Klagebegründung gegen Alpenplanänderung eingereicht

Zweifel an neutralem Verfahren durch das Heimatministerium werden bestärkt

„Nur wenn die Alpenplanänderung rückgängig gemacht wird, wird es einen dauerhaften Schutz für das Riedberger Horn geben“ begründet der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner die Normenkontrollklage gegen die von der bayerischen Staatsregierung durchgeboxte Alpenplanänderung. Nun wurde die ausführliche Klagebegründung beim bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht. 

Westseite des Riedberger Horns im Winter | © Henning Werth © Henning Werth

Die dafür vorgenommene umfangreiche Akteneinsicht bestätigt die Zweifel an einem neutralen und sachgerechten Verfahren durch das Heimatministerium. „Wenn das Ergebnis von Abwägungsprozessen und Bürgerbeteiligungsverfahren von vornherein feststeht, ist das durchgeführte Verfahren unseres Erachtens nicht nur rechtlich unhaltbar, sondern auch ein Tiefschlag gegen demokratische Gepflogenheiten“, ergänzt Mergner.

Naturschutzgebiete können nicht einfach dorthin verschoben werden, wo sie niemanden stören

„Der Alpenplan bietet seit 45 Jahren ein verlässliches Gerüst, damit Natur, Tourismus und Menschen in den bayerischen Alpen gleichermaßen berücksichtigt werden.“, erklärt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. „Dass Naturschutzgebiete nun einfach dorthin verschoben werden, wo sie niemanden stören, werden wir nicht akzeptieren. Die Neuzonierung am Riedberger Horn stellt einen Präzedenzfall und damit einen Angriff auf die nachhaltige Entwicklung im bayerischen Alpenraum insgesamt dar.“

Ministerpräsident Markus Söder hat zwar nach der formellen Klageeinreichung von BN und LBV das Aus für die Skischaukel am Riedberger Horn verkündet. Eine rechtliche Sicherung dieser Entscheidung ist allerdings nicht erfolgt.

BN und LBV halten die Normenkontrollklage aufrecht, um eine Rücknahme der Alpenplanänderung zu erreichen und haben nun ausführliche Klagebegründung eingereicht. Die Klage wird unterstützt von:

Der Freundeskreis Riedberger Horn hat auf Benefizveranstaltungen im Allgäu Gelder zur Unterstützung der Klage gesammelt.

Die Klagebegründung fußt v.a. auf zwei zentralen Punkten:

  1. Dauerhafte Vollzugshindernisse machen die Alpenplanänderung unwirksam.
  2. Es hat keine ergebnisoffene Abwägung stattgefunden.

1. Dauerhafte Vollzugshindernisse machen Alpenplanänderung unwirksam

Die Alpenplanänderung ist eine maßnahmenbezogene Planung. Damit hätten auch schon nachgelagerte Hürden überprüft werden müssen. Dies ist nicht geschehen.

Die klagenden Verbände gehen davon aus, dass eine Genehmigung der Skischaukel nicht möglich ist, da die Planung u.a. gegen die Alpenkonvention und das europäische und nationale Naturschutzrecht verstößt. Es bestehen also dauerhafte Vollzugshindernisse.

Diese Vollzugshindernisse werden von den Behörden auch anerkannt. In Dokumenten des Heimatministeriums wird davon gesprochen, dass das Vorhaben in nachgelagerten Genehmigungsverfahren „nennenswerte Hürden“ zu überwinden hat.

Die klagenden Verbände gehen auf Grund von Urteilen in anderen Fällen davon aus, dass die Verpflichtungen der Alpenkonvention und die naturschutzrechtlichen Hürden bereits auf der Ebene der Raumordnung geprüft hätten werden müssen. Denn eine LEP-Änderung ist unwirksam, wenn ihrer Verwirklichung dauerhafte rechtliche und tatsächliche Vollzugshindernisse entgegenstehen.

Gewünschtes Abwägungsergebnis stand im Vornherein fest

2. Es hat keine ergebnisoffene Abwägung stattgefunden.

Zudem hat im Verfahren keine ergebnisoffene Abwägung stattgefunden, wie es das Landesplanungsgesetz fordert. Das gewünschte Abwägungsergebnis stand von Anfang an fest und die Stellungnahmen der Ministerien wurden an das gewünschte Abwägungsergebnis angepasst.

