Jahresrückblick 2022: LBV zieht Bilanz zum Naturschutz in Bayern

Erfolge bei Kleinspecht, Weißstorch und Großen Hufeisennasen – Sorge um Alpensalamander, Grasfrosch und Schwarzstorch

Mit Blick auf den Naturschutz im Freistaat im Jahr 2022 freuen wir uns über Erfolge, sorgen uns aber wegen des trockenen Sommers gleichzeitig um einige Arten. Für unsere Jahresbilanz haben wir beispielhaft drei Gewinner und drei Verlierer des Artenschutzes ausgewählt.

Große Hufeisennase | © Andreas Hartl © Andreas Hartl
Im LBV-Fledermaushaus gab es dieses Jahr einen neuen Geburtenrekord bei der Großen Hufeisennase.

Mit Freude sehen wir die Erfolge, die wir vergangenes Jahr in Bayern beim Kleinspecht, Weißstorch und der stark gefährdeten Fledermausart Große Hufeisennase feiern konnten. Dagegen geraten Amphibienarten wie Alpensalamander und Grasfrosch, aber auch der Schwarzstorch im Freistaat immer stärker in Bedrängnis.

Kleinspecht profitiert von Streuobstpakt

Kleinspecht | © Andreas Hartl © Andreas Hartl
Der Kleinspecht ist die kleinste Spechtart in Bayern.

Ein Erfolg im Naturschutz 2022 war das LBV-Bürgerforschungs-Projekt für den Kleinspecht. Rund 160 Ehrenamtliche haben sich in ganz Bayern auf die Suche nach dem kleinsten unter den heimischen Spechten gemacht. Der Kleinspecht und seine Lebensräume, allen voran Auwälder und alte Streuobstbestände, sind bayernweit gefährdet. Die Streuobstwiesen im Freistaat werden in Zukunft vom Bayerischen Streuobstpakt profitieren.

Im Zuge der Kartierungen fanden drei Teilnehmende sogar jeweils eine sehr gut versteckte Bruthöhle des Kleinspechts. Im kommenden Jahr werden weitere Daten zum Kleinspecht gesammelt, um aus diesen ein Schutzkonzept zu erarbeiten. Die charismatische, jedoch nicht leicht zu entdeckende Vogelart eignet sich perfekt für fortgeschrittene Naturbegeisterte, die etwas tiefer in das Thema Vogelbeobachtung einsteigen und unsere wissenschaftliche Arbeit unterstützen wollen.

Neuer Bestandsrekord bei den Weißstörchen

Weißstorch im Nest | © Hans Schoenecker © Hans Schoenecker
Weißstorchpaare weichen beim Nestbau immer wieder auf ungeeignete Standorte aus.

Ein weiterer Gewinner im bayerischen Naturschutz ist der Weißstorch. Im Jahr 2022 meldeten unsere ehrenamtlichen Horstbetreuer*innen über 1.070 Storchenpaare im Freistaat. Das sind knapp 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Brutbestand im vergangenen Jahr stellt somit erneut einen Bestandsrekord seit Beginn der regelmäßigen Erfassung 1980 auf.

Dafür verantwortlich sind Artenschutz-Maßnahmen im Brutgebiet und die Zunahme des Gesamtbestandes in Europa dank günstiger Überwinterungsbedingungen. Die Koloniebildung der Weißstörche wird vermutlich auch in den nächsten Jahren anhalten. Dieser Ansiedlungsdruck führt allerdings auch zu Neuansiedlungen auf eher ungeeigneten Standorten, wie zum Beispiel beheizten Kaminen, dadurch erhöht sich unser Beratungsaufwand deutlich über den Rahmen des Weißstorch-Monitorings hinaus.

Weitere Wochenstube für die Hufis geplant

Die stark gefährdete Große Hufeisennase ist ebenfalls eine der Gewinnerarten im Jahr 2022. In der einzigen Wochenstube dieser Fledermausart in Deutschland, im LBV-Fledermaushaus im oberpfälzischen Hohenburg, konnten wir erneut einen Geburtenrekord sowie einen weiteren Zuwachs an erwachsenen Tieren dokumentieren.

