Ochsenau: LBV hat Klage eingereicht

Die in Landshut geplante Bebauung der Ochsenau gefährdet wertvollste geschützte Lebensräume

Die Ochsenau im Osten von Landshut ist eine Magerrasen-Fläche mit einer einzigartigen, gut dokumentierten Artenvielfalt. Mit fast 50 Hektar ist sie die mit Abstand größte unter den wenigen verbleibenden Magerrasenflächen entlang der Isar und als Lebensraum von europäischer Bedeutung zu schützen. Doch Bauvorhaben mit mehreren ungeklärten Fach- und Rechtsfragen gefährden derzeit das Kleinod.

Ochsenau Luftbild | © Klaus Leidorf © Klaus Leidorf
Die geplante Bebauung der Ochsenau verstößt nach Einschätzung des LBV gegen die Europäische FFH-Richtlinie.

Diese betreffen die Europäische FFH-Richtlinie, die Ausgleichbarkeit der Maßnahmen und die Vorbildfunktion des Staates. Nachdem unsere Forderungen, alle Planungen aufgrund der offenkundigen Rechtsunsicherheit zu stoppen, sowohl beim staatlichen Bauamt Landshut als auch der Regierung von Niederbayern ignoriert wurden, haben wir jetzt Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht.

In Schreiben an das Staatliche Bauamt Landshut und die Höhere Naturschutzbehörde der Regierung von Niederbayern, haben wir im Sommer 2022 verschiedene naturschutzrechtliche Fragen aufgeworfen, die aus Sicht der Naturschützer*innen bislang unzureichend geklärt waren. Die geplante Bebauung verstößt nach Einschätzung des LBV gegen die Europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, einer Schutzkategorie von allerhöchstem Rang. "Die Ochsenau ist als zusammenhängendes Ökosystem zu sehen. Es kann nicht angehen, dass einige der wertvollsten Bereiche im Hinblick auf eine mögliche Bebauung bisher nicht als FFH-Gebiet gemeldet wurden. Durch das Bauvorhaben werden die wertvollsten Teile der Ochsenau samt ihrer FFH-relevanten Lebensraumtypen zerstört“, erklärt LBV-Geschäftsführer Helmut Beran. „Die Planenden hoffen, dass die einmalige Artenvielfalt auf dem Rest der unbebauten Fläche und auf den vorgeschriebenen Ausgleichsflächen erhalten bleibt. Das ist fachlich nicht nachvollziehbar, und damit ist die Rechtmäßigkeit einer geplanten Bebauung nicht gegeben“, so Beran.

Der Bau in der Ochsenau betrifft Vögel aber auch Klein- und Bodenlebewesen

Bedeutsame Flächen des Magerrasen liegen in geplanter Bebaubung | © Mostert.Art © Mostert.Art
Die Pläne sehen Wohnbebauung im Nordosten und das Grüne Zentrum im Südwesten vor.

Dabei geht es auch um die grundsätzliche Frage, ob diese Eingriffe überhaupt ausgeglichen werden können. Für uns legt die derzeitige Faktenlage nahe, dass die Ausgleichsmaßnahmen unwirksam bleiben werden. „Die Standorte der Ausgleichsflächen sind mit den betroffenen einzigartigen Flächen des Isartales überhaupt nicht vergleichbar. Ein Verlust der Biotope in der Ochsenau ist deshalb überhaupt nicht ausgleichbar. Betroffen wären nicht nur mobile Arten wie Vögel, sondern vor allem eine einzigartige Vielfalt an Klein- und Bodenlebewesen (siehe Hintergrundinformation), die teilweise vom Aussterben bedroht sind“, so Dr. Christian Stierstorfer von der LBV-Bezirksgeschäftsstelle Niederbayern.

Dem LBV geht es nicht zuletzt auch um die Vorbildfunktion des Staates, die genauso auch im Naturschutzrecht vorgeschrieben ist. Ökologisch besonders wertvolle Grundstücke im Eigentum von Staat und Gemeinden sollen demnach vorrangig den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen.

„Der Staat verliert enorm an Glaubwürdigkeit, wenn er Flächen wie die Ochsenau, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, selbst aktiv zerstört. Wie soll man von privaten Grundstücksbesitzern die Einhaltung von Naturschutzgesetzen verlangen, wenn dies staatliche Stellen offenkundig nicht tun“, sagt LBV-Geschäftsführer Beran.

Hintergrundinformation

Die Ochsenau wurde vor etwa 20 Jahren nur teilweise an die EU als FFH-Gebiet gemeldet, obwohl die gesamte Fläche eindeutig als von EU-Recht geschützte Biotopfläche kartiert ist und dieser geschützte Lebensraum im gesamten Naturraum nur äußerst spärlich erhalten geblieben ist. Alle anderen Magerrasen-Flächen zusammen sind kleiner als die Ochsenau. Diese ist der einzige lebensfähige Rest von Kalkmagerrasen im ganzen unteren Isartal. Wir haben uns daher bereits Ende 2021 an die EU-Kommission gewandt. Im Sommer 2022 haben wir das staatliche Bauamt Landshut und die Regierung von Niederbayern angeschrieben, mit der Bitte, die Planungen vorerst zu stoppen.

Entlang der Isar gab es bis Mitte des letzten Jahrhunderts eine durchgehende Achse von Kalkmagerrasen. An Standorten, an denen die Isar Schotter und Sand ablagerte und auf denen vergleichsweise trockene Bedingungen herrschten, entstanden wertvolle Lebensräume. Heute sind diese Lebensräume und ihre Bewohner so gut wie verschwunden. Mehr als ein Dutzend Arten, die in Bayern vom Aussterben bedroht sind, kommen hier vor. Der Naturwissenschaftliche Verein Landshut hat zur Ochsenau umfangreiches Datenmaterial gesammelt.

Durch die geplante Bebauung sind europarechtlich geschützte Lebensraumtypen von der Zerstörung bedroht. Zudem besteht die begründete Gefahr, dass auch die verbleibenden Magerrasen im bestehenden FFH-Gebiet durch die Baumaßnahmen und die vollständige Veränderung ihres Zuschnitts und ihrer Umgebung erheblichen und dauerhaften Schaden nehmen würden, was einen klaren Verstoß gegen europäisches Recht bedeuten würde.

Beispiele für die Artenvielfalt

Steppengrashüpfer | © J. Beck © J. Beck
Der Steppengrashüpfer hat in der Ochsenau sein einziges bayerisches Vorkommen südlich der Donau.

Der Steppengrashüpfer hat in der Ochsenau sein einziges bayerisches Vorkommen südlich der Donau. Der Deutsche Sandlaufkäfer hat sein deutschlandweit größtes Vorkommen in der Ochsenau. Die Kleine Wolfsfliege lebt entlang großer Flussläufe. In Deutschland sind mittlerweile etwa zwei Drittel aller historisch belegten Vorkommen erloschen. In Bayern gilt die Art als vom Aussterben bedroht (Rote Liste 1).

Die unter Artenschutz stehende Gruppe der Rötlinge sind Pilze sehr alter Wiesenstandorte und Zeigerarten der besten Magerrasen bundesweit. Im Gebiet der Ochsenau sind sie artenreich vertreten. Einige von ihnen wurden nur im geplanten Baugebiet gefunden.

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© Markus Bosch

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