Kaum Gezwitscher an der Futterstelle?

LBV erklärt, warum im Winter zum Teil wenig Vögel zu sehen sind

In den letzten Wochen erreichen den LBV viele besorgte Anfragen aus Bayern, weil vor allem typische Gartenvogelarten wie Meisen, Finken und Amseln an der Futterstelle ausbleiben und plötzlich aus den Gärten verschwunden seien. Viele Naturfreund*innen machen sich nun Sorgen, dass sie etwas falsch machen oder den Vögeln etwas zugestoßen sein könnte.

Haubenmeise am Futter | © Dieter Hopf © Dieter Hopf
Viele Menschen zeigen sich besorgt über das Ausbleiben der Vögel an den Futterstellen. Doch die Zahl der Beobachtungen hängt von mehreren Faktoren ab.

„Die winterliche Gartenvogelwelt wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Neben dem aktuell verfügbaren Nahrungsangebot in Wald und Flur gehören dazu der Zuzug von Wintergästen aus dem Norden und damit auch die momentane Großwetterlage, aber auch der generelle Zustand ihrer Lebensräume“, sagt LBV-Vogelexpertin Angelika Nelson. Der LBV geht von einem Zusammenspiel verschiedener Ursachen des aktuellen „Vogelmangels“ aus. Darunter zählen die bisher noch vergleichsweise milde Witterung und ausgebliebene Wintergäste. Langfristig haben vor allem die Intensivierung der Landwirtschaft, der damit verbundene gesteigerte Pestizideinsatz und Verlust an Insekten, aber auch die Art, wie wir unsere Gärten und Siedlungsbereiche gestalten, einen Einfluss.

Mildere Temperaturen, mehr Futterstellen

Kleiber im Futterhaus | © Ingo Rittscher © Ingo Rittscher
Bei mildem Wetter finden die Vögel genug Nahrung in der Natur und meiden die Futterstellen

Expert*innen des LBV konnten anhand der langjährigen Zählung bei der „Stunde der Wintervögel“ nachweisen, dass die winterlichen Vogelbeobachtungen in den Gärten stark von der Witterung abhängen. In kalten und schneereichen Wintern kommen deutlich mehr Vögel in die Nähe der Menschen. Die lange Reihe zunehmend milder Winter führte zuletzt zu sinkenden Beobachtungen von Wintervögeln. Solange Eis und Schnee weitgehend ausbleiben, finden viele Vogelarten ausreichend Nahrung in der Natur und suchen Futterhäuschen in Gärten eher nicht auf.

Obwohl wir beobachten, dass auch bei unseren häufigen Arten die Individuenzahlen immer weiter abnehmen, stellen wir fest, dass auf der anderen Seite aber auch mehr Menschen als früher füttern. Die Vögel können sich heute also über mehr Futterstellen verteilen, als das früher der Fall war“, sagt Nelson. Hinzu kommt, dass die Buchen bei uns in diesem Winter reichlich Samen tragen, wodurch viele Waldvögel den Wald für die Futtersuche also gar nicht verlassen müssen. Zudem sind viele Wintergäste, die sonst in großer Zahl unsere Gärten und Wälder bevölkern, heuer in nicht so großer Anzahl eingetroffen. Dazu gehören zum Beispiel nordische Kohlmeisen, Gimpel, Zeisige sowie Buch-und Bergfinken.

Im Winter sind viele Vogelarten nicht auf ein festes Brutrevier beschränkt, sondern ziehen häufig auch in lockeren Gruppen umher. Doch spätestens mit Beginn der Brutsaison -und das kann bei milden Wintern schon recht früh sein -werden wieder Reviere abgesteckt und Gartenbesitzer*innen werden viele alte Vertraute wieder zu Gesicht bekommen. „Dies bedeutet aber auch, dass Artgenossen nicht länger im Revier geduldet werden und es vermehrt zu Streitereien an der Futterstelle kommen kann, wobei einige Individuen eventuell ganz ausgeschlossen werden. Es lohnt sich also eine genaue Beobachtung des Verhaltens der Vögel an der Futterstelle und in der näheren Umgebung..

Futterquellen fallen weg

Zu schaffen machen der Vogelwelt aber auf jeden Fall veränderte Lebensbedingungen. In der Agrarlandschaft wie auch im Siedlungsbereich fallen immer mehr wichtige Strukturen wie zum Beispiel vogelfreundliche Hecken weg. „Durch leergeräumte, strukturarme landwirtschaftliche Nutzflächen und sterile Gärten finden Vögel immer weniger natürliche Futterquellen und Nistmöglichkeiten. Um die Bedingungen im Agrarland zu verbessern, können wir uns beim Einkauf für Bioprodukte sowie möglichst regionale Produkte entscheiden“, erklärt die LBV-Vogelexpertin.

Maßnahmen gegen den Rückgang

Noch wirksamer ist es, selbst im eigenen Garten der Vogelschar zu helfen: „Ein naturnaher Garten mit vielen Stauden und heimischen Sträuchern ist die beste Ganzjahreshilfe für unsere gefiederten Freunde im Siedlungsbereich“, rät Angelika Nelson. Etwas mehr Struktur und Rückzugsmöglichkeiten bieten Schutz und Nistmöglichkeiten und natürliche Nahrungsquellen. So sitzen die Vögel bei der Futtersuche nicht gleich auf dem Präsentierteller. Wer die ausgeblühten Pflanzen stehen lässt, ermöglicht es den Vögeln sich im Winter an Samen und überwinternden Insekten zu bedienen. So lassen sich auch ganz ohne Futterstelle Gartenvögel ganzjährig beobachten. Wer trotzdem gerne füttern möchte, sollte unbedingt auf eine sorgfältige Futterplatzhygiene achten, um eine Ausbreitung von Vogelkrankheiten zu vermeiden.

Aber nicht nur im privaten Garten, auch in vielen bayerischen Gemeinden und Städten bleibt in dieser Hinsicht noch viel zu tun. Neben Dach- und Fassadenbegrünungen, strukturreichen Grünflächen und Parkanlagen mit altem Baumbestand und heimischen Wildpflanzen würden mehr Nisthilfen sowie eine Verminderung des Vogelschlags an Gebäuden und eine Verminderung der Lichtverschmutzung deutlich zum Erhalt der Artenvielfalt in Städten beitragen.

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© Ralph Sturm

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