000 Amseln dem Virus zum Opfer gefallen sein.
