Naturschutz und Rohstoffindustrie in Neumarkt gemeinsam für den Schutz seltener Amphibien

Vertragsabschluss mit den Firmen Hermann Trollius Kalk & Dolomit und Bärnreuther + Deuerlein Schotterwerke im Kooperationsprojekt „Natur auf Zeit“ von LBV, ABBM und BIV

Nun haben wir auch die ersten Kooperationsverträge mit Rohstoffgewinnungsunternehmen zum Schutz von bedrohten Amphibien im Landkreis Neumarkt abgeschlossen. Alle Beteiligten unterzeichneten heute vor Ort gemeinsam die Verträge in den Steinbrüchen. Mit der Vertragsunterzeichnung zwischen dem LBV, den Abbauunternehmen, der unteren Naturschutzbehörde Neumarkt und der höheren Naturschutzbehörde in der Oberpfalz nehmen nun zwei Neumarkter Unternehmen an einem bayernweiten Projekt zum Schutz von bedrohten Amphibienarten in Rohstoffgewinnungsstätten teil.

Kreuzkröten bei Bärnreuther | © LBV © LBV
Kreuzkröten-Nachwuchs bei Bärnreuther

Win-Win-Situation für Rohstoffgewinnung und Naturschutz

Kreuzkröte | © Richard Fischer © Richard Fischer
Kreuzkröten, als stark gefährdete Art finden durch einfache Schutzmaßnahmen neuen Lebensraum

„Durch das Pilotprojekt soll die Förderung und der Erhalt bedrohter Amphibienarten im Gewinnungsprozess gesichert und der laufende Betrieb auch bei schon existierendem Vorkommen bedrohter Arten gewährleistet werden. Das ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten“, so der LBV-Landesfachbeauftragte Naturschutz, Dr. Andreas von Lindeiner.

Mit der engen und vertraglich geregelten Zusammenarbeit können gemeinsam Schutz- und Entwicklungsmöglichkeiten für Amphibien in Kies-, Sand- oder Lehmgruben beziehungsweise Steinbrüchen geschaffen werden. „Rohstoffgewinnung und Naturschutz müssen heute keine Gegensätze mehr sein. So gewährleisten die Gewinnungsstätten doch Lebensbedingungen, wie sie in der Landschaft heute kaum noch existieren“, sagt Dr. Andreas von Lindeiner.

Unterzeichnung Bärnreuther+Deuerlein | © LBV © LBV
Unterzeichnung zwischen Bärnreuther+Deuerlein Schotterwerke und dem LBV

Zwei  Rohstoffunternehmen schließen Verträge für den Artenschutz


Aus dem Landkreis Neumarkt beteiligen sich gleich zwei große Rohstoffunternehmen an diesem Artenschutzprojekt. Sowohl im Steinbruch bei Hörmannsdorf bei Parsberg der Firma Hermann Trollius Kalk & Dolomit, wie auch in Velburg bei der Firma Bärnreuther + Deuerlein Schotterwerke werden ab sofort fördernde Maßnahmen im Rahmen der vertraglichen Partnerschaft umgesetzt.

Georg Knipfer, ein Amphibienexperte der LBV-Kreisgruppe Neumarkt, kennt die Standorte gut und konnte an beiden schon seltene Gelbbauchunken, Kreuzkröten und Wechselkröten feststellen. „Dass die Lebensräume dieser Arten vor Ort gesichert und im Rahmen des Projektes sogar vergrößert werden, ist ein großer Gewinn für die Biodiversität im Landkreis Neumarkt“, so Georg Knipfer.

Durch einfache Schutzmaßnahmen, wie der Erhalt und die Anlage von Laichgewässern und Kleinstrukturen, wie Totholz, Wurzelstöcken, und Geröllhaufen können die Lebensräume der Amphibien optimiert werden.

