LBV will Ochsenau vor der Zerstörung bewahren

Das in Landshut geplante „Grüne Zentrum“ gefährdet wertvollste geschützte Lebensräume – Brief an Staatliches Bauamt

Die Ochsenau im Osten von Landshut ist eine Magerrasen-Fläche mit einer einzigartigen, gut dokumentierten Artenvielfalt. Mit fast 50 Hektar ist sie die mit Abstand größte unter den wenigen verbleibenden Magerrasenflächen entlang der Isar und als Lebensraum von europäischer Bedeutung zu schützen. Doch Bauvorhaben mit mehreren ungeklärten Fach- und Rechtsfragen gefährden derzeit das Kleinod. Deshalb haben wir uns in einem Brief an das staatliche Bauamt Landshut mit der Forderung gewendet, für die Planungen alternative, deutlich weniger sensible Flächen zu verwenden. Zudem behalten wir uns juristische Schritte vor und fordern, alle Planungen aufgrund der offenkundigen Rechtsunsicherheit zu stoppen. Dabei geht es um die Europäische FFH-Richtlinie, die Ausgleichbarkeit der Maßnahmen und die Vorbildfunktion des Staates.

Steppengrashüpfer | © Klaus Müller © Klaus Müller
Der Steppengrashüpfer hat in der Ochsenau sein einziges bayerisches Vorkommen südlich der Donau.

Brief an Staatlichtes Bauamt Landshut

In dem Schreiben an das Staatliche Bauamt Landshut, das in Kopie auch an die Höhere Naturschutzbehörde der Regierung von Niederbayern ging, werfen wir unterschiedliche naturschutzrechtliche Fragen auf, die aus unserer Sicht bislang unzureichend geklärt sind. Dabei geht es zunächst um Verstöße gegen die Europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, einer Schutzkategorie von allerhöchstem Rang. Die Ochsenau ist als zusammenhängendes Ökosystem zu sehen. Man kann nicht einfach durch Bauvorhaben die wertvollsten Teile davon samt ihrer FFH-relevanten Lebensraumtypen zerstören und hoffen, dass die einmalige Artenvielfalt auf dem Rest der Fläche und auf den vorgeschriebenen Ausgleichsflächen erhalten bleibt. Das ist fachlich nicht nachvollziehbar, und damit ist die Rechtmäßigkeit einer geplanten Bebauung nicht gegeben.

Schrägluftbild der Ochsenau | © Klaus Leidorf © Klaus Leidorf
Mit fast 50 Hektar ist die Ochsenau die mit Abstand größte unter den wenigen verbleibenden Magerrasenflächen entlang der Isar und als Lebensraum von europäischer Bedeutung zu schützen.

Es geht auch um die grundsätzliche Frage, ob diese Eingriffe überhaupt ausgeglichen werden können. Für uns legt die derzeitige Faktenlage die Unwirksamkeit der Ausgleichsmaßnahmen für beide Planungen nahe. Die Standorte der Ausgleichsflächen sind mit den betroffenen einzigartigen Flächen des Isartales überhaupt nicht vergleichbar. Ein Verlust der Biotope in der Ochsenau ist deshalb nicht ausgleichbar. Betroffen sind nicht nur mobile Arten wie Vögel, sondern vor allem eine einzigartige Vielfalt an Klein- und Bodenlebewesen (siehe Hintergrundinfo), die teilweise vom Aussterben bedroht sind.

Uns geht es nicht zuletzt auch um die Vorbildwirkung des Staates, die auch im Naturschutzrecht vorgeschrieben ist. Ökologisch besonders wertvolle Grundstücke im Eigentum von Staat und Gemeinden sollen demnach vorrangig den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen. Der Staat verliert enorm an Glaubwürdigkeit, wenn er Flächen wie die Ochsenau, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, selbst aktiv zerstört. Wie soll man von privaten Grundstücksbesitzern die Einhaltung von Naturschutzgesetzen verlangen, wenn dies staatliche Stellen offenkundig nicht tun.

Ausgleichbarkeit der Eingriffe

Die Stadt Landshut handelt hier aus unserer Sicht sehr widersprüchlich: Für ein geplantes, zwölf Hektar großes Baugebiet im Osten der Ochsenau wurden für die nächsten Jahre weitere Untersuchungen in Auftrag gegeben, die klären sollen, ob dort ein naturschutzfachlich erforderlicher Ausgleich überhaupt möglich ist. Für die sechs Hektar große Bebauung „Ochsenau West“ durch das sogenannte „Grüne Zentrum“ wird hingegen die Ausgleichbarkeit ohne weitere Begründung als machbar angenommen, obwohl die Problematik dort genau die gleiche ist.

Hintergrundinfo

Geplante Bebauung der Ochsenau | © A. Mostert © A. Mostert
Die bedeutsamsten Magerrasenflächen liegen in der geplanten Bebauung.

Die Ochsenau wurde vor etwa 20 Jahren nur teilweise an die EU als FFH-Gebiet gemeldet, obwohl die gesamte Fläche eindeutig als von EU-Recht geschützte Biotopfläche kartiert ist und dieser geschützte Lebensraum im gesamten Naturraum nur äußerst spärlich erhalten geblieben ist. Alle anderen Magerrasen-Flächen zusammen sind kleiner als die Ochsenau. Diese ist der einzige lebensfähige Rest von Kalkmagerrasen im ganzen unteren Isartal. Wir haben uns daher Ende letzten Jahres an die EU-Kommission gewandt (siehe Pressemitteilung A-79-21).

Entlang der Isar gab es bis Mitte des letzten Jahrhunderts eine durchgehende Achse von Kalkmagerrasen. An Standorten, an denen die Isar Schotter und Sand ablagerte und auf denen vergleichsweise trockene Bedingungen herrschten, entstanden wertvolle Lebensräume - heute sind diese Lebensräume und ihre Bewohner so gut wie verschwunden. Mehr als ein Dutzend Arten, die in Bayern vom Aussterben bedroht sind, kommen hier vor. Der Naturwissenschaftliche Verein Landshut hat zur Ochsenau umfangreiches Datenmaterial gesammelt.

Durch die geplante Bebauung sind europarechtlich geschützte Lebensraumtypen von der Zerstörung bedroht. Zudem besteht die begründete Gefahr, dass auch die verbleibenden Magerrasen im bestehenden FFH-Gebiet durch die Baumaßnahmen und die vollständige Veränderung ihres Zuschnitts und ihrer Umgebung erheblichen und dauerhaften Schaden nehmen würden, was einen klaren Verstoß gegen europäisches Recht bedeuten würde.

Beispiele für die Artenvielfalt

Steppengrashüpfer in der Ochsenau | © Jürgen Beck © Jürgen Beck
Ein Steppengrashüpfer in der Ochsenau.

Der Steppengrashüpfer hat in der Ochsenau sein einziges bayerisches Vorkommen südlich der Donau. Der Deutsche Sandlaufkäfer hat sein deutschlandweit größtes Vorkommen in der Ochsenau. Die Kleine Wolfsfliege lebt entlang großer Flussläufe. In Deutschland sind mittlerweile etwa zwei Drittel aller historisch belegten Vorkommen erloschen. In Bayern gilt die Art als vom Aussterben bedroht (Rote Liste 1). Die unter Artenschutz stehende Gruppe der Rötlinge sind Pilze sehr alter Wiesenstandorte und Zeigerarten der besten Magerrasen bundesweit. Im Gebiet der Ochsenau sind sie artenreich vertreten. Einige von ihnen wurden nur im geplanten Baugebiet gefunden.

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© Ralph Sturm

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