Die Staatsregierung hat den Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein schon vor Beginn des Verfahrens eine Änderung des Alpenplanes in Aussicht gestellt, wenn sich die Bürger der beiden Gemeinden in einem durchzuführenden Bürgerentscheid mehrheitlich für den Skigebietszusammenschluss aussprechen.

Entsprechend wurde auch während des Alpenplan-Änderungsverfahrens darauf geachtet, dass die verschiedenen involvierten Ministerien und Behörden dem Ziel entsprechende Stellungnahme abgeben. Bereits in den Anschreiben des Heimatministeriums an die anderen Ministerien wurde dargelegt, welche Aspekte ausgeführt werden müssen, um das gewünschte Abwägungsergebnis erreichen zu können.

In den Entwürfen der Schreiben des Heimatministeriums wurde das Wirtschaftsministerium gebeten, insbesondere die touristischen Belange besonders „fundiert“ und „gerichtsfest“ auszuarbeiten, „um in der Abwägung mit gegenläufigen Belangen zu einem entsprechenden Abwägungsergebnis kommen zu können.“

Ebenso wurde das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgefordert, die Alpwirtschaftlichen Belange im Gegensatz zu den Forstwirtschaftlichen Belangen besonders herauszustellen, „um in der Abwägung mit gegenläufigen Belangen zu einem entsprechenden Abwägungsergebnis kommen zu können.“

Aus forstwirtschaftlicher Sicht waren nämlich Zweifel an dem Projekt laut geworden, während sich die betroffene Alpgenossenschaft einen wirtschaftlichen Vorteil durch die Nutzung einer Alphütte als Skihütte erhoffte.

Die oben zitierten Sätze wurden dann zwar aus den offiziellen Anschreiben herausredigiert. Die inhaltlichen Aufforderungen und die Festlegung auf das Abwägungsergebnis im Heimatministerium blieben allerdings erhalten.

Auch der ehemalige Leiter der staatlichen Landesplanung hält Alpenplanänderung für rechtsunwirksam

Der ehemalige Leiter der bayerischen Landesplanung und Professor für Raumordnung und Landesplanung an der Universität Augsburg, Prof. Dr. jur Konrad Goppel, hat in einem Artikel in den bayerischen Verwaltungsblättern (Heft 24/2017) begründet, warum die Alpenplanänderung am Riedberger Horn aus seiner Sicht nicht rechtswirksam ist.

Er geht davon aus, dass im Rahmen des Verfahrens u.a. auf Grund einer Vorfestlegung kein dem Gesetz genügendes Abwägungsverfahren stattgefunden hat. Er resümiert: „Die Herausnahme des Riedberger Horns aus der Zone C des Alpenplans kann damit nicht als rechtswirksames Ziel der Raumordnung in Kraft treten.“

Die im Rahmen der Akteneinsicht geprüften Dokumente unterstützen diese Einschätzung eindrucksvoll.

Einwendungen der Bürger wurden nicht ausreichend beachtet

Ein Skandal ist auch, wie das Heimatministerium mit den ca. 4000 Einwendungen bayerischer Bürger und Institutionen zur LEP-Änderung umgegangen ist. In einer Bearbeitungszeit von nur drei Tagen zwischen Einwendungsfrist und Kabinettsbeschluss konnte keine ernsthafte Berücksichtigung der Einwendungen stattfinden.

Alle inhaltlichen Aspekte (u.a. Naturschutz, Erosionsschutz…), die sich mit der Planung am Riedberger Horn beschäftigten, wurden zudem als nicht abwägungsrelevant angesehen und an das Landratsamt für das anschließende Genehmigungsverfahren überwiesen. Aus Sicht der Klagenden Verbände liegt hier ein Abwägungsausfall vor.

BN und LBV können derzeit nicht absehen, wann sich der bayerische Verwaltungsgerichtshof mit der Klage befassen wird.

Kathrin-Hawelka

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© Ralph Sturm

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