Wechselkröten bei der Paarung | © Frank Derer © Frank Derer
Wechselkröten sind durch die Optimierung der Standorte schon heimisch geworden

Lebensraum für seltene Arten sind entstanden


Wolfgang Nerb von der Regierung Oberpfalz begrüßt die beiden Vertragsabschlüsse im Landkreis Neumarkt ebenfalls: „Durch diese Projekte können diese seltenen Arten aktiv gefördert werden, und zugleich besteht rechtliche Sicherheit sowohl für die Behörden als auch die Abbauunternehmen“. Nachdem in der Oberpfalz bereits in den Landkreisen Schwandorf, Cham und Amberg solche Verträge abgeschlossen wurden, freut sich Joachim Falk von der Unteren Naturschutzbehörde, dass nun auch der Landkreis Neumarkt mit seinen wertvollen Populationen Teil des Artenschutzprojektes ist.

Herbert Bärnreuther von Bärnreuther+Deuerlein Schotterwerke betont die Wichtigkeit der Lebensräume in den Abbauflächen: „Unsere Steinbrüche sind an vielen Ecken bereits wahre Biotope mit einer hohen Artenvielfalt. Hier entstehen Lebensräume, die es in unserer Kulturlandschaft nicht mehr gibt. Künftig können wir die seltenen Amphibien durch den Rat der Experten vor Ort noch besser schützen und fördern.“

Unterzeichnung Hermann Trollius | © LBV © LBV
Unterzeichnung zwischen Hermann Trollius und dem LBV

Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Rohstoffförderern und Artenschutz


Rohstoffveredler Hermann Trollius unterstreicht bei der Unterzeichnung in Hörmannsdorf: „Als Rohstoffförderer ist das nachhaltige Denken und Handeln für nachfolgende Generationen für uns selbstverständlich. Mit dem Kooperationsvertrag erweitern wir nicht nur unser nachhaltiges Bemühen, sondern gewinnen mehr Rechtssicherheit im Umgang mit den geschützten Arten, mit denen wir die Tagebaue teilen.“

Seit 2017 führt der LBV zusammen mit dem BIV (Bayerischer Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden) und der ABBM (Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbau- und Mineralgewinnungsbetriebe e. V.) das Pilotprojekt durch. „Die Rohstoffgewinnung ist eine der wenigen Industrien, die durch ihre natürlichen Gegebenheiten, sozusagen vor der Haustür, einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt leistet und Überlebensräume schafft. Unsere Unternehmen setzen das mit viel Engagement um“, erklärt Dr. Stephanie Gillhuber vom BIV, die für die Unterzeichnungen aus München anreiste.

Über die gesamte Laufzeit bis Ende 2022 wird das Projekt vom bayerischen Naturschutzfonds gefördert. Die Ausarbeitung der rechtlichen Grundlage für den Vertragstext nahm auch wegen der Einarbeitung zwischenzeitlich ergangener Urteile des Europäischen Gerichtshof (EuGH) viel Zeit in Anspruch. Nun soll auf der neuen Vertragsgrundlage die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Abbauunternehmen und Naturschutz fortgesetzt werden.

Hintergrund


Den Anlass für das gemeinsame Vorhaben gab ein Bericht der Bundesregierung über das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000 von 2013, dessen Ergebnisse im aktuellen Bericht von 2019 bestätigt wurden. Dieser zeigt für sieben besonders bedrohte Amphibienarten mit europaweiter Bedeutung einen ungünstigen Erhaltungszustand und überwiegend einen negativen Gesamttrend der Vorkommen auf.

Der LBV und die Rohstoffgewinnungsunternehmen sind sich des besonderen Potenzials von Rohstoffgewinnungsstätten bewusst. Gemeinsam wollen sie deshalb durch gegenseitige Information und enge Zusammenarbeit die Chancen für den Erhalt der biologischen Vielfalt nutzen. Die Entstehung wertvoller Sekundärlebensräume und die Ansiedlung seltener Arten, wie beispielsweise Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Kammmolch oder Knoblauchkröte, sollten nicht dem Zufall überlassen werden, sondern während der Gewinnungsphase, bei der Renaturierung und auch darüber hinaus gezielt gesteuert werden. So sollen bayernweit in Rohstoffgewinnungsstätten aller Rohstofftypen beispielhafte Maßnahmen zur Umsetzung durchgeführt werden.

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© Ralph Sturm

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