Schwarze Vogelschwärme über Bayern: Warum Rabenvögel jetzt besonders auffallen
Rabenvögel sammeln sich jetzt im Herbst zu großen Scharen an Schlafplätzen – LBV erklärt alljährliches Natur-Phänomen
„Kraah, kraah“, krächzt es laut von Bayerns Bäumen. In vielen Städten lassen sich jetzt große Trupps von schwarzen Rabenvögeln beobachten. „Während viele von uns sich nach dem Arbeitstag auf den Heimweg machen, sammeln sich Rabenvögel wie Saatkrähen, Rabenkrähen und Dohlen unter großem Palaver, um gemeinsam zu ihren Schlafplätzen aufzubrechen“, sagt Dr. Lisa Gill, Biologin beim LBV. Dort übernachten sie dann zu Hunderten oder Tausenden in hohen Bäumen oder auf Überlandleitungen und in Industriegebieten.
Zdenek Tunka
„Die großen Schwärme sehen jetzt im Herbst besonders eindrucksvoll aus, da sich Durchzügler und Wintergäste zu den örtlichen Rabenvögeln hinzugesellen“, so Gill weiter. Das gemeinsame Übernachten hat für die intelligenten und sozialen Vögel einige Vorteile: Sie sind sicherer, können sich zu Nahrungsquellen austauschen und Brutpartner finden. Dementsprechend laut kann es an solchen Schlafplätzen zugehen. Angst muss man vor den Vögeln aber nicht haben, beruhigt der LBV.
Viele Rabenvögel wie Rabenkrähen, Saatkrähen und Dohlen schließen sich abends zu Schwärmen zusammen und bilden große Schlafgemeinschaften für die Nacht. Dieses Naturphänomen findet fast das ganze Jahr über statt, im Herbst fällt es allerdings besonders auf. „Aktuell kommen vor allem Saatkrähen, gut zu erkennen am grauweißen Schnabel, in großer Zahl als Durchzügler oder als Überwinterungsgäste aus ihren nordöstlichen Brutgebieten zu uns“, erklärt Lisa Gill. Auch fallen den Menschen die teils lautstarken Schwärme in der kalten Jahreszeit eher auf, weil die Vögel wegen der immer früher werdenden Abenddämmerung bereits am späten Nachmittag unterwegs sind – oft zu der Zeit, in der Bürgerinnen und Bürger einkaufen, spazieren oder auf dem Heimweg sind. Rabenvögel sammeln sich aus einem Umkreis von mehreren Dutzend Kilometer an ihrem Schlafplatz. Die Schlafgemeinschaften selbst entsprechen also keinesfalls dem örtlichen Bestand.
Vorteile in der Stadt
© Herbert Henderkes
Rabenvögel übernachten oft in der Stadt, weil sie als Kulturfolger dort deutliche Vorteile haben. Hier sind sie vor Fressfeinden wie Uhus besser geschützt als in abgelegenen Wäldern und zum Beispiel auf Gebäuden vor nachtaktiven Säugetieren wie Marder oder Waschbär sicher. Auch die Temperaturen spielen eine Rolle: „In Städten ist es im Winter meist ein paar Grad wärmer als auf dem Land. An manchen Orten gibt es wortwörtliche ‚Hotspots‘, an denen sich die Vögel die Füße aufwärmen können, wie zum Beispiel auf dem Glasdach einer Schwimmhalle“, sagt die LBV-Vogelexpertin.
Nicht zuletzt ist ein Frühstückssnack in der Stadt meist nicht weit vom Schlafplatz entfernt. „Herumliegende Essensreste, Komposthaufen, offene Abfalleimer – oder auch Meisenknödel – stellen reichhaltige Nahrungsquellen für viele unserer Rabenvögel dar. Ansonsten fressen Dohlen, Saat- oder Rabenkrähen gerne proteinreiche Nahrung wie Insekten oder Würmer sowie Sämereien und Nüsse. Letztere verstecken sie im Herbst für den Winter“, berichtet Lisa Gill. Auch verwerten sie Aas und übernehmen mit der Beseitigung toter Tiere eine wichtige Rolle im Ökosystem.
Gefahren für Rabenvögel
Auch wenn Rabenvögel gut an die Bedingungen der Stadt angepasst sind, drohen ihnen dort einige Gefahren. „Sie können mit Fahrzeugen oder Glasscheiben kollidieren. An ungesicherten Stromleitungen besteht die Gefahr eines Stromschlags. Und über die Nahrung können Sie Pestizide, Rattengift oder Mikroplastik aufnehmen“, berichtet Gill. Durch Bauprojekte oder das Entfernen von alten Bäumen verlieren sie Brutplätze und Lebensräume. Einige Menschen sehen Krähen als lästige Tiere an und greifen zu Methoden wie Giftködern oder illegalem Abschuss, um sie zu vertreiben. Hierbei handelt es sich nach dem Bundesnaturschutzgesetz um Straftaten.