Viele Weißstörche bleiben über Weihnachten in Bayern
300 überwinternde Weißstörche gemeldet – Einfluss von ehemaligen Wiederansiedlungsprojekten entscheidend für die hohe Anzahl
2020 war ein Rekordjahr für die Weißstörche in Bayern mit vielen Neuansiedlungen und einem großen Bruterfolg bei den über 750 Weißstorchpaaren. Auch im Winter sind immer mehr Störche bei uns im Freistaat zu sehen.
„Diese Störche ziehen nicht mehr nach Afrika und auch nicht nach Spanien“, erklärt Oda Wieding, die LBV-Weißstorch-Expertin. „Zusätzlich zu den uns langjährig bekannten ‚Winterstörchen‘ wurden dem LBV aktuell auch neue Beobachtungen zum Beispiel aus Bernau am Chiemsee gemeldet.“ Spätestens seit dem Wintereinbruch in Bayern erreichen den LBV wie in den Vorjahren zahlreichen Anrufe von Menschen, die sich Sorgen machen, dass Schnee und Kälte für die Störche zum Problem werden. Hier möchte der LBV Entwarnung geben, denn die großen Vögel finden derzeit in der Natur noch genug Nahrung und sind durch ihr relativ dickes Gefieder gut geschützt.
Hohe Zahl an Überwinterern
Die Horstbetreuer*innen des LBV notierten bayernweit eine ähnlich hohe Anzahl an überwinternden Weißstörchen wie in den Vorjahren. „Bei der jährlichen Bestandszählung wurden im Oktober rund 300 überwinternde Weißstörche gemeldet. Hierzu zählen auch einige neue Sichtungen wie in Bernau im Landkreis Rosenheim, wo sich dieses Jahr ein neues Storchenpaar angesiedelt hat, das prompt auch bei uns überwintert“, berichtet Wieding.
Auch in Schnabelwaid im Landkreis Bayreuth wurde Ende November noch ein Storch beobachtet. Sollte es über einen längeren Zeitraum kalt bleiben, ist jedoch nicht auszuschließen, dass einige dieser „Winterstörche“ noch eine Winterflucht zum Beispiel in Richtung Bodensee antreten.
Der Grund für die zahlreichen überwinternden Störche im Freistaat hat eine biologische Erklärung: Die ersten, um das Jahr 2000 gesichteten, „Überwinterer“ in Bayern waren ausgewilderte Weißstörche aus Wiederansiedlungsprojekten in der Schweiz, dem Elsaß und Baden-Württemberg. Da diese durch Ringe gekennzeichnet waren, konnten Artenschützer*innen ihr geändertes Zugverhalten damals gut nachweisen.
„Viele dieser Vögel sind zu uns gezogen und nicht nur in den Lebensräumen und Projektgebieten der geplanten Wiederansiedlung geblieben“, erklärt die LBV-Expertin. „Seither haben sich einige dieser ehemaligen Projektstörche mit wilden Störchen gepaart und ihr neues Überwinterungsverhalten an die jeweiligen Brutpartner weitergeben. Deshalb lassen sich auch anhand des Verhaltens der bayerischen Weißstörche mittlerweile keine Rückschlüsse mehr auf Auswirkungen des Wetters oder des Klimas ziehen“, so Wieding weiter.
Die Störche sind gut gerüstet
Dagegen könnte der deutliche Zuzug von Silberreihern in den vergangenen Wintern eher ein Zeichen für den Klimawandel sein. Diese ebenfalls großen weißen Vögel wiederum haben Deutschland als neue Überwinterungsmöglichkeit für sich entdeckt.
Mit Beginn der winterlichen Witterung machen sich viele Menschen Sorgen, ob Störche mit Kälte und Schnee zurechtkommen. „Die tatsächlich hierbleibenden Störche finden genug Nahrung wie Mäuse und kleine Fische“, sagt die LBV-Expertin. Ähnlich wie die Weißstörche in den südlichen Winterquartieren suchen die Vögel auch bei uns Kompostanlagen und Müllkippen auf. Hierzu nehmen sie auch Strecken von bis zu 30 Kilometern in Kauf, da sie im Winter kein Nest und Revier verteidigen müssen. „Und wenn es doch Minusgrade gibt, haben Vögel ihre ‚Daunenjacke‘ ja bereits an“, erklärt Wieding.