LBV beantragt sofortigen Baustopp in der Ochsenau
Dringender Schutz der Magerrassenfläche im Isartal: LBV stellt Eilantrag an das Verwaltungsgericht Regensburg
Unsere Forderungen alle Planungen zur Bebauung der Ochsenau im Osten von Landshut zu stoppen, werden sowohl vom staatlichen Bauamt Landshut als auch von der Regierung von Niederbayern seit Sommer 2022 ignoriert. Deshalb haben wir Anfang März Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht. Nachdem die Stadt Landshut jetzt mit den Bauarbeiten auf der Fläche begonnen hat, haben wir beim Verwaltungsgericht Regensburg einen sofortigen Baustopp beantragt.
Zusätzlich haben wir die Stadt Landshut aufgefordert, bis Ende März eine Erklärung abzugeben, nicht mit den Bauarbeiten in der Ochsenau zu beginnen, bis eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Regensburg vorliegt. „Die Stadt Landshut will mit den begonnen Bauarbeiten offensichtlich Fakten schaffen, damit die Klage des LBV ins Leere läuft. Hier lautet wohl das Motto: Nach uns die Sintflut. Die Stadt Landshut nimmt hierbei die Zerstörung eines ökologisch äußerst wertvollen Gebietes billigend in Kauf“, kritisiert LBV-Geschäftsführer Helmut Beran. Wir werden diese Vorgehensweise nicht hinnehmen und haben deswegen einen sofortigen Baustopp beim Verwaltungsgericht Regensburg beantragt.
In Schreiben an das Staatliche Bauamt Landshut und die Höhere Naturschutzbehörde der Regierung von Niederbayern, haben wir im Sommer 2022 verschiedene naturschutzrechtliche Fragen aufgeworfen, die aus Sicht der Naturschützer*innen bislang unzureichend geklärt waren. Die geplante Bebauung verstößt nach Einschätzung des LBV gegen die Europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, einer Schutzkategorie von allerhöchstem Rang. "Die Ochsenau ist als zusammenhängendes Ökosystem zu sehen. Es kann nicht angehen, dass einige der wertvollsten Bereiche im Hinblick auf eine mögliche Bebauung bisher nicht als FFH-Gebiet gemeldet wurden. Durch das Bauvorhaben werden die wertvollsten Teile der Ochsenau samt ihrer FFH-relevanten Lebensraumtypen zerstört“, erklärt LBV-Geschäftsführer Helmut Beran. „Die Planenden hoffen, dass die einmalige Artenvielfalt auf dem Rest der unbebauten Fläche und auf den vorgeschriebenen Ausgleichsflächen erhalten bleibt. Das ist fachlich nicht nachvollziehbar, und damit ist die Rechtmäßigkeit einer geplanten Bebauung nicht gegeben“, so Beran.
Der Bau in der Ochsenau betrifft Vögel aber auch Klein- und Bodenlebewesen
Dabei geht es auch um die grundsätzliche Frage, ob diese Eingriffe überhaupt ausgeglichen werden können. Für uns legt die derzeitige Faktenlage nahe, dass die Ausgleichsmaßnahmen unwirksam bleiben werden. „Die Standorte der Ausgleichsflächen sind mit den betroffenen einzigartigen Flächen des Isartales überhaupt nicht vergleichbar. Ein Verlust der Biotope in der Ochsenau ist deshalb überhaupt nicht ausgleichbar. Betroffen wären nicht nur mobile Arten wie Vögel, sondern vor allem eine einzigartige Vielfalt an Klein- und Bodenlebewesen (siehe Hintergrundinformation), die teilweise vom Aussterben bedroht sind“, so Dr. Christian Stierstorfer von der LBV-Bezirksgeschäftsstelle Niederbayern.
Dem LBV geht es nicht zuletzt auch um die Vorbildfunktion des Staates, die genauso auch im Naturschutzrecht vorgeschrieben ist. Ökologisch besonders wertvolle Grundstücke im Eigentum von Staat und Gemeinden sollen demnach vorrangig den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen.
„Der Staat verliert enorm an Glaubwürdigkeit, wenn er Flächen wie die Ochsenau, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, selbst aktiv zerstört. Wie soll man von privaten Grundstücksbesitzern die Einhaltung von Naturschutzgesetzen verlangen, wenn dies staatliche Stellen offenkundig nicht tun“, sagt LBV-Geschäftsführer Beran.
Hintergrundinformation
Die Ochsenau wurde vor etwa 20 Jahren nur teilweise an die EU als FFH-Gebiet gemeldet, obwohl die gesamte Fläche eindeutig als von EU-Recht geschützte Biotopfläche kartiert ist und dieser geschützte Lebensraum im gesamten Naturraum nur äußerst spärlich erhalten geblieben ist. Alle anderen Magerrasen-Flächen zusammen sind kleiner als die Ochsenau. Diese ist der einzige lebensfähige Rest von Kalkmagerrasen im ganzen unteren Isartal. Wir haben uns daher bereits Ende 2021 an die EU-Kommission gewandt. Im Sommer 2022 haben wir das staatliche Bauamt Landshut und die Regierung von Niederbayern angeschrieben, mit der Bitte, die Planungen vorerst zu stoppen.
Entlang der Isar gab es bis Mitte des letzten Jahrhunderts eine durchgehende Achse von Kalkmagerrasen. An Standorten, an denen die Isar Schotter und Sand ablagerte und auf denen vergleichsweise trockene Bedingungen herrschten, entstanden wertvolle Lebensräume. Heute sind diese Lebensräume und ihre Bewohner so gut wie verschwunden. Mehr als ein Dutzend Arten, die in Bayern vom Aussterben bedroht sind, kommen hier vor. Der Naturwissenschaftliche Verein Landshut hat zur Ochsenau umfangreiches Datenmaterial gesammelt.
Durch die geplante Bebauung sind europarechtlich geschützte Lebensraumtypen von der Zerstörung bedroht. Zudem besteht die begründete Gefahr, dass auch die verbleibenden Magerrasen im bestehenden FFH-Gebiet durch die Baumaßnahmen und die vollständige Veränderung ihres Zuschnitts und ihrer Umgebung erheblichen und dauerhaften Schaden nehmen würden, was einen klaren Verstoß gegen europäisches Recht bedeuten würde.
Beispiele für die Artenvielfalt
Der Steppengrashüpfer hat in der Ochsenau sein einziges bayerisches Vorkommen südlich der Donau. Der Deutsche Sandlaufkäfer hat sein deutschlandweit größtes Vorkommen in der Ochsenau. Die Kleine Wolfsfliege lebt entlang großer Flussläufe. In Deutschland sind mittlerweile etwa zwei Drittel aller historisch belegten Vorkommen erloschen. In Bayern gilt die Art als vom Aussterben bedroht (Rote Liste 1).
Die unter Artenschutz stehende Gruppe der Rötlinge sind Pilze sehr alter Wiesenstandorte und Zeigerarten der besten Magerrasen bundesweit. Im Gebiet der Ochsenau sind sie artenreich vertreten. Einige von ihnen wurden nur im geplanten Baugebiet gefunden.