In diesem Jahr fanden sich 405 geschlechtsreife Tiere in der Wochenstube ein und brachten 160 Jungtiere zur Welt. Diese erfreuliche Entwicklung der Großen Hufeisennase zeigt, wie wichtig die Betreuung der einzigen Wochenstube ist. Da die Fledermausart nach wie vor stark gefährdet ist und deutschlandweit nur in dieser letzten Kolonie vorkommt, arbeiten wir daran, den ‚Hufis‘ weitere Wochenstubenquartiere anzubieten.

Alpensalamander von mehreren Seiten bedroht

Alpensalamander | © Dr. Christoph Moning © Dr. Christoph Moning
Kraftfahrzeuge, Fahrräder und Spaziergänger*innen werden dem Alpensalamander auf Alm-, Forst- und Wanderwegen zum tödlichen Verhängnis.

Der komplett schwarz gefärbte Alpensalamander zählt zu den Arten, die der Naturschutz im Auge behalten muss. Für den unter europäischem Schutz stehenden Salamander hat Bayern eine besondere Verantwortung, da sich der deutsche Bestand – bis auf einzelne Vorkommen in Baden-Württemberg – hauptsächlich auf den bayerischen Alpenraum beschränkt.

Die überwiegend dämmerungsaktiven Tiere sind bei Regen auch tagsüber unterwegs. Unsere Erfassungen im Alpenraum stellten fest, dass Alm-, Forst- und Wanderwege für Alpensalamander tödlich sein können, weil sie dort von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern überfahren oder von Fußgängern zertreten werden. Die Zunahme des Tourismus im Alpenraum erhöht somit auch die Gefahren für den Alpensalamander. Zusätzlich können Salamander- und Molcharten von dem tödlichen Hautpilz Bsal infiziert werden. Unsere Untersuchungen des Alpensalamanders zeigten bislang keine Nachweise auf den Pilz. Zum Schutz des Alpensalamanders werden im kommenden Jahr weitere Tiere beprobt und auch die Erfassung auf Wegen wird fortgesetzt, um rechtzeitig Schutzmaßnahmen umsetzen zu können.

Trockenheit setzt Amphibien zu

Grasfrosch | © Dr. Eberhard Pfeuffer © Dr. Eberhard Pfeuffer
Viele Amphibien wie der Grasfrosch fielen dieses Jahr der Trockenheit zum Opfer.

Frühjahr und Sommer im Freistaat waren geprägt von Hitze und wenigen Niederschlägen. Flache und kleine Gewässer, die für Amphibienarten extrem wichtig sind, trockneten deshalb aus. So fielen Laich und Larven von Arten wie Gelbbauchunke, Kreuz- und Wechselkröte, Laubfrosch sowie Moor- und Grasfrosch der Trockenheit zum Opfer.

Selbst beim weit verbreiteten und noch relativ häufigen Grasfrosch haben die Betreuer*innen von Amphibienzäunen vielerorts festgestellt, dass die Zahlen rapide zurückgehen. In solchen Jahren finden die Frösche nur wenig Nahrung, sind in schlechter körperlicher Kondition und pflanzen sich deshalb in der kommenden Laichzeit weniger fort. Umso wichtiger ist es, Feuchtlebensräume, wie Wiesen in Talauen und Laubwälder, nicht zu entwässern und im Sinne der Amphibien zu bewirtschaften.

Schwarzstorch verliert gegen Windkraft

Schwarzstorch | © Zdenek Tunka © Zdenek Tunka
Der Schwarzstorch zählt nicht mehr zu den windkraftsensiblen Arten.

Ein Verlierer des Jahres ist auch der Schwarzstorch. Auch bei ihm sorgte die Trockenheit im Sommer für eine erheblich schlechtere Situation in wichtigen Nahrungslebensräumen, wie Waldbächen und angrenzenden, feuchten Wiesen.

Außerdem wurde er von der Bundesregierung im Zuge der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes von der Liste windkraftsensibler Arten gestrichen. Auch wenn es bislang nur wenige dokumentierte Kollisionen mit Windkraftanlagen gegeben hat, wird er doch durch deren Bau und Betrieb in den Wäldern, in denen er brütet, stark beeinträchtigt. Hinzu kommen Störungen durch forstliche Arbeiten im Umfeld der Brutplätze, die insbesondere aus kommunalen Wäldern berichtet wurden. Die beim Schwarzstorch in den letzten Jahren festgestellte positive Bestandsentwicklung droht deshalb in Gefahr zu geraten.

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© Ralph Sturm

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