Licht und Schatten bei Bayerns Ausgleichsflächen

LBV stellt Untersuchungsergebnisse von 20 Fallbeispielen aus ganz Bayern vor – Projekt zeigt erstmals Erfolge und Missstände

Wenige Wochen ist es her, dass Expert*innen in unserem Auftrag Ausgleichsflächen über den gesamten Freistaat untersucht haben. Eine Sammlung von 20 eklatanten Fallbeispielen der Untersuchungsergebnisse veröffentlichten wir heute. Die untersuchten Ausgleichsflächen lagen dabei in allen bayerischen Regierungsbezirken. Anhand von zehn positiven und zehn negativen Fallbeispielen wollen wir sowohl auf Erfolge als auch auf Missstände bei der Umsetzung von Ausgleichsflächen im Freistaat aufmerksam machen.

Ausgleichsfläche Gebenbach Negativbeispiel | © LBV © LBV
Die geplante Heckenpflanzung auf der Ausgleichsfläche bei Gebenbach wurde nicht umgesetzt, neue Lebensräume nicht geschaffen.

Trotz gesetzlicher Verpflichtung zeigen sich erhebliche Defizite bei der Umsetzung

Ausgleichsfläche Biessenhofen Positivbeispiel | © LBV © LBV
Am Altarm bei Biessenhofen ist die Entwicklung einer natürlichen Auendynamik gelungen.

Es geht uns bei den Fallbeispielen nicht darum, mit dem Finger auf die Verantwortlichen zu zeigen. Vielmehr wollen wir anhand von aussagekräftigen Beispielen die zugrundeliegende Situation der Ausgleichsflächen in Bayern darstellen.

Die positiven Beispiele zeigen, dass die Kompensation von Eingriffen in einigen Fällen bereits hervorragend funktioniert und diese Flächen zum Schutz von Arten und Lebensräumen beitragen. Wir wollen mit dieser Sammlung aber auch klar machen, dass dringender Handlungsbedarf bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen besteht. Die zum Teil immensen Missstände und Versäumnisse bei der Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtungen werden wir nicht weiter hinnehmen. Aus Sicht des LBV sind nun Gesetzgebung und Verwaltung am Zug, den Weg für die zuverlässige und erfolgreiche Umsetzung der Ausgleichsflächen zu ebnen.

Ausgleichsfläche Herrsching Negativbeispiel | © LBV © LBV
Bei Herrsching wurde die Ausgleichsfläche zur Lagerung von Gerät zweckentfremdet.

Sehr heterogene Qualität der Ausgleichsmaßnahmen


Anhand der ersten Sammlung von Fallbeispielen zu Ausgleichsflächen in Bayern will der LBV Schlaglichter auf eine Problematik werfen, die bereits seit Jahren bekannt ist. Ausgleichsmaßnahmen werden teilweise vorbildlich umgesetzt. In vielen Fällen weisen sie allerdings nur eine unzureichende Qualität auf oder werden gar nicht realisiert. Das wissen wir aus LBV-Studien und anderen wissenschaftlichen Arbeiten der vergangenen Jahre. Diese Heterogenität in der Umsetzung findet sich auch in den Bewertungen unserer Fallbeispielen wieder.

Dabei ist jedes der Fallbeispiele einzigartig, denn auf den Ausgleichsflächen sollen unterschiedlichste Lebensräume entstehen. Amphibienhabitate in Karlsfeld, eine sich entwickelnde Auenlandschaft in Biessenhofen, artenreiche Ackerbrache in Erlangen – unsere Positivbeispiele spiegeln die Vielfalt der Lebensräume in Bayern wider.

Die negativen Beispiele hingegen offenbaren Nachholbedarf: teilweise werden die Flächen intensiv landwirtschaftlich genutzt. So wurde zum Beispiel die Fremdnutzung einer Ausgleichsfläche als Getreideacker in Gebenbach festgestellt. Durch falsche Pflege hat sich beispielsweise in Geisenfeld oder in Gars am Inn ein artenarmer Rasen entwickelt, wo eigentlich extensive Wiese den Lebensraumverlust für Tiere und Pflanzen ausgleichen sollte. Eine Ausgleichsfläche in Herrsching am Ammersee wurde gar zur Lagerung landwirtschaftlicher Geräte genutzt.

Vorgegebene Entwicklungsziele werden überprüft

Ausgleichsfläche Karlsfeld Positivbeispiel | © LBV © LBV
Bei Karlsfeld sind neue Habitate u.a. für Amphibien und Vögel entstanden.

Die Grundlage für die Bewertung der Ausgleichsflächen ist dabei ein Soll-Ist-Vergleich. Das bedeutet, dass der gegenwärtige Zustand der Ausgleichsfläche mit den definierten Entwicklungszielen verglichen wurde.

Die mit der Untersuchung beauftragten Planungsbüros sind dabei nach einem von uns vorgegebenen Bewertungsschema vorgegangen und haben neben detaillierten Berichten auch zu jeder Ausgleichsmaßnahme eine Fotodokumentation erstellt. Anhand der Unterlagen wird deutlich, welche der Ausgleichsmaßnahmen die festgesetzten Entwicklungsziele schon erreicht haben, auf dem richtigen Weg sind, oder aber durch fehlende Umsetzungs- und Pflegemaßnahmen weit hinter den Zielen zurückbleiben.

Ausgleichsflaeche Geisenfeld Negativbeispiel | © LBV © LBV
Baum-Strauchgruppe und Wildkräuterwiesen wurden bei Geisenfeld nicht angelegt.

Forderungen des LBV

 

Aus unserer Sicht wird deutlich, dass an einigen Stellen die Kompensation von Eingriffen durchaus hervorragend funktioniert und Ausgleichsflächen zum Schutz von Arten und Lebensräumen beitragen. Die zehn negativen Beispiele wiederum zeigen ganz klar: in vielen Fällen werden die gesetzlich geforderten Ausgleichsflächen nicht den Vorgaben entsprechend umgesetzt und die Ausgleichsverpflichtung wird nicht erfüllt. Aus unserer Sicht ist es deshalb an der Zeit, dass bayerische Gesetzgebung und Verwaltung endlich handeln.

Bereits zu Beginn des Jahres hatten wir daher vier Forderungen zur Kompensation in Bayern an die bayerische Gesetzgebung und Verwaltung gestellt. Die Fallbeispiele aus der Untersuchung der Ausgleichsflächen verleihen unseren politischen Forderungen Nachdruck. Die Meldung der Kompensationsflächen, eine gesetzliche Nachweisverpflichtung für Eingriffsverursacher, zusätzliches Personal in den Genehmigungsbehörden und transparente Eingriffsregelung über das Ökoflächenkataster – unsere Forderungen zeigen einen Weg zu echten Ausgleichsflächen für die Artenvielfalt. Unsere Fallbeispiele zeigen: Gesetzgebung und Verwaltung müssen diesen Weg nun auch endlich gehen. Das sind wir Bayerns Natur schuldig.

Hintergrund

Ausgleichs- und Ersatzflächen sollen und können Eingriffe in Natur und Landschaft, zum Beispiel Baumaßnahmen, ausgleichen. In den Planunterlagen zum jeweiligen Eingriff ist festgelegt, wie genau die Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden müssen – auf Ausgleichsflächen können dabei unterschiedlichste Lebensräume entstehen, die zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen können.


Antworten auf die häufigsten Fragen zu Ausgleichs- und Ersatzflächen finden Sie online unter: Fragen & Antworten zu Ausgleichs- und Ersatzflächen

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© Ralph Sturm

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