Zusammenarbeit zwischen Polizei und Artenschutz soll verstärkt werden

Fachtagung zur Naturschutzkriminalität in Bayern bringt viele neue Impulse insbesondere zur Verbesserung der Ermittlungsarbeit

Anlässlich einer aktuellen zweitägigen Online-Fachtagung mit 70 Teilnehmer*innen aus dem In- und Ausland haben die Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS) und der bayerische Naturschutzverband LBV im Rahmen ihres gemeinsamen Projektes „Tatort Natur“ den Report über Naturschutzkriminalität in Bayern 2019-2020 vorgestellt.

Luchs auf einem moosbewachsenen Fels | © Marcus Bosch © Marcus Bosch

"In 75 Fällen sind mindestens 121 geschützte Wildtiere im Freistaat nachgewiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit illegal getötet oder verfolgt worden. Die Vergiftung mit Carbofuran war hierbei die am meisten angewandte Methode und der Rotmilan das häufigste Opfer“, bilanzierte Franziska Baur, Projektmanagerin bei der GLUS, die ersten beiden Projektjahre.

Bekanntheitsgrad steigt kontinuierlich

„Unser Gemeinschaftsprojekt ‚Tatort Natur‘ ist mit seiner Internetplattform mittlerweile fast zu einem Bürgerforscher-Projekt geworden. Die Anzahl der Meldungen hat deutlich zugenommen, weil der Bekanntheitsgrad kontinuierlich steigt. So wurden uns bereits in den ersten Monaten dieses Jahres mehr als 30 bayerische Fälle gemeldet“, berichtet Dr. Andreas von Lindeiner, LBV-Landesfachbeauftragter Naturschutz.

„Mit dem Projekt ‚Tatort Natur‘ konnten wir in den letzten zwei Jahren enorme Erfolge erzielen, sowohl was die professionelle Fallbearbeitung als auch die Verfolgung durch die zuständigen Behörden angeht“, stellt Claus Obermeier, Vorstand der GLUS fest. „An die flächendeckende Etablierung derartiger Standards bei Polizei und Staatsanwaltschaften müssen wir aber noch Fragezeichen machen.“

Tagungsergebnisse:

Rotmilan am Boden | © Dieter Hopf © Dieter Hopf

Prof. Hermann Ammer, Leiter des Lehrstuhls für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie an der LMU, stellte vor, wie komplex und aufwändig der Nachweis einer Vergiftung bei Wildtieren angesichts der oftmals geringen zu untersuchenden Konzentrationen von Giftstoffen ist.

Er betonte nachdrücklich, wie hochtoxisch das häufig verwendete Carbofuran ist: schon in kleinsten Konzentrationen und in Sekunden wirkt das Insektizid auf Vögel tödlich. GLUS und LBV fordern deshalb die Staatsregierung auf, dem LMU-Fachlabor die für die Untersuchungen der in der Anzahl zunehmenden Proben erforderlichen finanziellen und personelle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Gleichwohl hat sich auch angesichts der mangelnden Ermittlungserfolge bei den dokumentierten Fällen gezeigt, dass es noch erheblichen Bedarf für fachliche Beratung bzw. flächendeckende Expertise sowie fachliche Fortbildung bei den bayerischen Ermittlungsbehörden gibt.

Ein wichtiges Ergebnis der Tagung ist, dass der fachliche Austausch zwischen Ermittlungsbehörden und Artenschutz-Expert*innen künftig noch verstärkt werden muss. „In jedem Polizeipräsidium sollte ein Expertenteam zur Verfügung stehen, um die nachgeordneten Polizei-Dienststellen zeit- und ortsnah bei den Ermittlungen in Fällen von Naturschutzkriminalität unterstützen zu können“, forderte Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV.

Spanische Erfolgsquote ist spektakulär

Fliegender Uhu | © R. Roessner © R. Roessner

Diese Dringlichkeit wurde insbesondere nach dem beeindruckenden Vortrag des spanischen Leiters einer Ermittlungseinheit gegen Naturschutzkriminalität, Dr. Iñigo Fajardo, klar. In Spanien wird bei Straftaten gegen streng geschützte Arten von Spezialeinheiten ebenso akribisch mit allen kriminalistischen Methoden ermittelt wie bei Mord oder einem Sexualdelikt.

Die mittlerweile erreichte Erfolgsquote ist spektakulär, und die Teilnehmer der Fachtagung waren sich einig, dass der spanische Weg beispielgebend ist.

Die intensive und kontinuierliche Kooperation zwischen den zuständigen Stellen auf Landesebene sah auch Jürgen Hintzmann, ehemaliger Staatsanwalt und Leiter der Stabsstelle gegen Umweltkriminalität am nordrhein-westfälischen Umweltministerium als Schlüssel zum Erfolg bei der Ermittlungsarbeit in solchen Fällen an. Er stellte fest, dass ein Problem darin liege, dass bislang weder beim Jurastudium, noch bei der Ausbildung von Polizist*innen das Thema Straftaten im Bereich Natur- und Artenschutz behandelt werde.

Eine vorausschauende Bekämpfung solcher Straftaten sei nur möglich, wenn die Fälle gut dokumentiert würden und man mit allen vorhandenen Daten auf Behördenebene konsequent vernetzt sei. Genau daran fehlt es nach Auffassung von GLUS und LBV in Bayern derzeit, und es ist nach wie vor sehr schwierig, sämtliche Fälle zu erfassen und vollständig zu dokumentieren. Deshalb muss die Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsbehörden und den Projektpartnern künftig noch verstärkt werden.

Einsatz speziell ausgebildeter Hunde

Im Verlauf der Tagung gab es auch eindrucksvolle Berichte über den Einsatz speziell ausgebildeter Hunde beim Aufspüren von Kadavern, Ködern und Fallen.

Mit deren Hilfe können Nachweise zu illegalen Aktivitäten wesentlich besser geführt werden, sodass von GLUS und LBV die Empfehlung auch an die bayerische Polizei ergeht, den Einsatz von solchen Hunden vorzusehen.

Weitere Informationen:

Mehr Infos zum Thema „Naturschutzkriminalität“ und eine Checkliste zum richtigen Verhalten bei einem Totfund mit Verdacht auf illegale Tötung können auf der Seite www.tatort-natur.de heruntergeladen werden. Dort können auch Fälle oder Verdachtsfälle von Naturschutzkriminalität gemeldet werden.

Der Report Naturschutzkriminalität in Bayern 2019-2020 steht unter www.tatort-natur.de/downloads/ zur Verfügung.

Die Dokumentation von Fällen illegaler Verfolgung von Vögeln durch den LBV wird seit diesem Jahr durch das Bayerische Landesamt für Umwelt mit Mitteln des Umweltministeriums finanziert.

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© Ralph Sturm

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